Nouriel Roubini, Professor an der Stern Business School der New York University, hat jüngst in einem Interview darauf hingewiesen, dasse eine Billion Dollar die Untergrenze der zu erwartenden Verluste in der Folge der aktuellen Finanzkrise sein werden. "Wenn man das schlimmste annimmt, dass nämlich ein großer Teil der amerikanischen Haushalte überschuldet sein wird, dann lägen alleine die Verluste aus Hypothekenkrediten bei einer Billion Dollar; 600 bis 700 Mrd. Dollar aus anderen Kreditmärkten kämen noch oben drauf", so Roubini. Er weist darauf hin, dass drei wesentliche Punkte die Krise verstärken. Erstens, so Roubini, erleben wir zur Zeit den schlimmsten Einbruch auf dem Immobilienmarkt seit der Weltwirtschaftskrise 1929. "Zweitens stecken die Verbraucher in der Klemme wegen hoher Schulden, Jobverlusten und sinkender Hauspreise." Basierend aud seiner Analyse geht drittens die Krise weit über den Hypothekenmarkt hinaus. Roubini ist davon überzeugt, dass die Rezession in der USA insgesamt zwölf bis 18 Monate dauern wird. "Die Hauspreise dürften weitere zwei Jahre fallen." Roubin argumentiert mit einer klassischen systemischen Krise, die quasi zu einer Dominorallye führt: Die Verluste im Finanzsektor werden sich im Laufe dieses Jahres weiter ausbreiten, nach den zweitklassigen Hypotheken sind jetzt normale Hypotheken, Kreditkarten, Autokredite und viele andere Darlehensformen dran. "Manche glauben, das Schlimmste sei vorüber. Ich denke, das ist es nicht", so der New Yorker Ökonomie-Professor.
Roubin weist darauf hin, dass man eine derartige Systemkrise nur in der Form bekämpfen kann, indem man entweder die Banken verstaatlicht oder der Staat die Hypotheken verstaatlicht. "Die Regierung sollte die Hypotheken überschuldeter Hausbesitzer zum Nennwert kaufen und ihnen eine tragbare Finanzierung bieten", so Roubini. "Selbst die Banken haben sich mit dem Modell angefreundet. Besser sie bekommen 80 Prozent der Kreditsumme, als dass der Wert der Kredite auf 60 oder 50 Prozent steigt."
Die Optimisten von der OECD
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt die Verluste durch die Finanzkrise geringer ein. Die gegenwärtige, durch Furcht und Panik gekennzeichnete Situation ist nicht ganz so dramatisch, wie verschiedentlich vermutet wird, so die OECD. Vor allem seien "Mark to market"-Schätzungen der durch die Subprime-Krise eingetretenen Verluste unrealistisch, die implizit vom extremen Fall eines Totalverlustes aufgehen. Bewertungen zu Marktpreisen geben gegenwärtig wegen Panik und Illiquidität keinen realistischen Hinweis. Die OECD weist darauf hin, dass sie unter der vertretbaren Annahme einer Einbringungsquote von 40 Prozent der säumigen Kredite sich Verluste von 422 Mrd. US-Dollar bis Ende 2009 ergeben. Werden möglicherweise 60 Prozent des Nominalwertes "gerettet", so schrumpfen die geschätzten Verluste auf 281 Mrd. US-Dollar.
Gleichzeitig fordert die OECD eine fundamentale Reform der Finanzmärkte und von deren Aufsicht gefordert. Auch können auf den Einsatz öffentlicher Gelder - trotz auftretendem "moral hazard" - nicht verzichtet werden. Jedoch wiesen die OECD-Experten deutlich darauf hin, dass der Einsatz von öffentlichen Geldern zur Rettung privater Banken beunruhigend sei.
[Quelle: Eigener Text basierend auf einem Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 16.04.2008 / Bildquelle: Digital Vision]