Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, will die Schuldenkrise mithilfe einer Doppelstrategie eindämmen. Der Plan, den Draghi an diesem Donnerstag vorstellen will, sieht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eine konzertierte Aktion der EZB und des künftigen Euro-Rettungsschirms ESM vor. Beide Institutionen sollen dem Vernehmen nach den Kauf von Staatsanleihen etwa aus Spanien oder Italien koordinieren, um so die Zinslast dieser Länder zu senken. Dabei würde der ESM den Regierungen in kleinerem Umfang direkt Anleihen abkaufen, während die Notenbank zugleich Papiere erwirbt, die bereits auf dem Markt gehandelt werden.
Die EZB hat bereits 211 Milliarden Euro in Anleihen schwächelnder Euro-Länder investiert. Das Kaufprogramm ist umstritten, seit diesem Frühjahr ruht es. Vor allem die Bundesbank hält wenig davon, weil es die profitierende Regierung nicht dazu verpflichtet, im Gegenzug für die Hilfen wirtschaftliche Reformen einzuleiten und den Haushalt zu sanieren. Wäre künftig auch der ESM beteiligt, müsste das entsprechende Land zunächst einen offiziellen Hilfsantrag stellen, der an die Erfüllung von Auflagen geknüpft wäre und dem auch der Bundestag zustimmen müsste.
Im EZB-Rat, der sich an diesem Donnerstag in Frankfurt zu einer regulären Sitzung trifft, zeichnet sich eine Mehrheit dafür ab, die Käufe wieder aufzunehmen und sie mit den Regierungen zu koordinieren. Einen offiziellen Beschluss dazu wird der Rat wohl noch nicht fassen. Wahrscheinlicher ist, dass Draghi seine Aussage aus der vergangenen Woche, wonach die EZB alles tun wird, um den Euro zu retten, konkretisiert. Eine endgültige Entscheidung würde dann nach dem 12. September fallen. An diesem Tag will das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über die Errichtung des ESM verkünden. Der Fonds soll den provisorischen Schutzschirm EFSF ersetzen.
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Die Erwartungshaltung an die Beschlüsse der Europäische Zentralbank ist hoch. Die Messlatte hatte EZB-Präsident Mario Draghi in der Vorwoche sehr hoch gehängt. Er versprach, dass die EZB innerhalb ihres Mandats alles tun werde, was zum Schutz des Euro notwendig sei. Die Hoffnung der Kapitalmärkte ruht nun darauf, dass die EZB zum Rundumschlag ausholt und das Ankaufprogramm für Euro-Staatsanleihen (SMP) aufleben lässt. "Es ist noch sehr viel Optimismus im Markt, dass Herr Draghi liefern wird", sagt Cameron Peacock von IG Markets. Allerdings scheinen mit dem näher rückenden EZB-Termin einige Anleger kalte Füße zu bekommen, denn der DAX gibt kontinuierlich nach - wenn auch moderat. Am deutschen Aktienmarkt notiert der DAX 0,4 Prozent im Minus bei 6.730 Punkten. Der Euro-Stoxx-50 verliert 0,1 Prozent auf 2.330 Zähler.
Ob sich die Märkte mit rein verbalen Ankündigungen durch Draghi zufrieden geben werden, muss indes bezweifelt werden. Der EZB-Präsident hat im Vorfeld zu hohe Erwartungen geweckt. In den vergangenen Handelstagen legten die europäischen Aktienmärkte wie auch die Anleihemärkte in der Europeripherie im Vorfeld der Sitzung zu, weil Anleger auf eine Wiederaufnahme das Anleihekaufprogramms der EZB spekulierten. "Sollte Draghi nicht liefern, ist mit einem scharfen Abverkauf bei Aktien, Rohstoffen und Risikoassets allgemein zu rechnen", heißt es bei IG Markets.
Eine andere Option brachte die Süddeutsche Zeitung ins Spiel. Sie berichtet, dass Draghi mit Hilfe einer Doppelstrategie die Schuldenkrise eindämmen wolle. Der Plan, den Draghi am Mittag vorstellen will, sehe eine konzertierte Aktion der EZB und des künftigen Euro-Rettungsschirms ESM vor. Dabei würde der ESM den Regierungen in kleinerem Umfang direkt Anleihen abkaufen, während die Notenbank zugleich Papiere erwirbt, die bereits auf dem Markt gehandelt werden.
Die EZB hat bereits 211 Milliarden Euro in Anleihen schwächelnder Euro-Länder investiert. Das Kaufprogramm ist umstritten, seit diesem Frühjahr ruht es. Vor allem die Bundesbank hält wenig davon, weil es die profitierende Regierung nicht dazu verpflichtet, im Gegenzug für die Hilfen wirtschaftliche Reformen einzuleiten und den Haushalt zu sanieren. Wäre künftig auch der ESM beteiligt, müsste das entsprechende Land zunächst einen offiziellen Hilfsantrag stellen, der an die Erfüllung von Auflagen geknüpft wäre und dem auch der Bundestag zustimmen müsste.
Geldpolitik wird aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks gemacht. Auf das Ergebnis der US-Notenbanksitzung reagierte die Wall Street am Vorabend mit leichtem Abgabedruck. Notenbankgouverneur Ben Bernanke hatte nichts Neues zu verkünden. Er wiederholte, dass die Notenbank mehr Stimulus für die US-Wirtschaft liefern werde, wenn dies notwendig sei. Damit hält er die Hoffnung auf weitere quantitative Lockerungen weiter am Leben. "Letztlich hat sich die Fed-Sitzung aber als Non-Event erwiesen", heißt es von der Société Générale. Der Dollar reagierte mit Stärke auf die Nachricht, dass die US-Notenpresse zunächst nicht angeworfen wird. Der Euro handelt gegenüber dem Dollar bei 1,2260.
Ansonsten schauen Anleger auf die laufende Berichtssaison. Die am Morgen vorgelegten Geschäftszahlen der Deutschen Post unterstreichen die gute Entwicklung der Aktie, die nahe am Jahreshoch notiert. Dabei profitiert der Gewinn von einer Auflösung einer Rückstellung aus dem Jahr 2009. "Der erhöhte Ausblick für 2012 dürfte dem Wert zu Auftrieb verhelfen", erwartet ein Händler. Er sollte Recht behalten, die Aktie gewinnt 2,5 Prozent auf 15,05 Euro.
Auch die Geschäftszahlen der Lufthansa stoßen an der Börse auf positive Resonanz. "Das ist ein gutes Stück besser als erwartet", sagt Jochen Rothenbacher, Analyst bei equinet. Dabei habe das Unternehmen vom Passagiergeschäft profitiert. Es bleibe nun abzuwarten, wie sich das wichtige dritte Quartal entwickeln wird. Die Aktie steigt um 3,1 Prozent auf 10,62 Euro.
Zu Gewinnmitnahmen kommt es in der Aktie von adidas, die 2,5 Prozent auf 59,26 Euro nachgibt. Wie im Vorfeld erwartet, hatte die Fußballeuropameisterschaft die Gewinne beim Sportartikelhersteller sprudeln lassen. Nach zweistelligen Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn im ersten Halbjahr erhöhte das Unternehmen die untere Spanne seines Ergebnisausblicks.
Nach deutlich besser als erwartet ausgefallen Ergebnissen ziehen in Paris die Aktien der BNP Paribas um 2 Prozent auf 31,35 Euro an. Der Gewinn liege 12 Prozent über den Konsensusschätzungen, heißt es von den Analysten der Societe Generale. Dies sei vor allem auf niedrigere Kosten und geringere Rückstellungen zurückzuführen. Die Einnahmen lägen dagegen leicht unter den Schätzungen, was vor allem auf ein schwächeres Handelsgeschäft zurückzuführen sein dürfte.
Anstatt ständig neue Hilfsforderungen zu stellen, sollten Euro-Problemstaaten wie Spanien und Italien lieber ihre bisherigen Reformen in den Vordergrund stellen, fordert der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Michael Hüther. Der Ökonom mahnte zu Geduld im Umgang mit der Euro-Schuldenkrise.
"Staatsschuldenkrisen dauern, das ist einfach so", konstatierte Hüther. "Das ist wie bei einer Diät: eine Ein-Wochen-Diät wirkt auch nicht."
Die europäische Krisenpolitik habe eine gute innere Logik, indem es Hilfen nur gegen Auflagen und Anstrengungen der Länder gebe. Aber die neuen Mechanismen wie der Euro-Rettungsfonds ESM oder der Fiskalpakt müssten erst einmal wirken - doch genau dies konterkarieren nach Ansicht Hüthers Alarmrufe der Spitzenpolitiker aus den beiden Ländern.
"Das Schlimme ist, wenn noch nicht einmal die Zeit gegeben wird, um dies wirken zu lassen - und dann entsteht immer dieser Druck, wenn in den Ländern unnötiger Weise diese Horrorgeschichten erzählt werden, sie kämen mit den Zinsen nicht zurecht", beklagte der Direktor des arbeitgebernahen Instituts.
Vielmehr müssten die Länder wie Spanien und Italien "die Geschichte erzählen, die sie aus gutem Grund erzählen können", nämlich dass sie die Sanierung vorantreiben, sich die Wettbewerbsfähigkeitsfaktoren verbessern und sich Leistungsbilanzsalden zurückbilden. "Man muss Herrn Monti einmal fragen, warum er nicht das berichtet, was er schon gemacht hat, oder Herrn Rajoy," sagte Hüther mit Blick auf die Ministerpräsidenten Italiens und Spaniens.
Zwar sei es durchaus mühsam, immer wieder in den Vordergrund zu rücken, was in den Ländern wirklich passiert. "Aber wir sehen den Erfolg ja bereits in Irland, und wir sehen ihn in Portugal", hob der Ökonom hervor. Immer sei gesagt worden, Portugal hänge eigentlich von Spanien ab. "Aber die sind in der Lage, sich anders zu präsentieren."
Grundsätzlich zeigte sich Hüther offen für Aufkäufe von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank. Jedoch seien diese nur in Einzelfällen sinnvoll und müssten "die schwierige Situation eines Marktes als Grundlage haben". Dies wäre etwa der Fall, wenn der Markt wie im Mai 2010 austrockne, sagte der IW-Direktor. Zu den Aufgaben einer Notenbank gehöre es, die Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten zu sichern - "aber nicht nach einer dauerhaften Regel".