Angesichts der anhaltenden Schuldenkrise im Euroraum und der Sorgen um die Kreditwürdigkeit der USA bemühen sich die Europäische Zentralbank (EZB) und die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G-7) um Finanzstabilität. Die EZB kündigte den Ankauf weiterer Staatsanleihen aus Eurostaaten an, die G-7 einigte sich auf ein Vorgehen gegen extreme Kursschwankungen. Die Finanzmärkte in Asien reagierten mit heftigen Kursverlusten auf die neuerliche Zuspitzung der Finanzkrise, der Goldpreis kletterte auf ein neues Rekordhoch bei 1.715 USD, eine regelrechte Panik zeichnete sich aber nicht ab.
Die EZB wolle ihr Programm zum Ankauf von Staatsanleihen der Eurozone "aktiv umsetzen", kündigte die Zentralbank am Sonntagabend nach einer Videokonferenz des EZB-Rats an. Um Anleihen welcher Länder es sich handelte, wurde nicht erwähnt. Zuletzt waren Italien und Spanien in den Fokus der Märkte gerückt. Einem Bericht des "Wall Street Journals" zufolge wird die EZB italienische und spanische Staatsanleihen in einem "massiven Umfang" kaufen, um die Finanzkrise einzudämmen, die am Wochenende mit der Ratingabstufung der USA neue Dramatik gewonnen hat.
Die EZB begrüßte in ihrer Erklärung die Spar- und Reformpläne Spaniens und Italiens. Es sei nun entscheidend, dass diese Ankündigungen rasch umgesetzt würden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu verbessern und die Staatsverschuldung zu senken. Am Freitag hatte sich die EZB Medienberichten zufolge prinzipiell bereit erklärt, Staatsanleihen von Italien und Spanien zu kaufen, allerdings unter der Bedingung, dass diese Staaten dringend benötigte Strukturreformen umsetzen.
Die G-7 versprach, mit koordinierten Anstrengungen für eine ausreichende Liquidität an den Finanzmärkten zu sorgen. Damit solle sichergestellt werden, dass die Märkte trotz der Schuldenkrise und des Verlusts der Spitzenbonität der USA weiterhin gut funktionieren können.
"Angesichts der neuen Belastungen der Finanzmärkte erneuern wir, die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der G-7, unsere Bemühungen, alle notwendigen Schritte zur Stützung der Finanzstabilität und des Wachstums zu unternehmen", teilte die G-7 am Montag mit. Nach Angaben des japanischen Finanzministers Yoshihiko Noda haben sich die G-7 auf ein gemeinsames Vorgehen gegen extreme Kursschwankungen geeinigt. Japan werde den Devisenmarkt genau beobachten.
Die USA haben erstmals ihre Spitzenbonitätsnote "AAA" bei einer der drei führenden Ratingagenturen verloren. Standard & Poor's (S&P) hat am Wochenende die Kreditwürdigkeit der weltweit größten Volkswirtschaft um eine Stufe auf "AA+" heruntergestuft. Viele Marktteilnehmer hatten mit einer Ratingsenkung gerechnet, doch die Abstufung könnte die globalen Finanzmärkte, die wegen einer befürchteten weltweiten Konjunkturabschwächung und der europäischen Schuldenkrise bereits schwer angeschlagen sind, noch mehr in Aufruhr versetzen.
Der Verlust der Spitzenbonität der USA bei der Ratingagentur S&P erhöht nach Einschätzung Chinas die Gefahr von Turbulenzen an den Finanzmärkten. Die Zeitung "China Securities Journal" rief in einem Kommentar am Montag die Politiker in Washington dazu auf, Maßnahmen einzuleiten, die die Besitzer von US-Staatsanleihen "schützen und respektieren". China ist der größte Gläubiger der USA. Die staatliche Zeitung forderte die eigene Regierung dazu auf, die Währungsreserven zu diversifizieren.
Das Blatt kritisierte die USA dafür, die Rolle des Dollar als Weltleitwährung zu missbrauchen, um günstig Kredite aufzunehmen. Das Land habe die "Dollar-Falle" tiefer und tiefer werden lassen, um dann die Welt als "Geisel" zu halten. Nun müssten sich die USA auf die Suche nach neuen Wachstumsmaschinen begeben. Das "China Securities Journal" gilt als eine führende Stimme in Wirtschaftsfragen. Sie repräsentiert nicht direkt die offizielle Politik, gibt aber ein verlässliches Bild von den Plänen und Ansichten der kommunistischen Führung.
Mit Blick auf Europa hieß es in einer anderen Zeitung, die als Organ der regierenden Kommunistischen Partei gilt, die Politiker in Europa und den USA sollten die Verantwortung für eine Erholung der Wirtschaft weltweit übernehmen. Die Krisen in beiden Regionen seien keine Finanzkrisen, sondern politische Krisen, schreibt die "China's People's Daily" in einem Kommentar.
Die Zweifel an den Fähigkeiten der westlichen Regierungen, Entscheidungen zu treffen, würden wachsen. Diese Zweifel würden das Vertrauen der Investoren weltweit beschädigen und zu erhöhten Volatilitäten an den Märkten führen. Es gebe noch Hoffnung für eine stabile Erholung der Konjunktur weltweit. Dazu müsse der Westen aber seine Politik mit der der Wachstumsländer koordinieren.
Die Börsen in Schanghai, Seoul und Tokio reagierten am Montag mit kräftigen Verlusten auf die Abstufung der US-Bonität. Nach zwischenzeitlichen Abschlägen von fast 5% erholte sich der Shanghai Composite Index zur Mittagspause wieder etwas und liegt 3,7% im Minus bei 2.530 Punkten. Der HSI in Hongkong gab um 4% auf 20.100 Punkte nach. Die Börse in Seoul schloss mit einem Abschlag von 3,8%, der Marktplatz in Tokio beendete den Handel mit einem Minus von 2,2%.
Der US-Dollar blieb angesichts des historischen Verlusts des "AAA"-Ratings der USA relativ stabil. Der Euro zog zwar zum Dollar an, von einem Ausverkauf von Dollar und US-Staatsanleihen könne aber keine Rede sein, sagte Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen. Am Montagmorgen wechselte die Gemeinschaftswährung für 1,4325 USD den Besitzer nach 1,4280 USD im späten freitäglichen Geschäft.
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Der sich vorbörslich abzeichnende Crash am deutschen Aktienmarkt ist am Montagmorgen erst einmal ausgeblieben. In einem hochvolatilen Geschäft verliert der DAX bis 10.12 Uhr 0,5% oder 35 auf 6.200 Punkte und notiert damit etwas leichter. Stabilisierend auf die Märkte wirkt die Ankündigung der EZB, nun doch spanische und italienische Staatsanleihen zu kaufen.
Gerade das Ausbleiben dieser Ankündigung bei der Leitzinsentscheidung der EZB vergangene Woche hatte einen Ausverkauf an den globalen Märkten verursacht. Im frühen Geschäft am Montag fallen nun die Renditen für italienische und spanische Anleihen und stützen damit Europas Börsen. Gewinner sind vor allem Börsenplätze in der Peripherie der Eurozone sowie Finanzwerte.
Die Anleger warten nun mit Spannung auf die Eröffnung der US-Börsen am Nachmittag und die Reaktion auf die Herunterstufung der Bonitätsnote der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P). Die US-Futures, wenn auch etwas erholt, indizieren deutliche Verluste. An den asiatischen Börsen kam es bereits zu einem Ausverkauf.
"Das Rating-Downgrade sollte keine Überraschung sein, ergänzt allerdings die Panik der vergangenen Woche", so Shannon Briggs aus der Australien-Niederlassung von Morgan Stanley mit Blick auf den Verlust des "AAA"-Ratings der USA bei S&P. Dafür sprächen auch die weiter fallenden Renditen bei US-Langläufern, was wiederum darauf hindeute, dass die Anleger den US-Rentenmarkt unverändert als sicheren Hafen betrachten.
"Die Frage ist nun, ob und wie die Notenbanken weitere Liquidität in die Märkte geben", so ein Händler. Am Dienstag tagt die Federal Reserve; die Ankündigung einer neuen Runde der Quantitativen Lockerung könnte ebenfalls zu einer Stabilisierung an den Märkten beitragen.
Aus technischer Sicht würde ein nachhaltiger Rutsch unter 6.400 die Situation im DAX weiter eintrüben, heißt es bei hslivetrading: "Dann lägen die Korrekturziele der nächsten Monate formationstechnisch und in Anbetracht der Retracements ... bei 5.870 Punkten".
Unternehmensnachrichten spielen in einem solchen Umfeld praktisch keine Rolle. Erholen können sich Banken und Versicherer: Allianz steigen 1,7% auf 80,41 EUR, Munich Re 1,6% auf 94,30 EUR und Deutsche Bank 1,7% auf 33,92 EUR. Commerzbank bleiben zurück und gewinnen 0,3% auf 2,25 EUR. Abermals gemieden werden konjunkturabhängige Titel: BASF verlieren 1,5%, BMW 0,8%, Daimler 0,4% Infineon 1,7%, MAN 2,3% oder Siemens 1,0%.
Im Plus halten sich die Versorger. Investoren und Beschäftigte schauen gebannt auf Mittwoch und Donnerstag, wenn erst E.ON und dann RWE über die Folgen des Atomausstiegs berichten wollen. Am Wochenende gab es Berichte, wonach E.ON bis zu 10.000 Stellen streichen könnte. E.ON steigen 0,3% auf 17,31 EUR, für RWE geht es 0,9% auf 32,80 EUR nach oben.
Hannover Rück können nach Veröffentlichung von Geschäftszahlen nicht an der Erholung partizipieren. Den Ausblick hat das Unternehmen bestätigt. Das EBIT liege unter den Erwartungen, die anderen Zahlen im Rahmen der Erwartungen, so ein Händler. Die Aktie verliert 1,1% auf 31,91 EUR.
In einem hochvolatilem Geschäft erlebt der deutsche Aktienmarkt bis Montagmittag eine Berg- und Talfahrt. Nachdem sich vorbörslich zunächst schwere Abgaben abzeichneten, kam es zu einer überraschenden Stabilisierung an den Märkten im frühen Geschäft. Auslöser war die Ankündigung der EZB, nun doch spanische und italienische Anleihen zu kaufen. Die Erholung währte aber nur kurz, in der Folge ging der Markt wieder auf Tauchstation. Bis 13.06 Uhr verliert der DAX 2,6% oder 163 auf 6.073 Punkte und notiert damit sehr schwach. Zwischenzeitlich war der Index sogar um 3% gefallen.
Laut Händlerangaben soll die EZB Anleihen im Wert zwischen schätzungsweise 1,1 bis 1,5 Mrd EUR gekauft haben. Allerdings machen sich Zweifel über die Nachhaltigkeit der Käufe breit. Unter Kreditanalysten heißt es, dass die EZB massive Ankäufe tätigen müsste, um eine nachhaltige Stabilisierung zu erreichen. Es sei unklar, ob die EZB hierzu bereit sei, insbesondere da es offenbar keine Einigkeit bei dieser Frage gebe.
Zugleich ist aber der erweiterte Rettungsschirm EFSF noch nicht einsatzbereit. Die Anleger warten nun mit Spannung auf die Eröffnung der US-Börsen am Nachmittag und die Reaktion auf die Herunterstufung der Bonitätsnote der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P). Die US-Futures, wenn auch etwas erholt nach den EZB-Käufen, indizieren deutliche Verluste. An den asiatischen Börsen kam es bereits zu einem Ausverkauf.
"Das Rating-Downgrade sollte keine Überraschung sein, ergänzt allerdings die Panik der vergangenen Woche", so Shannon Briggs aus der Australien-Niederlassung von Morgan Stanley mit Blick auf den Verlust des "AAA"-Ratings der USA bei S&P. Dafür sprächen auch die weiter fallenden Renditen bei US-Langläufern, was wiederum darauf hindeute, dass die Anleger den US-Rentenmarkt unverändert als sicheren Hafen betrachten.
"Die Frage ist nun, ob und wie die Notenbanken weitere Liquidität in die Märkte geben", so ein Händler. Am Dienstag tagt die Federal Reserve; die Ankündigung einer neuen Runde der Quantitativen Lockerung könnte ebenfalls zu einer Stabilisierung an den Märkten beitragen.
Unternehmensnachrichten spielen in einem solchen Umfeld praktisch keine Rolle. Erholen können sich Versicherer: Allianz steigen 1,1% auf 79,99 EUR, Munich Re gewinnen 0,6% auf 93,37 EUR. Deutsche Bank drehen leicht ins Minus, nachdem sie lange im Plus notierten: die Aktie verliert 0,4% auf 33,20 EUR. Für Commerzbank geht es mit einem Abschlag von 4,1% auf 2,15 EUR kräftig nach unten.
Mit der Angst der Anleger vor einem Rückfall in die Rezession brechen Zykliker ein. BASF verlieren 3,7% auf 51,99 EUR, K+S 6,8% auf 44,27 EUR, ThyssenKrupp 5,4% auf 23,26 EUR oder Siemens 3,1% auf 73,77 EUR. Autotitel müssen noch herbere Abgaben hinnehmen: Daimler büßen 6,5% auf 39,26 EUR ein, BMW 6,6% auf 56,50 EUR und VW 4,6% auf 110,60 EUR. In der zweiten Reihe geben Leoni 7,5% nach oder ElringKlinger 4,8%. Bei Automobiltiteln belastet auch eine nachlassende Absatzdynamik bei BMW.
Hannover Rück können nach Veröffentlichung von Geschäftszahlen nicht an der Erholung der Versicherer partizipieren. Den Ausblick hat das Unternehmen bestätigt. Das EBIT liege unter den Erwartungen, die anderen Zahlen im Rahmen der Erwartungen, so ein Händler. Die Aktie verliert 5% auf 30,65 EUR.