Die EU-Finanzminister (Ecofin) haben den Vorschlag der EU-Kommission unterstützt, die Kontrolle über die Ratingagenturen zu verschärfen. Außerdem forderten sie in ihrer Abschlusserklärung das International Accounting Standards Board (IASB) dazu auf, durch mehr Transparenz die Legitimität und Akzeptanz ihrer internationalen Rechnungslegungsstandards zu erhöhen. "Ratingagenturen sollten einem EU-Registrierungssystem unterliegen", heißt es in der Ecofin-Erklärung. Auch werde ein "intensiverer Wettbewerb" durch neue Akteure befürwortet. Die Ratingagenturen - wie Standard & Poor's, Moody's und Fitch Ratings - werden für die Turbulenzen an den Finanzmärkten mit verantwortlich gemacht, weil sie die Ausfallrisiken von US-Hypothekenmarktpapieren unterschätzt hätten. Die Ratingagenturen "sind die Ursache der Krise", sagte der niederländische Finanzminister Wouter Bos. Sie hätten in den vergangenen Jahren "klar versagt", daher sei es richtig, dass nun etwas unternommen werde. Nach Aussage des belgischen Finanzministers Didier Reynders handelt es sich bei dem Registrierungssystem lediglich um eine "minimale Regulierung" der Agenturen, es stelle weder einen Verhaltenskodex noch ein großes Regelwerk dar. Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde, die den Vorsitz des Ecofin-Treffens führte, erklärte, das Registrierungssystem für die Bonitätsprüfer besitze "außerordentliche Vorteile". EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy wird den Vorschlag zur verbindlichen Regulierung der Agenturen im Herbst vorlegen.
Reputation der Ratingagenturen schwer erschüttert
Bisher unterliegen die Ratingagenturen keiner Aufsicht in der EU. Die Ratingagentur Fitch begrüßte den Ansatz einer einheitlichen Regulierung in der EU. "Eine koordinierte, paneuropäische Regulierung ist der Verbreitung länderspezifischer Regimes vorzuziehen", sagte ein Sprecher von Fitch Ratings. Wichtig dabei sei, dass der Rahmen im Einklang mit den freiwilligen Standards der Internationalen Vereinigung der Wertpapieraufseher (IOSCO) stehe. Auch eine Vielzahl zusätzlicher Vorschriften solle vermieden werden. Mit Blick auf die Rechnungslegung heißt es in der Abschlusserklärung, "die gegenwärtigen Finanzturbulenzen haben die Notwendigkeit eines robusten und legitimierten Prozesses bei der Festlegung internationaler Bilanzierungsvorschriften verdeutlicht". Vor diesem Hintergrund sprach sich die 27 EU-Finanzminister für Änderungen aus, um die "Legitimität und Akzeptanz der internationalen Rechnungslegungsstandards" vom IASB zu steigern. Daher müsse das IASB seine Prozesse bei der Festlegung der Standards transparenter gestalten. Ferner forderte der Ecofin die Banken dazu auf, ihr Engagement in Finanzvehikel sowie die Höhe ihrer Abschreibungen und Verluste vollständig auszuweisen. Nur so könne das Vertrauen wiederhergestellt werden. Die Minister wollen der Abschlusserklärung zufolge bei ihren Treffen im September und November das Verhalten der Banken überprüfen.
Ratingagenturen als die Ursache der Krise?
Auch die US-Wertpapieraufsicht SEC hat die Glaubwürdigkeit und Reputation der Ratingagenturen schwer erschüttert. Eine zehnmonatige Untersuchung der drei großen Anbieter Standard & Poor’s, Moody‘s und Fitch habe "signifikante Schwächen" in der Praxis der Bonitätsbewerter zutage gefördert, wie die "Börsen-Zeitung" berichtet. In einem 39-seitigen Bericht der Behörde entstehe das Bild von Risikoprüfern, für die im Boom strukturierter Produkte Gewinnstreben vor Qualitätskontrolle ginge. Wie im Skandal um irreführende Aktienanalysen an Wall Street zur Zeit der Technologie-Blase untermauert die Aufsicht ihren Befund mit internen E-Mails. Über den explodierenden Markt der Collateralized Debt Obligations (CDO) schrieb nach Informationen der Zeitung der Analysemanager einer der Agenturen im Dezember vorvergangenen Jahres: "Lass uns hoffen, dass wir alle wohlhabend und im Ruhestand sind, wenn dieses Kartenhaus zusammenfällt." Abschreibungen auf diese Hypothekenpapiere, von den Agenturen vielfach mit der höchsten Bonitätsnote 'AAA' ausgestattet, haben seither beispiellose Abschreibungen im Bankensektor nach sich gezogen.