Zunahme der Firmeninsolvenzen um fast 20 Prozent

Finanzkrise löst 2009 Insolvenzwelle aus


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Einer Prognose der der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG zufolge wird die tiefe Rezession in Deutschland im laufenden Jahr für eine Zunahme der Firmeninsolvenzen um fast 20 Prozent auf 35.000 Fälle sorgen. Für das nächste Jahr wird ein weiterer Anstieg um gut elf Prozent auf fast 39.000 Insolvenzen befürchtet. Die Summe der Not leidenden Forderungen dürfte nach der aktuellen Schätzung im Jahr 2009 um fast 36 Prozent auf 30 Mrd. Euro zunehmen und im nächsten Jahr um weitere zehn Prozent auf dann 33 Mrd. Euro steigen.

Bauindustrie zeigt sich nach wie vor stabil

Von den Hauptbranchen in Deutschland wird die Industrie von der Pleitewelle besonders hart betroffen, die Zahl der Insolvenzen wird 2009 voraussichtlich um 45,4 Prozent klettern, nachdem sie 2008 noch um vier Prozent gefallen war. Handel und Dienstleistungen werden Steigerungen der Insolvenzen um 12,6 (gegenüber einem Plus von 1,1 Prozent im Jahr 2008) und 22,5 Prozent (nach einem Anstieg um 2,9 Prozent im letzten Jahr) erleben. Das Baugewerbe schneidet mit einem weit unterdurchschnittlichen Zuwachs von nur 7,4 Prozent in diesem Jahr recht gut ab, nachdem es sich bereits 2008 mit einem Minus von 5,5 Prozent unter den Hauptbranchen am besten entwickelte.

Finanzierung über Lieferantenkredite steigt weiter an

Die Summe der Lieferantenkredite lag im vergangenen Jahr bei rund 335 Mrd. Euro und ist damit erneut angestiegen. Damit trägt diese Quelle inzwischen stärker zur Unternehmensfinanzierung bei als die kurzfristigen Bankkredite, die 2008 rund 295 Mrd. Euro ausmachten. Laut der Studie ist dies nicht zuletzt auch eine Folge der verschlechterten Finanzierungsbedingungen bei den Banken.
Da bei den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands ebenfalls eine drastische Zunahme der Insolvenzen droht, sind auch Unternehmen, die ins Ausland liefern, von Zahlungsausfällen bedroht. So rechnet Euler Hermes in Frankreich mit einem Anstieg der Insolvenzzahlen um 24,9 Prozent in diesem Jahr und 9,4 Prozent im Jahr 2010. Auch in Großbritannien (plus 55,7 Prozent), den Niederlanden (plus 74,8 Prozent) und Italien (plus 30,7 Prozent) steigt die Zahl der Firmeninsolvenzen im Jahr 2009 nach der Prognose deutlich an, bevor die Zuwachsraten im nächsten Jahr wieder etwas moderater ausfallen.

Für Westeuropa insgesamt wird ein Anstieg von 32,3 Prozent in diesem Jahr und ein Plus von 8,7 Prozent für das Jahr 2010 vorhergesagt. Etwas positiver stellt sich die Perspektive für die USA dar: Während 2009 nach Ansicht der Experten die Firmeninsolvenzen noch um 44,7 Prozent steigen, werden sie im nächsten Jahr bereits wieder um 3,7 Prozent sinken. Auch einige europäische Länder (beispielsweise Spanien, Dänemark und Norwegen) könnten nach der vorangegangenen Pleitewelle schon im Jahr 2010 wieder leicht abnehmende Insolvenzzahlen registrieren.

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Roland /15.06.2009 13:01
Mich würde interessieren, wie viele der Pleitekandidaten - also der 45,4 Prozent aus der Industrie - wirklich in der Folge der Finanzkrise Insolvenz anmelden müssen. Die Finanzkrise ist doch eine wunderbare Entschuldigung für Inkompetenz des Managements und strategisch falsche Weichenstellungen in den vergangenen Jahrzehnten (siehe Arcandor/Karstadt und Opel).

Welche Entwicklungen erwartet Euler-Hermes eigentlich bei den Privatinsolvenzen?
Spotty /15.06.2009 23:20
@Roland: Insgesamt meldeten 2008 120.289 Bundesbürger Privatinsolvenz an, das sind 146 auf 100.000 Einwohner. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Rückgang um 12,2 Prozent. Allerdings fällt die Zahl der Verbraucherinsolvenzen je nach Bundesland sehr unterschiedlich aus: Am häufigsten nahmen im Jahr 2008 Verbraucher aus Bremen das Insolvenzgericht in Anspruch, nämlich 236 je 100.000 Einwohner, am seltensten die Saarländer mit 93 Fällen je 100.000 Einwohner. Gut stehen auch die Verbraucher in den beiden südlichsten Bundesländern da. So meldet Baden-Württemberg 109 und Bayern 111 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner. Fazit: Trotz Finanzkrise sind die Privatinsolvenzen rückläufig. Ich würde jedoch prognostizieren, dass das im Jahr 2009 anders aussehen wird ;-(
Daniel /29.06.2009 14:13
Wenn ich die Berichte über Staatsbürgschaften aus dem Deutschlandfonds lese, dann kommt das immer mehr Wirtschaftspraktikern nämlich vor, wie Berichte aus einer anderen Welt. Da werden mal auf die Schnelle für Opel 300 Mio. Euro Kredit gewährt, über einen Antrag für Arcandor wird innerhalb weniger Tage entschieden, Quelle bekommt innerhalb einer Woche eine Kreditzusage (oder eine Absage).

Der graue Alltag für mittelständische Unternehmen, deren Existenz von solchen Bürgschaften abhängt, sieht unterdessen komplett anders aus. Zum einen verzögern die Banken selbst den Kreditvergabeprozess. Für vergleichsweise geringe Losgrößen ziehen sich die Kreditprüfungen bei den Banken viel zu lange hin.

Langsam wirds eng, siehe auch hier: http://tr.im/q9bw
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