Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie (IPT) und der P3 Ingenieurgesellschaft mbH nutzen viele deutsche Industrieunternehmen die Potenziale des präventiven Risikomanagements noch nicht effektiv. Die Studie offenbart vor allem Unsicherheiten im Umgang mit Risiken. So zeigten sich einerseits über zwei Drittel der Teilnehmer überzeugt, dass das Risikomanagement einen großen Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat.
Ebenfalls gut zwei Drittel glauben aber andererseits, dass es in ihrem Unternehmen nicht richtig umgesetzt wird. Die Herausforderung für Unternehmen bestehe darin, ihr Risikomanagement so zu gestalten, dass wesentliche Risiken frühzeitig erkannt, gegebenenfalls eingegangen oder mit geringem Aufwand behoben werden. Das haben nach den Ergebnissen der Studie auch viele Unternehmen erkannt: 55 Prozent der Unternehmen bezeichnen die frühzeitige Vermeidung von Produktionsplanung oder Produktfehlern in der Entwicklung als Ziel ihres Risikomanagements, 57 Prozent messen den Erfolg ihres Risikomanagements an der Abwesenheit von Fehlern. Dennoch handeln die meisten Unternehmen eher reaktiv, wenn die Fehler aufgetreten sind. Rund 62 Prozent gaben an, dass eine Risikoanalyse erst beim Auftreten von Fehlern am Produkt oder Prozess durchführen.
Insgesamt 70 Prozent der Unternehmen haben einen eigenen Risikomanagement-Prozess definiert, der die Abläufe, die Organisation und die Verantwortlichkeiten definiert. Allerdings offenbarte die Studie, dass die definierten Prozesse nicht konsequent zu Ende geführt werden. So hat etwa nur die Hälfte der Unternehmen festgelegt, wie die identifizierten Risiken unternehmensweit kommuniziert werden. In über 38 Prozent der Unternehmen wird es den Mitarbeitern selbst überlassen, ob sie die Risiken im Unternehmen besprechen. In vielen Fällen wird zudem das identifizierte Risiko nicht auseichend kontrolliert. Als Gründe nannten die Unternehmen u. a., den zu hohen Aufwand für Risikokontrollen (rund 55 Prozent der Nennungen) oder einen zu geringen Nutzen (rund 39 Prozent der Nennungen). Die Organisationslücken setzen sich auch in der Dokumentation fort. So legen nur 45 Prozent der Befragten die Risikodaten in einer zentralen unternehmensweiten Datenbank ab.
Auf der Methodenseiten setzen die Unternehmen am häufigsten die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) ein, um Risiken zu identifizieren und zu analysieren. Dabei kritisieren jedoch circa 46 Prozent den hohen Aufwand der FMEA und den großen Raum für Interpretationen der Ergebnisse.
Bei der FMEA und der FMECA (Failure Mode and Effects and Criticality Analysis) handelt es sich um analytische Methoden der Zuverlässigkeitstechnik, um potenzielle Schwachstellen zu identifizieren. So wird die FMEA etwa im Rahmen des Qualitätsmanagements bzw. Sicherheitsmanagements zur Fehlervermeidung und Erhöhung der technischen Zuverlässigkeit vorbeugend eingesetzt. So wird die FMEA beispielsweise in der Design- bzw. Entwicklungsphase neuer Produkte oder Prozesse angewandt und von Lieferanten von Serienteilen für die Automobilhersteller (siehe ISO/TS 16949) gefordert.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Kreativitätsmethoden, die durch divergentes Denken charakterisiert sind, um relativ flüssig und flexibel zu neuartigen Einfällen und Szenarien der zukünftigen Risikolandkarte zu gelangen, keine nennenswerte Rolle spielen.
Die größte Herausforderung bei der Analyse der Risiken besteht darin, die Kosten der Risiken zu berechnen. Lediglich rund 21 Prozent der Befragten gaben an, eine konkrete Kostenberechnung durchzuführen. 64 Prozent schätzen die Kosten lediglich ab und rund 28 Prozent bewerten sie gar nicht.
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