Eine Krise der Immobilienbranche und der Bauwirtschaft hat nicht nur Deutschland hinzunehmen. Nun hat ein Gericht in China verkündet, dass der Immobilienkonzern Evergrande, der von größter Bedeutung für die Gesamtwirtschaft Chinas ist, aufgelöst wird.
Die Verantwortlichen waren nicht in der Lage gewesen, einen Sanierungsplan aufzustellen. Das wäre auch ein Kunststück gewesen, beruht die geschäftliche Tätigkeit doch auf einem Schuldenberg von etwa 300 Mrd. US-Dollar. Besonders prekär für die Situation ist, dass über 20 Mrd. Euro im Ausland aufgehäuft wurden. So hatte das Unternehmen vorsorglich bereits im Sommer 2023 in den USA Gläubigerschutz beantragt. Damit ist man immerhin vor dem Vorgehen amerikanischer Gläubiger geschützt. Dies gilt auch dann, wenn das geplante Insolvenzverfahren im Ausland stattfindet. Es sind nicht nur die hohen Schulden, sondern auch der Einbruch der Erträge, der verhängnisvoll war. Seit 2021 wurden Verluste von über 70 Mrd. Euro eingefahren.
Das Aus und die vorhergehende Krise hatten bereits Auswirkungen auf die Wohnsituation der Bürger in China gezeigt. Chinesische Bürger haben große Teile ihres Vermögens in Immobilien gesteckt. Nun kam es dazu, dass Wohnbauten nicht mehr fertiggestellt wurden und die potentiellen Mieter und Eigentümer in Bauruinen leben. Evergrande ist nur der deutlichste Ausdruck der Immobilienkrise in China. Die großen Konzerne sind an der Börse notiert, so haben unter den Folgen nicht nur die privaten Immobilieninvestoren, sondern auch die Besitzer von Anleihen und Aktien zu leiden. Coupon-Zahlungen werden nicht geleistet und die Kurse brechen ein. Die Schockwellen treffen die Finanzbranche, deren Treuhandfonds in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Chinas Wirtschaft ist in einem besonderen Maße getragen vom Boom in der Bauwirtschaft. Die letzten zehn Jahre vor der Krise mit dem Beginn der Dekade waren von einem beispiellosen Plus geprägt. Wegen der gesamtwirtschaftlichen Schwierigkeiten greift die Regierung ein, Aktienkurse werden ausgesetzt und Hilfen für betroffene Bürger in Aussicht gestellt.
Schockwellen über Kontinente hinweg
Der Schutzmantel durch das amerikanische Insolvenzrecht ist aber nur die eine Seite der Medaille. Wichtiger noch und schwieriger gestaltet sich die Abwicklung in Asien. Das aktuelle Urteil zur Auflösung wurde von einem Gericht in Hongkong gefällt, da aber die operative Tätigkeit eher im ehemaligen Rotchina ausgeführt wird und es sich um zwei unterschiedliche Rechtssysteme handelt, bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen es hat. Die Regierung wird wohl alles tun, um vor dem Hintergrund des Ausmaßes der Krise das Schlimmste zu verhindern. Chinas Bauwirtschaft hat einmal ein Drittel der Wirtschaftsleistung geschafft, nun gibt es Schätzungen, dass allein der Zusammenbruch von Evergrande das Bruttoinlandsprodukt um 0,5 Prozent verringert. Dann heißt es, noch weiter Abschied zu nehmen von der einstmals starken BIP-Entwicklung.
Insolvenzen als Spitze des Eisbergs der Krise einer Branche hat aber nicht nur China hinzunehmen. Wieder einmal, wie bereits zum Jahreswechsel, macht die Signa-Gruppe negative Schlagzeilen. Dabei geht es nicht nur um eine Krise der Kaufhäuser als einer möglicherweise überlebten Form des Einzelhandels, sondern eben auch um die Immobilienkrise. Nicht nur GALERIA hatte zum dritten Mal einen Insolvenzantrag stellen müssen – nun findet sich auch die KaDeWe-Gruppe beim Insolvenzgericht ein. Dazu gehört nicht nur das gleichnamige Berliner Luxuskaufhaus, sondern auch das Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg. Nach übereinstimmenden Berichten – so ist die Rede vom umsatzstärksten Geschäftsjahr – liegt es nicht am Kern-Business "Handel". Es sind die Mieten, die in ihrer Höhe untragbar geworden sind. Die sind in den letzten vier Jahren um fast 40 Prozent gestiegen. Das lässt sich, auch bei den schmalen Margen im Handel, nicht mehr verdienen. Hinter diesen Mietpreissteigerungen steht eine Strategie der Signa-Gruppe, die ihren Mietern so hohe Mieten abverlangt, um den Wert der Immobilie in den Bilanzen zu steigern, womit sich dann wieder weitere Expansionen fremdfinanzieren lassen.
Politik verbreitet Optimismus
Wie bei der Größe des von Insolvenz betroffenen Unternehmens mittlerweile üblich, wird der Betrieb nun in Eigenverwaltung fortgeführt. Immerhin sind insgesamt 1.700 Mitarbeiter betroffen. Die Politik gibt sich optimistisch, die Wirtschaftssenatorinnen in Hamburg und in Berlin zeigen sich zuversichtlich, dass es gelingt, die für den lokalen Markt wichtigen Häuser zu erhalten. Immerhin hielt bereits ein thailändisches Unternehmen die Mehrheit an den Häusern, offen ist jedoch noch, ob der Investor zu weiteren Zahlungen bereit ist. Sachwalter Brockdorff und KaDeWe-Geschäftsführer Peterseim: "Wir lassen Altlasten hinter uns und streifen vor allem die hohen Mietlasten für unsere Häuser ab."
[Quellen: Creditreform Risikomanagement Newsletter vom 8. Februar 2024]