Supply Chain Network Management

Geiz ist gefährlich


Supply Chain Network Management: Geiz ist gefährlich Kolumne

Die zurückliegenden Multikrisen-Jahre haben die deutsche Wirtschaft kräftig durchgeschüttelt, mitunter sogar erschüttert. Immerhin hellt sich die Stimmung derzeit wieder auf, wie der aktuelle Ifo-Geschäftsklimaindex zeigt. Ifo-Präsident Clemens Fuest spricht sogar von einer zurückkehrenden Zuversicht. Ein Grund dafür ist sicherlich die jüngste Entspannung bei den Supply-Chain-Problemen. Immer mehr Aufträge können endlich abgearbeitet und an die Kunden ausgeliefert werden.

Also gilt es jetzt in die Hände zu spucken und aufs Tempo zu drücken? Ja und Nein. Die Erfahrungen aus der Corona-Zeit und die anhaltenden Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine zeigen: Weitermachen wie bisher ist keine Option.

Selbstverständlich müssen die aufgelaufenen Aufträge so schnell wie möglich erledigt werden. Aber trotz wieder reibungsloserer Warenströme sollten die Unternehmen parallel vorausschauend handeln und sich in die Lage versetzen, mögliche Risiken künftig frühzeitiger erkennen und damit rechtzeitiger entschärfen zu können.

Das fällt vielen global agierenden Unternehmen schwer, weil ihre komplexen Wertschöpfungsnetzwerke auf Effizienz, Kosten und Marktnähe getrimmt sind. In der Vergangenheit konnten sie so zwar massive Verbesserungen bei Lagerbeständen, pünktlichen Lieferungen und kürzeren Durchlaufzeiten erzielen. Doch die Krisen der vergangenen Jahre haben schonungslos die Schwächen der Netzwerke aufgedeckt: Sie sind häufig weder transparent noch bieten sie genügend Widerstandsfähigkeit. Um effektiv Vorsorge treffen zu können, sollten die Unternehmen vor allem eine Frage für sich ehrlich beantworten: Lag unser Fokus bislang zu stark auf dem Thema Kosten?

Supply-Chain-Netzwerken droht ein erneuter Stresstest

Denn auch künftig wird es Herausforderungen und Krisen geben, die für die Supply-Chain-Netzwerke einen erneuten Stresstest bedeuten werden. Darunter sind politische Treiber wie Handelsbeschränkungen. Rechtliche Treiber wie zum Beispiel das deutsche Lieferkettengesetz fordern mehr Transparenz in Bezug auf Menschenrechte und Umweltschutz entlang der Supply Chain. Soziale Treiber wie der demografische Wandel sorgen für Fachkräftemangel. Nicht zuletzt erwarten Kapitalmarkt und Öffentlichkeit eine Verringerung der Kohlestoffemissionen – und wirken so als ökologische Treiber. Und das sind nur einige der Risiken, die dafür sorgen, dass gestörte Wertschöpfungsnetzwerke auch in den kommenden Jahren ein wiederkehrendes und in kürzeren Abständen auftretendes Phänomen bleiben werden (siehe Abb. 01).

Abb. 01: Treiber aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen haben auch künftig Einfluss auf die Performance des Supply Chain NetworksAbb. 01: Treiber aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen haben auch künftig Einfluss auf die Performance des Supply Chain Networks

Die Auswirkungen in Form von hohen Kosten, Produktionsstillständen, Umsatzeinbußen und Reputationsschäden haben viele Unternehmen bereits schmerzlich gespürt. Um sie bei kommenden Herausforderungen zu vermeiden, sollten sie ihr Netzwerk künftig an anderen Dimensionen ausrichten. Robustheit, Resilienz und eine hohe Reaktionsfähigkeit sind notwendig, um im internationalen Wettbewerb mit anderen Netzwerken bestehen zu können. In einem aktuellen Whitepaper haben die Berater der Staufen AG einen Ansatz für ein modernes Supply Chain Network Management entwickelt. Kern ist die komplette Rekonfiguration des Netzwerks sowie der Aufbau eines Supply Chain Risk Managements.

Proaktives Risikomanagement verschafft Wettbewerbsvorteile

In einer Welt, in der unterschiedliche Treiber und Einflüsse (siehe Abb. 01) die Stabilität des Netzwerks immer wieder bedrohen, liefert ein solches Risikomanagement die dringend notwendige End-to-End-Transparenz, um alle Anforderungen im Blick zu behalten. Es ermöglicht zum Beispiel, Lieferanten im Netzwerk zu identifizieren, die trotz eines unter Umständen geringen Volumens einen großen Einfluss darauf haben, ob ein Produkt geliefert werden kann. Es hilft, grundsätzliche Risiken zu identifizieren und ihre Wahrscheinlichkeit und Auswirkungen zu beurteilen. Das schließt ein kontinuierliches, strukturiertes Monitoring von Echtzeit-Informationen über den Zustand des Netzwerks ein, das Personen, Geräte und Einrichtungen ebenso erfasst wie Informationssysteme, Bestellungen, Bestände und die Auswahl der passenden KPIs.

Die Daten sind die Basis für die Entwicklung von Aktionsplänen, die dafür sorgen, dass ein Netzwerk resilienter auf Bedrohungen reagiert. So werden die Verluste geringgehalten und ein normales Leistungsniveau wird schneller wieder erreicht (siehe Abb. 02).
  
Abb. 02: In einem Netzwerk, das resilient auf Bedrohungen reagiert, werden Verluste gering gehalten. Ein normales Leistungsniveau wird schneller wieder erreichtAbb. 02: In einem Netzwerk, das resilient auf Bedrohungen reagiert, werden Verluste gering gehalten. Ein normales Leistungsniveau wird schneller wieder erreicht

Doch es geht nicht nur darum, auf Probleme zu reagieren. Ein proaktives Risikomanagement der oben genannten Treiber und Einflussfaktoren garantiert Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, indem es 

  • für mehr Stabilität, Kontinuität und Transparenz im Netzwerk sorgt,
  • die soziale Verantwortung des Unternehmens (CSR) stärkt,
  • die Leistung in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) steigert,
  • die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften unterstützt und
  • das Lieferantenmanagement verbessert.

Das sind Anforderungen, die Unternehmen im internationalen Wettbewerb erfüllen müssen, um auch künftig zu den Gewinnern zu gehören. Ein funktionierendes Risikomanagement ist dabei Teil eines modernen Supply Chain Network Managements, dass es ermöglicht, das Netzwerk agil am Kunden auszurichten und aktiv zu steuern.

 

Autoren:
Canan Jungel | Head of Supply Chain Network Management bei der Unternehmensberatung Staufen AGCanan Jungel
Head of Supply Chain Network Management bei der Unternehmensberatung Staufen AG

Dr. Christian Kubik | Senior Advisor bei der Unternehmensberatung Staufen.Inova AGDr. Christian Kubik
Senior Advisor bei der Unternehmensberatung Staufen.Inova AG

[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock.com / j-mel ]
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