Die deutschen Behörden haben Anklagepunkte wegen Geldwäsche gegen vier Banker ausgeräumt. Damit endet eine im Fokus der Öffentlichkeit stehende Korruptionsermittlung, in die auch ein früherer russischer Minister verwickelt war - auch wenn die russischen Behörden betonten, dass kein russisches Gesetz gebrochen worden war.
Der Vergleich beendet eines der bedeutendsten Ermittlungsverfahren gegen einen Vertreter des russischen Staates außerhalb Russlands. Angeklagt waren vier aktive oder ehemalige Mitarbeiter der Commerzbank und ein Rechtsanwalt aus Dänemark. Ihnen wurde vorgeworfen, dem früheren russischen Telekommunikationsminister Leonid Reiman geholfen zu haben, Beteiligungen im Telekom-Sektor zu verkaufen. Reiman, der als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, soll sich die Beteiligungen illegal aus Staatsbesitz angeeignet haben. Alle fünf Angeklagten hatten die Vorwürfe stets bestritten.
Vier der Angeklagten müssen nun Strafen in Höhe von 5.000 bis 40.000 Euro zahlen. Im Gegenzug dafür werden die Anklagen fallen gelassen, wie eine Gerichtssprecherin in Frankfurt sagte. Die Anklage gegen einen fünften Angeklagten, einen immer noch bei der Commerzbank beschäftigten Banker, wurde wegen Verjährung fallen gelassen. Dem Vergleich zufolge gelten alle fünf ehemals Angeklagten als unschuldig.
Die Ermittlungen hatten sechs Jahre gedauert. Bei ihrem Rechtshilfeersuchen an die russischen Kollegen seien die deutschen Ermittler mehrfach hingehalten worden, sagte eine mit der Situation vertraute Person. Ihnen sei mehrfach gesagt worden, dass ihre Anfrage warten müsse. Der Quelle zufolge sollen die russischen Behörden die deutschen Ermittler auch aufgefordert haben, die Absendung eines formellen, schriftlichen Hilfegesuchs zurückzustellen. Hilfe sei später einfacher, soll ihnen dabei suggeriert worden sein. Weil eine Verjährung des ganzen Verfahrens drohte, riet das Gericht nach Angaben seiner Sprecherin den deutschen Behörden schließlich dazu, die Anklage fallen zu lassen und einen Vergleich anzustreben.
Die Frankfurter Gerichtsakte enthält einen Brief aus Moskau, wie die Gerichtssprecherin weiter sagte. Darin heißt es, dass der russische Chefankläger keine Verletzung russischer Gesetze im Zusammenhang mit den deutschen Ermittlungen habe feststellen können. Dies ist insofern brisant, weil nach deutschem Recht eine Verurteilung wegen Geldwäsche nur möglich gewesen wäre, wenn die Ankläger hätten beweisen können, dass die illegalen Geldflüsse in Höhe von 150 Millionen US-Dollar das Ergebnis eines in Russland verübten Verbrechens gewesen wären.
Der nun erzielte Vergleich wirft ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten, einen Fall grenzüberschreitender Korruption zu verhandeln, wie Beobachter des Verfahrens sagten. "Verurteilungen sind schwierig in internationalen Korruptionsfällen, solange nicht die Justiz in allen betroffenen Ländern kooperiert", sagt Christian Humborg, Chef des deutschen Ablegers der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International.
Im Zentrum der Ermittlungen stand mit Reiman ein leitender Angestellter einer staatlichen russischen Telefongesellschaft. Nachdem er in den 1990er Jahren für diese gearbeitet hatte, wurde er später - von 1999 bis 2008 - russischer Minister für Telekommunikation - und damit für die Branche zuständig, in der er angeblich selbst Beteiligungen besaß.
Laut Anklageschrift hatte Reiman Beteiligungen an der von ihm gemanagten Firma an von ihm kontrollierte Offshore-Gesellschaften transferiert. Später soll er einen Teil davon mithilfe der Commerzbank-Mitarbeiter verkauft haben. Reiman hatte die Anschuldigungen zurückgewiesen. Die Ankläger waren aber überzeugt, dass Reiman seine Besitzverhältnisse von mindestens einer der Offshore-Gesellschaften mithilfe des dänischen Anwalts Jeffrey Galmond verschleiert hat. Galmond soll als Strohmann für Reiman agiert haben. Reiman schwieg zu diesem Vorwurf. Er hat die Vorwürfe durchgehend bestritten und beteuert, die fraglichen Vermögenswerte nie besessen zu haben.
Galmond reagierte nicht auf eine Anfrage nach einem Kommentar zu diesem Artikel. Sein Anwalt verwies darauf, dass der Vergleich bestätigt habe, dass Galmond unschuldig sei. Die Banker konnten für einen Kommentar nicht erreicht werden.
Die Commerzbank hatte bereits im Jahr 2008 eine Geldbuße in Höhe von 7,3 Millionen Euro bezahlt, weil sie dabei geholfen haben soll, die wahren Besitzverhältnisse der Telekom-Beteiligungen verschleiert zu haben. Ein Zivilgericht in Frankfurt hatte geurteilt, dass die Commerzbank von den illegalen Aktivitäten profitiert hatte. Eine Commerzbank-Sprecherin wollte den nun getroffenen Vergleich nicht kommentieren. Sie sagte, die Bank habe den Fall 2008 selbst zum Abschluss gebracht. Auch die Commerzbank hatte in der Vergangenheit beteuert, keinerlei Gesetze gebrochen zu haben.
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