China importierte im Jahr 2010 Waren im Gesamtwert von 1,3 Billionen US-Dollar und zählt damit zu den größten Importländern der Welt. Bei Handelsbeziehungen zu China sind viele Besonderheiten zu beachten, mit denen westliche Unternehmen nur wenig vertraut sind. Laut Atradius Collections, einem Geschäftsbereich des Inkassodienstleisters Atradius, gilt dies im besonderen Maße für das Inkassowesen, das es in China offiziell gar nicht gibt, da der Forderungseinzug bereits Ende des 19. Jahrhunderts von der chinesischen Regierung verboten wurde. Da dieses Verbot bis heute gilt, firmieren Unternehmen, die als Inkassodienstleister tätig sind, häufig als "Risikomanager" oder "Kreditberater". Internationalen Inkassodiensten ist es zwar gestattet, ausländische Forderungen für chinesische Gläubiger einzutreiben, der Einzug von Forderungen bei chinesischen Schuldnern ist dagegen offiziell autorisierten Stellen wie beispielsweise spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien vorbehalten.
Dementsprechend komplex gestaltet sich im Falle des Falles dann auch der Forderungseinzug: Für die Eröffnung eines Inkassoverfahrens werden zahlreiche Dokumente benötigt. Vor Auftragsannahme müssen Geschäftsbedingungen für die Lieferung von Waren und Dienstleistungen vereinbart werden. Die Auftragsabwicklung ist mit Auftragserteilung, Lieferschein, Rechnung etc. schriftlich zu dokumentieren. Unternehmen, die Waren nach China exportieren, sollten sich vorab über aktuelle Wechselkurse, die örtlichen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, die Steuerthematik, das lokale Rechtssystem und arbeitsrechtliche Gegebenheiten informieren. Zudem sollten Exporteure unerwartete Schwierigkeiten einkalkulieren, wenn sie ihre Forderungen in China einziehen wollen. "Firmenauskünfte sind nicht unbedingt aussagekräftig, weil das Berichtswesen in den Unternehmen nicht immer zuverlässig ist. Das Einholen lokaler Bonitätsinformationen über chinesische Firmen ist abenteuerlich. Da einheitliche Bewertungskriterien fehlen, sind die Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Auskunfteien enorm", so Tony Au von Atradius Collections, der in Hongkong für das China-Geschäft verantwortlich ist. "Weil der Einzug von Forderungen überwiegend persönlich erfolgt, kann auch die geografische Dimension Chinas zur Herausforderung werden."
Die chinesische Wirtschaft sei von einer eigenen Mentalität geprägt, die sich auch auf den Umgang mit Forderungen und Verbindlichkeiten niederschlage. Ein Konkurs werde immer noch als eine entwürdigende Angelegenheit angesehen. Die Erfolgsquote beim Forderungseinzug liege in China bei etwa 30 Prozent. Für gerichtliche Mahnverfahren aus Handelsgeschäften beträgt die Verjährungsfrist vor Zivilgerichten nach Angabe von Atradius Collections im Allgemeinen zwei Jahre, für internationale Kaufverträge in einigen Ausnahmefällen auch vier Jahre. Nach Ablauf der Frist, die ab dem Tag der letzten Zahlungsaufforderung, nicht ab dem ursprünglichen Fälligkeitstag zählt, habe der Gläubiger keine Möglichkeit mehr, gerichtlich gegen den säumigen Schuldner vorzugehen.
Wegen der zu erwartenden Schwierigkeiten und Risiken rät Atradius Collections allen Exporteuren, einen kompetenten, lokalen Partner ihres Vertrauens zur Unterstützung heranziehen, der sich im chinesischen Markt gut auskennt. Internationale Wirtschaftsverbände oder Handelskammern vermitteln westlichen Unternehmen Kontakte zu Risikospezialisten und Kanzleien, die mit den Geflogenheiten im Land vertraut sind. Große internationale Inkassounternehmen betreiben Niederlassungen in Hongkong. Dies habe den Vorteil, dass sie sich zwar im Sprach- und Kulturraum sowie in der Zeitzone von Kontinentalchina befinden, nicht aber dem dortigen Rechtssystem unterliegen. So können sie eine Zusammenarbeit mit bewährten chinesischen Partnern und einen professionellen Einzug von Forderungen bei chinesischen Schuldnern gewährleisten.
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Kommentare zu diesem Beitrag
=> Wer gut schmiert, der gut fährt!
Umgekehrt ist der bürokratische Weg zur Eintreibung der Schulden in solchen Bananen- und Diktatorenrepubliken wohl wenig erfolgsversprechend. Man überlege sich nur mal welchen Stellenwert "RECHT" überhaupt in China hat ;-)))
Menschenrechte etc. werden eher immer so angepasst, wie es gerade passt ... also in der Regel mit den Füßen getreten.