Gier, Dummheit und Maßlosigkeit als Ursachen für die aktuelle Finanzkrise


Während auf der einen Seite die US-Investmentbank JP Morgan für das zweite Quartal einen Netto-Gewinn von 2,5 Mrd. US-Dollar verkündete und damit die Erwartungen der Analysten deutlich übertrumpfte, entwickelt sich die US-Finanzkrise immer mehr zu einem Kriminalfall. Die Bankaktien reagierten auf die veröffentlichten Zahlen von JP Morgan mit Kurssprüngen. JP-Morgan-Chef Dimon dämpfte jedoch den Optimismus der Marktteilnehmer und wagte einen äußerst vorsichtigen Ausblick für das laufende Geschäftsjahr: "Wir gehen davon aus, dass das wirtschaftliche Umfeld schwäch bleiben wird und sogar noch schwächer werden könnte. Die Kapitalmärkte werden weiterhin unter Stress stehen. Wir bleiben vorsichtig, da weiterhin größere Risiken auf unserer Bilanz schlummen", so Dimon.

Erst am 16. März diesen Jahres hatte JP Morgan Chase & Co. ein Übernahmeangebot für die in Turbulenzen geratene Investmentbank Bear Stearns bekannt gegeben. Bear Stearns war bereits in den Anfangsphasen der Subprime-Krise Mitte 2007 in Schwierigkeiten geraten, nachdem drei vom Unternehmen aufgelegte Hedge-Fonds (High Grade Structured Credit Strategies Enhanced Fund, High Grade Structured Credit Strategies Fund und Asset-Backed Securities Fund) Insolvenz anmelden mussten.

Verschärfung der Regulierung in der Folge der Subprime-Krise

Neben der US-Börsenaufsicht SEC (United States Securities and Exchange Commission), die die Regulierung der Finanzinstitute verschärfen will, ermitteln nun auch die bundespolizeiliche Ermittlungsbehörde des Justizministeriums der Vereinigten Staaten FBI (Federal Bureau of Investigation) wegen krimineller Methoden gegen einzelne Marktteilnehmer. So ermitteln die Behörden u. a. wegen des Verdachts, dass gezielte falsche Gerüchte und missbräuchliche Handelspraktiken einige der jüngsten spektakulären Kurseinbrüche mit ausgelöst haben, so Spiegel Online in einem aktuellen Bericht. Die Behörde kündigte strengere Vorschriften für Börsenwetten auf fallende Kurse an und startete eine Untersuchungswelle bei Banken, Händlern, Anlageberatern und Hedge-Fonds.

Auch bei der in der letzten Woche zusammengebrochenen Hypotheken- und Bausparbank Indymac gibt es inzwischen Spekulationen über kriminelle Hintergründe, so Spiegel Online. Die US-Bundespolizei FBI ermittelt dem Fernsehsenders CNN und der Nachrichtenagentur AP zufolge gegen das Institut. Möglicherweise sei bei der Vergabe von Darlehen an zweifelhafte Kunden betrogen worden.

Der Kollaps von IndyMac war ein neuer dramatischer Höhepunkt der US-Kreditkrise, laut Behörden der zweitgrößte Banken-Crash seit 1984, als die Continental Illinois National Bank Insolvenz anmelden musste. Die IndyMac Bank (Independent National Mortgage Corporation) war die größte Sparkasse im Raum Los Angeles und der siebtgrößte Hypothekenfinanzierer in den Vereinigten Staaten von Amerika. Im Fadenkreuz der aktuellen Ermittlungen stehen nicht nur Einzeltäter, sondern auch große Investmentbanken. Sie sollen das Chaos absichtlich mitverursacht haben - um dann eiskalt zu profitieren.

Gier, Dummheit und Maßlosigkeit

Hinter dem Chaos, das die Finanzmarktteilnehmer zu immer neuen Panikschüben treibt, stecken nicht nur Gier, Dummheit und Maßlosigkeit – kurz zusammengefasst mit „Gier frisst Hirn“ - sondern auch klar illegale Aktivitäten auf der Seite von skrupellosen Händlern und großen Investmentbanken.
SEC-Chef Christopher Cox  ist vor allem besorgt über das Potenzial für böswillig fabrizierte Falschinformationen. Diese gezielten Börsengerüchte - gestreut von interessierten Parteien - sollten die betroffenen Firmen destabilisieren, indem sie einen Run (einen Ansturm auf deren Aktien) auslösten, unkontrollierbare Panik verursachten und die Kurse damit künstlich in den Keller trieben, so Spiegel Online.

Eine beliebte Methode sei dabei auch ein Börsentrick namens "Naked Short Selling". Hierunter verstehet man einem ungedeckten (also nackten) Leerverkauf von Aktienoptionen, die sich nicht im eigenen Besitz befinden. Dieses hat zur Folge, dass sobald eine Ausübung erfolgt, die zugrunde liegende Aktie geliefert werden und daher dann gekauft werden muss. Diese kontroverse Praxis, mit der Händler gut Geld verdienen können, erklärte die Börsenaufsicht diese Woche kurzum für verboten: "Die Kommission sieht derzeit die beträchtliche Gefahr, dass es zu plötzlichen und exzessiven Fluktuationen von Aktienpreisen kommt." SEC-Direktorin Lori Richards warnte alle Akteure: "Die Trader wissen, dass Falschinformationen kursieren. Sie sollten es sich zweimal überlegen, ob sie sie weiterreichen wollen."

Vertrauens- und Reputationskrise bei Lehman Brothers

Die US-Investmentbank Lehman Brothers kämpft seit Monaten gegen Gerüchte, dass Liquiditätsprobleme eine Insolvenz auslösen könnte. Der Aktienkurs hat in der Folge dieses Jahr bereits rund 70 Prozent eingebüßt. Es ist eine Binsenweisheit, dass eine gute Unternehmensreputation – insbesondere für Banken - ein wichtiger immaterieller Vermögensgegenstand und eine zentrale Quelle von Wettbewerbsvorteilen ist. Der Aufbau und die Weiterentwicklung des „guten Rufs“ dauern oft Jahre oder Jahrzehnte. Umgekehrt kann jedoch die Reputation in Windeseile beschädigt oder gar gänzlich zerstört werden. Dies hat sowohl der Kollaps der Investmentbank Bear Stearns gezeigt als auch die aktuellen Diskussionen um Lehman Brothers. Wenn die Gerüchteküche brodelt, ist es für Unternehmen höchste Zeit einzugreifen, bevor Themen in der Öffentlichkeit ihre eigene Dynamik entfalten.


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