Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD, Organisation for Economic Co-operation and Development) attestiert der Weltwirtschaft eine fortschreitende, aber immer noch "enttäuschende" Erholung von der Krise. Zudem finde die Erholung in den wichtigsten Regionen der Welt in verschiedenen Geschwindigkeiten statt. "Diese unterschiedlichen Geschwindigkeiten spiegeln die verschiedenen Wege zu einem selbsttragenden Wachstum wider und jeder Weg birgt seinen eigenen Mix aus Risiken", stellt Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan im jüngsten Weltwirtschaftsausblick der OECD fest. Bei der OECD handelt es sich um eine eine Internationale Organisation mit 34 Mitgliedstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen. Die meisten OECD-Mitglieder gehören zu den Ländern mit hohem Pro-Kopf-Einkommen und gelten als entwickelte Länder.
In der Eurozone stelle die steigende Arbeitslosigkeit das dringlichste Problem für die Politik dar. Eine verschleppte Erholung könnte in eine Stagnation übergehen und in ihrem Sog die Weltwirtschaft bremsen. Auch die negativen Wechselwirkungen zwischen schwachen Staaten und schwachen Banken könnten damit wieder aufleben sowie das Risiko, dass ein Land aus dem Euro aussteige, schreibt der Ökonom.
Für das laufende Jahr rechnet die OECD nun mit einer tieferen Rezession im Euroraum. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte nach ihrer Schätzung um 0,6 Prozent schrumpfen; im vorigen Ausblick hatte die Organisation nur einen BIP-Rückgang um 0,1 Prozent veranschlagt. Für 2014 wird nur noch ein Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent im Euroraum erwartet. Im November war noch ein Plus von 1,3 Prozent prognostiziert worden.
Auf der positiven Seite verbucht die OECD, dass in vielen Euroländern nun seit einigen Jahren ein fiskalischer und struktureller Anpassungsprozess stattfindet. Die Verschuldungsgrade der Staaten sollten bald anfangen zu sinken, was sich positiv auf die Risikoeinschätzung der Finanzmärkte auswirken dürfte, stellt die in Paris ansässige Organisation fest, in der 34 Industriestaaten zusammengeschlossen sind.
In den USA hat nach Einschätzung der OECD nach dem Aufbau von großen Ungleichgewichten vor der Krise ein Anpassungsprozess der Wirtschaft eingesetzt, der Früchte zu tragen beginnt. Eine Kombination aus einem reparierten Finanzsystem und einer Wiederbelebung des Vertrauens trage das Wachstum. Die Wachstumsprognosen für die USA lässt die Organisation fast unverändert; 2013 dürfte die Wirtschaft um 1,9 Prozent und 2014 um 2,8 Prozent wachsen.
In dem beginnenden Aufschwung dürften die USA schneller wachsen als andere große OECD-Länder, während die Eurozone von den nachwirkenden Folgen der Währungskrise, den staatlichen Sparprogrammen und der Schwäche der Kreditmärkte niedergehalten werde, hieß es. Mit einer nur moderaten Erholung der globalen Wirtschaft zeigten auch die Schwellenländer ein Wachstum in mehreren Geschwindigkeiten, mit China an der Spitze, gefolgt von anderen Ländern, deren Wachstum von Strukturschwächen zurückgehalten werde.
Nach einer langen Zeit, in der sich auch in Japan große Ungleichgewichte aufgebaut haben, werde nun eine "radikal neue Politik" umgesetzt, fährt die OECD fort. Die hohen Schulden, das schwache Wachstumspotenzial und die hartnäckige Deflation werde jetzt mit einem aggressiven Mix angegangen. Zwar sei die politische Kehrtwende zu begrüßen, doch müsse eine "delikate Balance" gehalten werden, um das Wachstum nachhaltig zu steigern, die Inflationserwartungen zu heben und die Tragbarkeit der riesigen Staatsverschuldung zu sichern.
Angesichts des neuen Politikansatzes in Japan verdoppelt die OECD ihre Wachstumsprognosen für das Land: Für 2013 wird die Vorhersage auf 1,6 von 0,7 Prozent heraufgesetzt und für 2014 auf 1,4 von 0,8 Prozent. Neben inneren Risiken wie einem Anstieg der Kapitalmarktzinsen und der Sicherung der Energieversorgung sieht die Organisation auch äußere Unsicherheiten für Japan, wie etwa die Entwicklungen in China, dem wichtigsten Handelspartner, und in der Eurozone, was den Wechselkurs des Yen beeinflusst.
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Die langwierige Rezession der Eurozone droht das Wachstum in Deutschland abzuwürgen. Wegen der Unsicherheit, wann der Währungsraum sich aus der Rezession befreien kann, halbiert der Internationale Währungsfonds (IWF) die Wachstumsprognose für Deutschland. Für das Jahr 2013 rechnet die Organisation nur noch mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um magere 0,3 Prozent. Bei der Frühjahrsprojektion im April hatte der IWF noch moderate 0,6 Prozent in Aussicht gestellt.
Zudem sieht der IWF die Gefahr, dass das deutsche Wachstum noch geringer ausfällt: "Wir sehen die Risiken für den Ausblick nach unten geneigt", erklären die IWF-Experten in ihrem jährlichen Bericht zu Deutschland.
Damit zeigt sich der IWF deutlich skeptischer als die Bundesbank, die für 2013 bisher ein Wachstum von 0,5 Prozent veranschlagt. Nach dem unerwartet schwachen Start ins Jahr 2013 haben aber auch einige Ökonomen von Geschäftsbanken ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum im Gesamtjahr schon deutlich gesenkt.
Der IWF verweist zwar auf die starken Fundamente der deutschen Binnenwirtschaft und die erfolgten Reformen, die sich in einer niedrigen Arbeitslosenquote ausgezahlt haben. Doch während der Konsum sich robust gezeigt habe, seien die Unternehmensinvestitionen seit Ende 2011 im Sinkflug. Außerdem habe die Unsicherheit über die Zukunft des Euroraums und die anhaltende Rezession die deutschen Exporte in den Währungsraum gedrückt, stellt der IWF fest.
Die Eurozone befindet sich seit sechs Quartalen in einer Rezession. Deutschlands Wirtschaft ist Anfang 2013 nur knapp einer Rezession entgangen, was vor allem der Kauflaune der privaten Konsumenten zu verdanken war. Zwar erwartet der IWF, sich die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erholt, "doch ein stärkerer Aufschwung wird von der anhaltenden Schwäche der Investitionen zurückgehalten".
Der IWF warnt daher die Bundesregierung, es mit der Sanierung des Staatshaushalts zu übertreiben. "Angesichts des schwachen Wachstumsumfelds und der beträchtlichen Risiken für den Ausblick ist es wichtig, eine Übertreibung der Haushaltskonsolidierung zu verhindern", rät der Währungsfonds.