Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht erhöhte Risiken für die Finanzstabilität und drängt die Politiker in der Eurozone zu mehr Eile bei der Bekämpfung der Schuldenkrise. Trotz einiger günstiger Entwicklungen an den Finanzmärkten sei das Vertrauen in das globale Finanzsystem "sehr fragil" geworden, warnte die Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die ihren Sitz in New York hat, in ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht. Größte Sorge der Investoren bleibe die Schuldenkrise in Europa, obwohl die Politiker beträchtliche Anstrengungen unternommen hätten, um deren Ängste zu lindern.
Die Furcht vor einem Zerfall der Währungsunion habe zu einem Rückzug des privaten Kapitals aus der Peripherie der Eurozone geführt. Diese Kapitalflucht und die Fragmentierung der Märkte bedrohe die Grundlagen der Union, nämlich die integrierten Märkte und die gemeinsame Geldpolitik.
Die Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Jahreswechsel und die Zusage ihres Präsidenten Mario Draghi im Juli, notfalls Staatsanleihen von Krisenländern in unbegrenzter Höhe zu kaufen, habe die größten Ängste der Investoren beseitigt und zu einer Erholung der Märkte geführt, erklärte der IWF.
Die Verzögerungen bei der Krisenlösung hätten die Beträge, mit denen bei einer Bilanzschrumpfung der Banken zu rechnen sei, erhöht. Die größte Last falle auf die Länder in der Peripherie des Euroraums, in denen eine Kombination aus geringer Kreditvergabe und staatlichen Sparmaßnahmen sehr starken Gegenwind für die Unternehmen erzeuge. "Es ist jetzt mehr Tempo nötig" zur Überwindung der Krise, mahnte der IWF.
Die Eurokrise habe zu Kapitalflüssen in sogenannte "sichere Häfen" geführt, insbesondere die USA und Japan, stellten die IWF-Experten fest. Obwohl diese Zuflüsse die staatlichen Finanzierungskosten in diesen Ländern gedrückt hätten, stünden die Regierungen vor großen Herausforderungen in der Fiskalpolitik.
In den USA drohe die "Haushaltsklippe" und Streit über die Heraufsetzung der offiziellen Schuldenobergrenze, was Unsicherheit erzeuge. Mittelfristig bleibe eine erhöhte Schuldendynamik die größte Besorgnis. Japan sei mit einem hohen Budgetdefizit und einem Schuldenberg in Rekordhöhe konfrontiert, und die Abhängigkeit zwischen den Banken und dem Staat wachse.
In beiden Ländern seien ohne weitere Verzögerungen Schritte zu einer mittelfristigen Rückführung der Defizite und der Schulden nötig. Die wichtigste Lehre in den vergangenen Jahren sei gewesen, dass die Ungleichgewichte angegangen werden müssten, bevor an den Finanzmärkten das Nervenflattern über die Kreditwürdigkeit beginne, mahnte der IWF.
Die Schwellenländer hätten bisher relativ ruhig und gekonnt durch die Krise gesteuert, müssten sich jedoch auf weitere potenzielle Schockwellen einrichten, empfahlen die IWF-Fachleute. Wegen der Abschwächung der Wachstumsdynamik könnten in den Schwellenländern zudem die Risiken für die Finanzstabilität steigen.
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Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumserwartungen für Deutschland im nächsten Jahr deutlich gesenkt. In ihrem Herbstgutachten, das am Donnerstag offiziell vorgestellt wird, rechnen sie für 2013 lediglich mit 1,0 Prozent Wachstum, wie das Handelsblatt unter Berufung auf informierte Personen berichtet. Vor einem halben Jahr hatten die Institute für 2013 noch 2,0 Prozent Wachstum vorhergesagt.
Für das laufende Jahr rechnen die Institute mit 0,8 Prozent Wachstum. Das wäre etwas weniger als die zuletzt geschätzten 0,9 Prozent. Ungeachtet der schwächeren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sehen die Institute dieses und kommendes Jahr einen annähernd ausgeglichenen Staatshaushalt. Dieses Jahr sei eine "schwarze Null", kommendes Jahr wegen der geplanten Steuersenkungen und der Reduzierung des Rentenbeitrags eine "rote Null" zu erwarten.
Die Institute rechnen damit, dass die Euro-Krise im Laufe des kommenden Jahres überwunden wird. Daher seien die Folgen für den deutschen Arbeitsmarkt begrenzt; die Arbeitslosigkeit werde 2013 wieder leicht sinken. Das Gutachten wird von vier Konsortien unter Federführung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, des Münchner ifo Instituts, des Essener Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung und des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle für die Bundesregierung erstellt. Die Regierung will ihre eigene Wachstumsprognose kommende Woche vorstellen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will bei der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Tokio Kreisen zufolge darauf drängen, die Eurozone nicht allein für die schwierige Lage der Weltwirtschaft verantwortlich zu machen. Zudem will Schäuble bei der Tagung am Freitag und Samstag und einem vorher stattfindenden Treffen der Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G-7) klarmachen, dass die Geldpolitik aus Sicht Berlins nur eine Lösung für kurzfristige Probleme sein kann, aber kein langfristiges Mittel der Krisenbewältigung ist.
Zwar seien die jüngsten Prognosen des IWF, der ein Risiko einer klaren Abschwächung der Weltwirtschaft sieht, "gut nachvollziehbar", hieß es aus dem Bundesfinanzministerium (BMF). "Aber wir werden natürlich auch als Europa und Deutschland darauf hinweisen, dass wir glauben, man kann nicht über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft reden, indem man nur über die Eurozone redet", betonte ein hochrangiger Beamter des BMF in Berlin. "Das betrifft die USA, Japan und andere Länder genauso, wie es Europa betrifft." Deshalb solle es in Tokio ein "faires, ausbalanciertes Bild" über die Probleme der Weltwirtschaft geben.
In seinem globalen Wirtschaftsausblick hat der IWF der Weltwirtschaft ein Wachstum von 3,3 Prozent in diesem und 3,6 Prozent im nächsten Jahr vorhergesagt und vor "alarmierend hohen Risiken" gewarnt. In der Eurozone soll die Wirtschaft aber in diesem Jahr um 0,4 Prozent schrumpfen und kommendes um 0,2 Prozent wachsen. Für Deutschland senkte der Währungsfonds seine Prognosen und erwartet nun ein Plus von 0,9 Prozent in beiden Jahren.
Mit der Geldpolitik könne man die Stabilität der Eurozone kurzfristig durchaus beeinflussen, "aber mittel- und langfristig geht dies nur über strukturelle Anpassungen", sagte der Beamte. "Wir werden nicht den Fehler machen, auf Kurzfristeffekte zu setzen", kündigte er an. Vielmehr werde Schäuble in Tokio darauf hinweisen, "dass nur mittel- und langfristige Anpassungen auf der globalen Ebene erfolgreich sein werden".
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der schwedische Ministerpräsident Frederik Reinfeldt lehnen bei der geplanten gemeinsamen Bankenaufsicht in Europa Schnellschüsse ab. Beide Politiker befürworten das Projekt generell, wollen aber die Einführung nicht übers Knie brechen. "Qualität ist wichtiger als Schnelligkeit", sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz vor dem Treffen mit ihrem Amtskollegen.
Reinfeldt sagte, sein Land halte den jetzt vorliegenden Vorschlag für unzureichend. "Es ist besser die Sache richtig zu machen, als durchzurauschen". Der Premier machte deutlich, dass er nicht akzeptieren werde, dass schwedische Banken für die Verluste anderer Geldhäuser haften sollen.
Die EU-Kommission will eine gemeinsame Bankenaufsicht ab 1. Januar nächsten Jahres einführen. Die Bundesregierung hält diesen Termin für verfrüht. Künftig soll die Europäische Zentralbank die Überwachung der Institute übernehmen. Gestritten wird noch darüber, ob sich alle EU-Länder an der Aufsicht beteiligen oder nur die Banken aus der Eurozone. Außerdem ist unklar, ob alle Geldhäuser von der EZB kontrolliert werden sollen oder nur die Großbanken.