Kommentar

Gold: Up, up for ever


Gold: Up, up for ever News

Die meisten sagen: Gold ist bei dem derzeitigen Preis von rund USD 1.500 je Feinunze zu teuer. Vor zehn Jahren lag der Goldpreis noch bei unter USD 300; vor fünf Jahren bei USD 600. Wer diese Preisbewegungen zumindest teilweise mitgemacht hat, sollte sich über die erzielten Gewinne freuen und Kasse machen. In keinem Fall sollte er neu investieren. Der berühmte Investor George Soros hat, wie jetzt bekannt wurde, ganz in diesem Sinn gehandelt und zuletzt in größerem Umfang Gold verkauft.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das völlig rational. Kein Preis steigt ewig. Gold hat zudem den Nachteil, dass es keine Zinsen abwirft. Es bringt im Gegenteil Kosten der Aufbewahrung mit sich.


Gold: Up, up for ever [In US Dollar je Feinunze, Januar 1950 – April 2011; Quelle: Bundesbank]
Gold: Up, up for ever [In US Dollar je Feinunze, Januar 1950 – April 2011; Quelle: Bundesbank]

Die Sache ist so einfach und plausibel, dass sie schon wieder fragwürdig erscheint. Tatsächlich haben sich die Kräfte hinter dem Goldmarkt in letzter Zeit verändert, sodass man neu nachdenken muss. Lassen wir die Nachfrage nach Industriegold und Schmuck außen vor und betrachten nur die Investmentnachfrage. Bisher waren es vor allem Privatanleger, die den Goldpreis nach oben trieben. Durch den starken Anstieg der Staatsverschuldung in den letzten Jahren nahm die Angst vor einer Hyper-Inflation mit anschließender Währungsreform zu. Die Investoren kauften Gold, um sich dagegen zu schützen. Gefragt war vor allem physisches Gold, insbesondere Münzen.

Ob das Kalkül am Ende wirklich aufgehen wird, weiß niemand. In der letzten Inflation in Deutschland, nach dem zweiten Weltkrieg, wäre Gold vergleichsweise wenig hilfreich gewesen. Da hätte man Brot beim Bäcker besser mit amerikanischen Zigaretten gekauft als mit Gold.

In Zukunft dürfte diese Nachfrage nachlassen. Der Bedarf der entsprechenden Klientel ist zunehmend gedeckt. Niemand legt sein gesamtes Vermögen in Gold an. Zudem gibt es Anzeichen, dass die Angst vor der großen Inflation nachlässt. In Europa werden die öffentlichen Defizite zurückgeführt. In den USA hofft man, dass das ebenfalls geschehen wird. Die Zentralbanken der Welt haben – vor allem in den Schwellenländern – deutlich gemacht, dass sie keinen stärkeren Anstieg der Inflation zulassen werden.

Das heißt aber nicht, dass die Goldnachfrage weniger wird. Es ist nämlich eine neue Nachfrage entstanden. Sie kommt von den Zentralbanken. Mexiko hat vor ein paar Wochen 100 Tonnen Gold gekauft. Russland erwarb schon im vorigen Jahr 135 Tonnen. Für China gibt es keine Zahlen. Es wird aber vermutet, dass auch das Reich der Mitte seine Goldreserven aufstockt. Dazu kommen Thailand und Venezuela, aber auch so arme Länder wie Bangladesh und die Philippinen.

Die Motive dieser Goldkäufe sind vielfältig. Zum einen steigen die Währungsreserven der Länder. Wenn der Anteil des Goldes an den Reserven nicht fallen soll, dann müssen sie mehr Gold erwerben. Zum Zweiten halten die Schwellenländer generell weniger Gold in ihren Reserven als die Industrieländer (5 % verglichen mit 40 %). Je weiter ihre Entwicklung voranschreitet, umso mehr orientieren sie sich in ihrem Verhalten an den Industrieländern. Sie wollen also auch mehr Gold. Zum Dritten gibt es unter den Schwellenländern eine starke Tendenz, sich vom US-Dollar zu emanzipieren. Das hat zum Teil politische Motive. Sie wollen von den USA unabhängiger sein. Es hängt aber wohl auch damit zusammen, dass das gegenwärtige dollarbasierte Weltwährungssystem immer mehr zerfällt und sich neue Strukturen eines multipolaren Systems herauskristallisieren. In einer solchen Übergangsphase macht es Sinn, mit Gold auf der sicheren Seite zu stehen.

Diese Art der Goldnachfrage ist vergleichsweise stabil. Sie wird, wenn es nicht gravierende Änderungen im Währungssystem gibt, anhalten – vielleicht sogar steigen. Das könnte den Goldpreis weiter nach oben treiben. Auch wenn man berücksichtigen muss, dass die Schwellenländer in ihrem Anlageverhalten eher noch cleverer sind als Privatanleger. Sie kaufen Gold nicht zu jedem Preis, sondern nutzen Marktschwächen.

In den Industrieländern sieht das etwas anders aus. Die Euroländer hatten nach der Einführung der Gemeinschaftswährung zunächst Gold verkauft. Mit der Gründung der Europäischen Zentralbank brauchten sie weniger "Vorsichtskasse" und suchten stattdessen mehr Ertrag aus ihren Währungsreserven. Seit der Eurokrise setzen sie wieder mehr auf Gold. In jedem Fall geben sie fast kein Gold mehr ab.  

Portugal wehrt sich mit Händen und Füßen, seine vergleichsweise hohen Goldreserven (380 Tonnen = USD 20 Mrd.) zur Finanzierung seiner finanziellen Schwierigkeiten zu nutzen.

Ob die Euroländer auch auf Dauer mehr Gold halten werden, ist freilich unsicher. Es könnte sein, dass sie nach Überwindung der Krise wieder Gold abgeben. Das dauert aber noch einige Zeit. Zudem wird es kaum so viel sein, um die Käufe der Schwellenländer zu kompensieren.



Autor: Dr. Martin W. Hüfner, Chief Economist, Assenagon Asset Management S.A.


[Bildquelle: iStockPhoto]


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