Die EU steht kurz davor, Managergehältern einen strikten Riegel vorzuschieben. Vertreter der EU-Mitgliedstaaten haben sich in der Nacht zum Donnerstag mit dem Europäischen Parlament auf eine Obergrenze für Bonuszahlungen geeinigt. Mit dem Vorstoß wollen sie die vermeintlichen Exzesse in Banken und Konzernen beenden.
Wie die Verhandlungspartner mitteilten, haben sie sich auf eine vorläufige Regelung geeinigt, nach der ein Bonus das Fixgehalt eines Bankers nicht mehr übersteigen darf. Die flexible Bezahlung könne bis auf das Zweifache des Grundgehalts angehoben werden, allerdings nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Aktionäre.
Ziel der Initiative ist es, die Anreize für jenes riskante Geschäftsverhalten zu verringern, das weithin als Mitauslöser für die Finanzkrise des Jahres 2008 gilt. Der Vorschlag ist Teil eines umfassenderen Gesetzes, das Kreditinstitute zu robusteren Kapitalreserven zwingen soll.
Der Vorstoß der EU passt gut in die Zeit. Am Sonntag werden die Schweizer in einer Volksabstimmung über einen umstrittenen Plan abstimmen, der Aktionären das letzte Wort über die Bezahlung von Vorständen geben würde.
Der 24-Punkte-Plan, über den in dem Schweizer Referendum abgestimmt wird, würde Aktionären die Möglichkeit geben, Gehälter zu blockieren. Sie könnten künftig auch so genannte goldene Handschläge und Fallschirme verbieten, die zu den üblichen Formen garantierter Gehaltspakete beim Abgang eines Managers zählen. Außerdem sollen Aktionäre mehr Transparenz bei Löhnen und Pensionen der Vorstände einfordern können. Bei Verletzungen der Aktionärsrechte soll es Geld- und Gefängnisstrafen geben.
Sollten die Initiativen in Brüssel und der Schweiz Erfolg haben, wäre dies der bisher stärkste Eingriff in die Entlohnungspolitik von Führungskräften in Banken und Unternehmen - ein Thema, das jahrelang als interne Angelegenheit eines Unternehmens galt.
Das Gehaltslimit der EU würde für alle europäischen Konzerne und Banken gelten sowie für die Tochterfirmen ausländischer Banken innerhalb der EU, erklärten Vertreter von EU-Parlament und Mitgliedstaaten. Nach ein paar Jahren soll die Vorschrift überprüft werden.
Abgeordnete des Parlaments, die die Bonus-Beschränkungen eingebracht und hart gegen eine Verwässerung der Vorschriften gekämpft hatten, zeigten sich sehr zufrieden mit der vorläufigen Einigung. "Der Reaktion der [Banken-] Branche nach zu urteilen, werden sie das spüren. Es wird auch die gesamte Entlohnung beeinflussen", sagte Philippe Lambert, Abgeordneter der belgischen Grünen, der zu den Verhandlungsführern des Parlaments gehörte. "Ich denke, es wird sie treffen."
Banken hatten vehement gegen solche Bonusknebel in Europa gekämpft. Sie fürchten einen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren Rivalen in den USA und anderswo, weil sie im Kampf um Talente weniger zu bieten hätten.
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Die Bundesregierung sieht nach dem Schweizer Votum gegen überzogene Managergehälter keinen akuten Handlungsbedarf in Deutschland. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies darauf, dass die EU-Kommission bis Jahresende einen Vorschlag vorlegen wolle, wonach die Aktionäre über die Vergütung der Spitzenmanager zu entscheiden haben.
Die Bundesregierung sehe diesem Vorschlag jetzt entgegen, sagte er. "In einer international vernetzten Wirtschaft ist es richtig, so etwas nicht national alleine zu betreiben, sondern in den größeren europäischen Zusammenhängen", betonte Seibert.
Gleichzeitig verwies Seibert darauf, dass bereits im Gesamtpaket zur Bankenregulierung Basel III Beschlüsse zur Begrenzung von Boni bei Bankern gefasst worden seien. "Das ist sicherlich ein erheblicher Schritt nach vorn", sagte Seibert.
"Es ist ganz klar, dass exzessive Gehälter in der Lage sind, bei vielen Menschen Misstrauen in unser Wirtschaftssystem zu säen", fügte der Regierungssprecher hinzu. Ein Sprecher des Wirtschaftsministerium unterstrich, dass manche Spitzengehälter bei börsennotierten Unternehmen durchaus fragwürdig seien. Umso wichtiger sei es deshalb, dass Aufsichtsräte ihrer Funktion gerecht würden.
Auch die FDP plädiert für eine Festlegung von Managergehältern durch die Aktionäre. "Die Eigentümer sollen entscheiden, wie viel ihre Manager verdienen sollen", erklärte FDP-Generalsekretär Patrick Döring nach einer Sitzung der Parteispitze. "Wir wollen starke Eigentümer und starke Aktionärsrechte", sagte Döring.
Die FDP setze sich dafür ein, dass die Vergütung von Führungskräften in börsennotierten Unternehmen von den Eigentümern entschieden werde "und nicht von Kungelgremien". Die Debatte über die Höhe von Managergehältern gehöre auf die Hauptversammlungen, dort seien die Eigentümer vertreten.
Eine entsprechende Festlegung will die FDP auch auf ihrem Bundesparteitag am Wochenende in Berlin treffen. In einem Antrag heißt es dort unter anderem, der Einfluss der Hauptversammlung auf die Vergütung des Managements solle gestärkt werden, "indem wir Vergütungen der Vorstände oberhalb bestimmter Rahmenvorgaben und Beträge an die Zustimmung durch die Gesellschafter knüpfen".
Die Grünen wollen über die Besteuerung Gehaltsexzessen ein Ende setzen. "Wir brauchen so schnell wie möglich eine Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Managergehältern auf 500.000 Euro", sagte Fraktionschef Jürgen Trittin Handelsblatt Online. "Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass der Steuerzahler in Deutschland für die Gehaltsexzesse der Chefetagen mitbezahlt", betonte der Grünen-Politiker.
In der Schweiz hatten sich die Bürger am Wochenende in einem Volksentscheid zu gut zwei Dritteln dafür ausgesprochen, dass Aktionäre und nicht die Konzernleitung die Gehälter der Manager festlegen sollen.
Großbritannien will dem EU-weiten Kompromiss zur Deckelung der Bonuszahlungen für Banker nicht zustimmen und droht damit von den anderen 26 Mitgliedsländern überstimmt zu werden. Das wäre ein unerhörter Vorgang und würde das angespannte Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und Brüssel weiter verschlechtern. Denn die geplanten Regeln könnten mit Zwei-Drittel-Mehrheit der Staaten beschlossen werden.
Weil die EU das große Mitgliedsland bei Entscheidungen gerne mit ins Boot holt, haben sich die Finanzminister ein Hintertürchen offen gelassen. Eigentlich steht der Kompromiss zur Begrenzung der Sonderzahlungen, trotzdem wurde er noch nicht verabschiedet, die Entscheidung vertagt. In den kommenden Wochen soll auf Botschafterebene doch noch irgendwie ein Kompromiss gefunden werden. Als dritte Partei ist das EU-Parlament an der Richtlinie beteiligt. Es unterstützt mit großer Mehrheit den Kompromiss und hat für die britische Haltung kein Verständnis.
"Der Spielraum ist aber sehr begrenzt", sagten der verhandlungsführende irische Finanzminister Michael Noonan und sein deutscher Kollege Wolfgang Schäuble unisono. "Irland hat den bestmöglichen Kompromiss mit dem Europäischen Parlament geschlossen", machte Noonan deutlich. Auch die EU-Kommission bleib hart: "Alle prinzipiellen Regeln wurden angenommen und werden sich nicht ändern", sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier.
Im Kern geht es darum, dass die Bonuszahlungen das jährliche Fixgehalt nicht mehr übersteigen sollen. In der Vergangenheit war der Bonus für Investmentbanker beispielsweise häufig vielfach höher als das Grundgehalt. Das soll es nicht mehr geben. Nur wenn die große Mehrheit der Anteilseigner einer Bank auf der Hauptversammlung öffentlich dafür stimmt, kann der Jahresbonus maximal doppelt so hoch sein wie das Festgehalt.
Großbritannien fürchtet Nachteile für seinen Finanzplatz London und will deshalb weiter hohe Boni erlauben. Die City sorgt sich, nicht mehr die besten Talente zu bekommen, wenn sie keine Löhne wie in New York zahlen darf. "Wir haben Bedenken, dass die Vorschläge dieser Richtlinie die festen Gehälter der Banker nach oben treiben werden und es schwieriger machen, Bonuszahlungen zurückzuhalten, wenn die Dinge daneben gehen", sagte Osborne während der Ministerrunde.
Den Diskussionen am Dienstag waren zehnmonatige Verhandlungen zwischen EU-Parlament und den Staaten vorausgegangen. Das EU-Parlament ist nicht bereit, den Briten entgegenzukommen. "Es gibt keinen möglichen Weg für ein einzelnes Land, die Gesetze zu blockieren", sagte Parlamentspräsident Martin Schulz.
Die Regelungen zu Gehaltsgrenzen sind Teil der EU-Gesetzgebung, um die Bankenbranche sicherer zu machen und einen Fast-Zusammenbruch wie 2008 zu verhindern.