Bankenverband warnt vor großem Risiken

Griechenland muss Gläubiger wohl zur Umschuldung zwingen


Griechenland muss Gläubiger wohl zur Umschuldung zwingen News

Die griechische Regierung wird beim Schuldenschnitt mit ihren privaten Gläubigern wohl nicht ohne Zwangsmittel auskommen. Beim laufenden Umtausch ihrer Staatsanleihen werde mit einer Beteiligung von lediglich 75 bis 80 Prozent gerechnet, sagten Personen mit direkter Kenntnis der Vorgänge zu Dow Jones Newswires. Damit zeichnet sich ab, dass die angestrebte Beteiligung von 90 Prozent verfehlt wird. Es sei deshalb damit zu rechnen, dass die Regierung die nachträglich geschaffene Möglichkeit einer Zwangsumschuldung nutzen werde.

Mit dem Anleihetausch will Griechenland mehr als die Hälfte seiner Schulden loswerden, die nach griechischem Recht begeben wurden und die einen Nominalwert von 177 Milliarden Euro haben. Die Gläubiger können das Tauschangebot bis Donnerstagabend (21.00 Uhr MEZ) annehmen.

"Alle beteiligten Parteien - Athen, die privaten Gläubiger, die Eurozone und der Internationale Währungsfonds - sind zuversichtlich, dass der Anleihetausch über die Bühne gehen wird", sagte ein Informant. "Aber die Collective Action Clauses werden wahrscheinlich nötig sein und aktiviert werden."

Das griechische Parlament hat nachträglich eine Klausel zur Zwangsumschuldung ins Anleihegesetz eingefügt. Bei einer unzureichenden Beteiligung an einer Umschuldung können alle Investoren von einer Mehrheit der Gläubiger zu einem Schuldenerlass gezwungen werden.

Griechenland hat für die Beteiligung eine Mindestquote von 90 Prozent zur Bedingung gemacht. Sollte sie nicht erreicht werden, hat Finanzminister Evangelos Venizelos bereits die Bereitschaft seiner Regierung bekundet, die Klausel für eine Zwangsumschuldung anzuwenden. Allerdings würde eine Zwangsumschuldung von den Ratingagenturen aller Voraussicht nach als Zahlungsausfall gewertet und damit die Kreditausfallversicherungen ausgelöst werden.

Bei einem Gläubigervotum müsste die Hälfte des betroffenen Kapitals vertreten sein. Für ein erfolgreiches Votum, das alle Gläubiger bindet, ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

In einem Minimumszenario bedeutet dies, dass von den 177 Milliarden Euro an betroffenen Griechenland-Anleihen mindestens 88,5 Milliarden Euro bei der Abstimmung repräsentiert sein müssten. Eine Zweidrittelmehrheit an diesem Quorum würde bei 59 Milliarden Euro erreicht werden.

Um hingegen einen Anleihentausch zu blockieren, müsste ein Drittel der Gläubiger gegen den Vorschlag stimmen. Somit könnten die Gläubiger von 29,5 Milliarden Euro den Tausch blockieren.

Nach den veröffentlichten Zahlen von Banken aus Griechenland, Zypern und den zwölf internationalen Instituten, die sich für den Anleihentausch ausgesprochen haben, besitzen diese Häuser beträchtlich mehr als 60 Milliarden Euro an griechischen Titeln. Deshalb gibt es in der griechischen Regierung einige Zuversicht, dass notfalls die Befürwortergruppe der Gläubiger den Blockierern ihren Willen aufzwingen kann.

Allerdings gilt diese Betrachtung nur für das Minimumszenario. Sollten deutlich mehr als 88,5 Milliarden Euro oder sogar die gesamten 177 Milliarden Euro bei dem Gläubigervotum vertreten sein, erhöhen sich die Summen beträchtlich. Die Zweidrittelmehrheit bei dem Maximumszenario beträgt 118 Milliarden Euro.

Zudem ist nicht bekannt, ob sich die Gegner des Anleihentausch organisiert haben und bei dem Gläubigervotum in großer Zahl auftreten, um eine Sperrminorität zu bilden. Sollte dieser Fall eintreten, halten Beobachter einen ungeordneten Zahlungsausfall Griechenlands für möglich.

In einem vertraulichem Memorandum vom Februar hatte der Internationale Bankenverband (IIF) gewarnt, dass aus einem "ungeordneten Zahlungsausfall Griechenland sehr große und schädliche Konsequenzen resultieren" würden. Zwar sei es schwierig, alle möglichen Risiken einzuschätzen, doch die Schäden könnten leicht die Summe von einer Billion Euro übersteigen, hieß es.

Ein erfolgreicher Anleihentausch ist Teil des zweiten Rettungspakets über 130 Milliarden Euro, das die internationalen Geldgeber Griechenlands vor kurzem beschlossen haben. Die Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank halten eine Rettung des Landes vor dem Zahlungsausfall nur dann für sinnvoll, wenn die Schuldenlast Griechenlands langfristig tragbar ist.

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /08.03.2012 08:00
+++ Griechenland kommt Umschuldung näher +++

Griechenland ist seiner Umschuldung einen Schritt näher gekommen. Am Mittwoch erklärten weitere private Gläubiger ihre Bereitschaft zum Schuldenschnitt. Das Krisenland könnte so den Deal erzwingen.

Am späten Mittwochabend waren bereits etwa 52 Prozent der insgesamt 206 Milliarden umfassenden Anleihen für die Umschuldung bestätigt. Portugiesische und britische Banken sowie italienische Versicherungen hatten sich zu dem Schnitt bereit erklärt. Auch griechische Pensionsfonds, die 19 Milliarden halten, sind einverstanden. Sie gehören zu einer 32-köpfigen Investorengruppe.

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Dass bereits 107 Milliarden griechischer Schulden abgedeckt sind, deutet darauf hin, dass Griechenland bis zum Donnerstag, 21 Uhr, zumindest so viele Gläubiger an Bord bekommt, dass der Schuldenschnitt für alle bindend wird.

Dabei werden existierende Staatsanleihen gegen neue Schuldtitel eingetauscht, die längere Laufzeiten haben und weniger als die Hälfte wert sind. Nur wenn der Umtausch gelingt, werden die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds dem Land neue Kredite über 130 Milliarden Euro gewähren, und nur so könnte Griechenland eine Zahlungsunfähigkeit vermeiden.
RiskNET Redaktion /09.03.2012 07:35
+++ Update +++

Griechenland hat das Ziel einer freiwilligen Anleiheumschuldung verfehlt. Nach Mitteilung der Regierung nahmen 85,8 Prozent der privaten Anleihegläubiger das Umtauschangebot der Regierung an. Nötig wären 90 Prozent gewesen. Griechenland wird nun die für diesen Fall vorgesehenen Umschuldungsklauseln aktivieren, wodurch sich die eine Beteiligung von 95,7 Prozent des ausstehenden Kapitals ergibt.
RiskNET Redaktion /09.03.2012 14:13
+++ FDP-Rebell Schäffler: Griechen trotz Schuldenerlass bald nicht mehr im Euro +++

Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler erwartet, dass Griechenland trotz des Schuldenerlasses spätestens im Herbst den Euro verlassen wird. "Ich gehe davon aus, dass Griechenland die Auflagen nicht erfüllen wird, und dass dann keine weitere Tranche ausgezahlt wird und Griechenland dann aus der Eurozone ausscheidet", sagte Schäffler zu Dow Jones Newswires. Dies werde "im Herbst spätestens" der Fall sein. Das Land hat sich für die jüngst zugesagten Hilfen zu umfangreichen Reformmaßnahmen und harten Sanierungsschritten verpflichtet.

Schäffler hat sich als einer der Euro-Rebellen der Liberalen bereits seit langem gegen Hilfen für das Land ausgesprochen und auch gegen die jüngsten Griechen-Hilfen gestimmt. Damit ist er in seiner Partei isoliert, in der er auch den von ihm initiierten Mitgliederentscheid gegen den Euro-Rettungsfonds ESM verloren hatte. Allerdings war auch eine Mehrheit der Deutschen gegen weitere Griechen-Hilfen. Vor der Bundestags-Zustimmung zum zweiten Hilfspaket über 130 Milliarden Euro hatten in einer Emnid-Befragung 62 Prozent gegen diese Hilfen votiert.

Schäffler sagte, nach der Zustimmung von 83,5 Prozent zum Schuldenschnitt müssten in jedem Fall die Umschuldungsklauseln aktiviert werden, und dies stelle unweigerlich ein Kreditereignis dar. "Ich wüsste nicht, was sonst ein Kreditereignis sein soll." Auch damit sah es der FDP-Politiker aber als "illusorisch" an, dass für Griechenland bis 2020 eine Verschuldung von 120,5 Prozent erreicht werden könne. "Die Annahmen sind viel zu positiv, und das wird nicht eintreten", sagte er.
RiskNET Redaktion /09.03.2012 14:15
+++ Berlin sieht Griechenland noch nicht über den Berg +++

Der gelungene Anleihetausch Griechenlands wird in Berlin zwar als ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung des Landes bewertet, über den Berg sieht man Griechenland allerdings noch nicht.

"Ausgestanden ist es auch jetzt auf gar keinen Fall", sagte der Unionsfraktionsvize Michael Fuchs Dow Jones Newswires. Damit könne nun aber die Sanierung Griechenlands beginnen. "Ich sage bewusst beginnen, denn es ist noch sehr, sehr viel zu tun", sagte Fuchs. An allererster Stelle müssten die Griechen wieder wettbewerbsfähiger werden, um irgendwann wirtschaftlich wieder so dazustehen, dass sie an den Markt zurückkommen könnten. Auch für Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ist mit dem vorliegenden Ergebnis ein wichtiger Schritt gelungen. Der Umtausch müsse nun zügig durchgeführt und das zweite Hilfsprogramm finalisiert werden. "Griechenland hat es selbst in der Hand, die Voraussetzungen zu schaffen, um wieder auf eigenen Beinen zu stehen", sagte Rösler.

Die griechische Regierung hatte am Freitagmorgen mitgeteilt, dass 83,5 Prozent der privaten Anleihegläubiger das Umtauschangebot der Regierung angenommen hätten. Nötig wären 90 Prozent gewesen. Griechenland will nun die für diesen Fall vorgesehenen Umschuldungsklauseln aktivieren, wodurch sich eine Beteiligung von 95,7 Prozent des ausstehenden Kapitals ergibt.

Der Unionsfinanzexperte Michael Meister wertet die umfangreiche Beteiligung des Privatsektors an dem freiwilligen Schuldenschnitt als ein gutes Signal des Vertrauens. "Das vereinbarte Gesamtpaket wird offensichtlich auch von dem Privatsektor als der richtige Weg gesehen, mit der die Stabilisierung Griechenlands gelingen kann", sagte Meister Dow Jones Newswires. Allerdings sei der Schuldenschnitt nur "ein erster Schnitt" und nur "ein Element". Griechenland müsse nun seine Schuldentragfähigkeit nachhaltig gewährleisten und die Reformen dringend umsetzen, sagte Meister. Es sei unbestritten, dass Griechenland noch viele Probleme zu lösen habe, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Union, Norbert Barthle zu Dow Jones Newswires. "Aber zumindest ist mittelfristig betrachtet der Höhepunkt dieser Krise überwunden", sagte Barthle.

Auch bei der Opposition wird der Schuldenschnitt als bedeutsam für die weitere Entwicklung in Griechenland beurteilt. Die hohe Bereitschaft privater Gläubiger, sich am griechischen Schuldenschnitt zu beteiligen, sei ein Zeichen der Hoffnung, dass es mit Griechenland wieder aufwärts gehen kann, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß. "Wir haben als Grüne schon immer gesagt, Griechenland kommt ohne Schuldenentlastung nicht auf die Beine", sagte der finanzpolitische Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen Gerhard Schick Dow Jones Newswires. Mit dem Anleihetausch sei jetzt ein entscheidender Schritt für die Schuldenentlastung Griechenlands endlich vollzogen. "Ich mache mir bloß keine Illusionen über die weitere Entwicklung, dass wir da noch schwierige Jahre in Griechenland und mit der Griechenlandfrage vor uns haben", räumte Schick ein.

Übereinstimmend wird erwartet, dass nach dem Schuldenschnitt die Eurofinanzminister nun das zweite Griechenlandhilfspaket freigeben werden. Mit der Umschuldung sei ein wichtiger Baustein erfüllt, der Voraussetzung für das Ingangsetzen des Hilfsprogramms sei, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Union, Norbert Barthle, zu Dow Jones Newswires. Er nehme daher an, das am Montag beim Treffen der Eurogruppe "die Finanzminister zu dem Ergebnis kommen werden, dass das Griechenlandpaket II freigegeben werden kann", sagte Barthle. Er halte es zudem für wichtig, dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) an diesem Paket finanziell und mit seiner Expertise beteilige.

Dass der Schuldenschnitt und das Hilfspaket die Pleite Griechenlands endgültig abwenden können, wird dennoch als weiter "offene" Frage angesehen, die ganz entscheidend von dem weiteren Handeln der Griechen abhänge. Wenn die Griechen wirklich bereit seien, alles umzusetzen, was sie versprochen hätten, könnte bei der jetzt gezeigten "Großzügigkeit" beim Schuldenerlass die Pleite durchaus abgewendet werden, sagte der Unionspolitiker Fuchs. Ob das gelinge, "kann ich heute nicht sagen", so Fuchs.

Die Politik in der Europäischen Union müsse sich endlich zu umfangreichen und mehrjährigen Wachstumsprogrammen für Griechenland durchringen. Der griechische Staat und die griechische Wirtschaft müssten durch entschlossenes Agieren und durch Reformen ein völlig neues Aussehen erhalten, sagte der SPD-Politiker Poß. Wenn das alles passiere, wird aus Sicht von Poß eine ungeordnete Zahlungsunfähigkeit Griechenlands nicht nur aufgeschoben, sondern dauerhaft verhindert.

Auch der Grünenpolitiker Schick geht davon aus, dass nicht zum letzten Mal über Griechenland gesprochen worden sei. "Was die Zukunft bringen wird, ist noch offen", sagte Schick. Es sei relativ plausibel, dass noch ein zusätzliches Maßnahmenpaket für Griechenland notwendig werde. "Ich sehe noch nicht, dass die Griechen 2014 an den Kapitalmarkt kommen, und dass die Haushaltssanierung so erfolgreich ist - auch angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung dort-, dass man die Pläne erfüllen kann", sagte Schick. Es sei davon auszugehen, dass irgendwann auch noch einmal die öffentlichen Gläubiger herangezogen würden.
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