Unternehmensleiter wie Vorstände und Geschäftsführer sowie Aufsichtsräte von Kapitalgesellschaften haften praktisch unbeschränkt und persönlich mit ihrem gesamten privaten Vermögen, wenn sie bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit schuldhaft ihre Pflicht verletzt haben. Die Haftung besteht gleichermaßen gegenüber dem Unternehmen wie gegenüber Dritten. Im Aktien- und im GmbH-Gesetz sollten Unternehmen deshalb verpflichtet werden, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer gegen das hohe Haftungsrisiko bei verschuldeten Pflichtverletzungen zu versichern, meint der Wirtschaftsanwalt Prof. h.c. Dr. Martin Notthoff (Foto unten) von der Kanzlei Göhmann Rechtsanwälte.
Notthoff sagte auf einer Veranstaltung, zum Beispiel gebe es unter Berücksichtigung der Eigenkapitalisierungsregeln nach Basel II zumindest eine faktische Pflicht für Unternehmen, eine entsprechende „Directors & Officers-Versicherung“ abzuschließen. Der Jurist verwies darauf, dass sich in jedem Fall das Ausfallrisiko von Bankkrediten erhöhe, falls eine solche nicht besteht. Das Rating des betreffenden Unternehmens würde sich somit verschlechtern - „ein erheblicher Grund für eine faktische Pflicht zum Versicherungsabschluss“, so Notthoff. Der Wirtschaftsrechtler widersprach der Auffassung, ein solcher Versicherungsschutz sei ein Geschenk, das angesichts hoher Managervergütungen ungerechtfertigt sei. „Da ist nichts dran, denn kein Manager hat durch eine D&O-Versicherung einen Vorteil für seine private Lebensführung. Sein Gehalt bleibt ja sowohl ohne als auch mit einer Versicherung gleich. Rechtlich sichert die Versicherung zwar seine eigene Haftung ab, faktisch haftet er aber nur, weil er für die Gesellschaft tätig war - und nicht zu privaten Zwecken“, betonte Notthoff.
An Kirch-Klage gegen Breuer erinnert
Ein weiteres, gewichtiges Argument für eine Abschlusspflicht sind nach Meinung des Wirtschaftsanwalts die Treue- und Fürsorgepflichten zwischen der Gesellschaft und ihren Organen. Hieraus könne sich schon eine Pflicht der Gesellschaft zum Abschluss einer D&O-Versicherung für ihre Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ergeben. Notthoff: „Haftungsfälle können ruinöse Folgen haben. Kein noch so hohes Vorstandssalär steht in einem Verhältnis zu den denkbaren Schadenssummen – diese können schnell ein Vielfaches betragen“. Der Anwalt erinnerte in diesem Zusammenhang an die Klage des Medienunternehmers Leo Kirch gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank, Rolf Breuer. Wenn ein Unternehmen, um handlungsfähig zu sein, sich einerseits des Vorstandes und Aufsichtsrates bediene, müsse es andererseits dafür sorgen, dass die damit verbundenen Risiken minimiert werden. Zumindest sei die Gefahr eines wirtschaftlichen Bankrotts abzuwenden, so Notthoff. Dies sei mit einer Managerhaftpflicht-Versicherung ohne weiteres möglich. Der Wirtschaftsrechtler erinnerte daran, dass von einer D&O-Versicherung keine vorsätzlich herbeigeführten Schäden abgedeckt würden, sondern nur die Risiken, die ein Vorstand zugunsten der Gesellschaft eingehe. Unternehmen „schenken“ nach Notthoffs Worten ihrem Vorstand also keine umfassende Handlungsfreiheit, sondern sie sichern nur Schäden ab, die der Vorstand fahrlässig, aber eben nicht vorsätzlich verursachen könnte.
„Die Organe handeln ja nicht zum eigenen Zweck, sondern die Gesellschaft handelt durch diese. Damit ist es im Rahmen der Fürsorgepflicht gerechtfertigt, dass die Gesellschaft ihre Organe vor den Folgen einer persönlichen Haftung schützt“, sagte Notthoff. Er betonte, die Gesellschaft übernehme ja nicht die Haftung ihres Vorstandes, sondern trage nur die nötigen Vorsorgeaufwendungen. Weigere sich eine Gesellschaft, ihre Geschäftsleitung entsprechend zu versichern, so sei sie ihr im Haftungsfall zum Schadenersatz verpflichtet, erklärte der Wirtschaftsanwalt. Sollten Ansprüche gegen Verantwortliche erhoben werden, müsse das Unternehmen diese dann so stellen, als ob es eine Versicherung für sie abgeschlossen hätte.
Manager sollten auf Versicherungsklausel in Verträgen bestehen
Notthoff riet allen Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und Aufsichtsräten, in jedem Fall so genannte “D&O-Versicherungsverschaffungsklauseln” in ihre Verträge aufnehmen zu lassen. Bei deren Abfassung solle sehr darauf geachtet werden, welchen sachlichen, finanziellen und zeitlichen Umfang die Versicherung habe und welche Haftungsausschlüsse und welche Selbstbeteiligung vereinbart werden sollen. Empfehlenswert sei, sorgfältig sämtliche auf dem Markt befindlichen Versicherungsangebote zu vergleichen und das der persönlichen Risikobereitschaft entsprechende Angebot herauszusuchen.
Berechnungsgrundlage für die Prämienhöhe seien in der Regel Kennziffern wie die Bilanzsumme, der Umsatz oder andere, berichtete Notthoff. Neben der Größe seien auch die Tätigkeitsart sowie die Struktur des Unternehmens maßgeblich. Zusätzlich spielten auch dessen Alter sowie Aspekte wie Eigenkapitalausstattung und Markterfahrung eine Rolle. Wesentlich wird die Versicherungsprämie nach Notthoffs Angaben durch die Höhe der Deckungssumme bestimmt. Einfluss haben aber auch die Risikoausschlüsse und die Höhe des Selbstbehalts. Der neue Honorarprofessor an der FH Hannover nannte als beispielhaften Richtwert für eine Jahresprämie eine Spanne von 3.000 bis 7.000 Euro bei einer Bilanzsumme von 25 Mio. Euro und einem bis zu 5 Mio. Euro betragenden Schutz pro Schadensfall. Wolle man eine doppelt so hohe Absicherung, erhöhe sich die Prämie auf etwa 4.500 bis 10.500 Euro.