Einen Tag nach der Warnung der schweizerischen Großbank UBS vor möglichen Milliardenverlusten durch einen Händler richtet der Finanzmarkt den Blick auf das Risikomanagement der Bank und mögliche Konsequenzen. Am Donnerstagmorgen hatte die Bank mitgeteilt, ein Londoner Händler habe mit eigenmächtigen Geschäften voraussichtlich 2 Mrd USD Verlust gemacht, die die UBS im dritten Quartal in die roten Zahlen führen könnten.
Am frühen Freitagmorgen kündigte die Ratingagentur Moody's eine Überprüfung der Bonitätsbewertung an. Wegen des anhaltend schwachen Risikomanagements denke sie über eine Herabstufung des Langfristratings ("Aa3") nach. Der Handelsverlust nähre Zweifel an den Kontrollen und dem Risikomanagement des Instituts, so die Analysten. Außerdem will die Agentur die Folgen des Skandals für das Ansehen der Bank prüfen, vor allem für deren Geschäft mit Privatkunden und die Vermögensverwaltung.
Auch nach Ansicht von Analyst Frank Braden von S&P Equity Research werfen die eigenmächtig geschlossenen Geschäfte des Händlers Fragen zum Risk Management auf. Dabei sei die UBS doch gerade dabei gewesen, von der Erholung ihrer Reputation zu profitieren, urteilte Analyst Frank Braden von S&P Equity Research. Für das laufende Jahr senkte er seine Gewinnerwartung um 45% und prognostizierte für das dritte Quartal ein Minus von 400 Mio CHF. Die Kapitalausstattung der UBS sei im Kern jedoch weiterhin gut und besser als bei den Mitbewerbern.
Die Großbank hatte am Kapitalmarkt und bei ihrer teils hoch vermögenden Kundschaft in den vergangenen Jahren der Finanzkrise viel Vertrauen und Glaubwürdigkeit eingebüßt. Spekulationen mit strukturierten Wertpapieren zwangen die Bank zu insgesamt 50 Mrd USD Abschreibungen. Nachdem das Zürcher Institut nur mit Staatshilfe gerettet werden konnte, setzte der neue CEO Oswald Grübel auf ein neues Risikomanagement und Gehaltsstrukturen, die nicht zur Übernahme unkalkulierter Risiken verführen.
Allerdings ist auch mit der allerbesten Risikokontrolle aus Expertensicht nie völlig zu verhindern, dass Händler aus Selbstüberschätzung oder krimineller Energie heraus eigenmächtig handeln. Nach Ansicht von Tom Kirchmaier, Wissenschaftler an der London School of Economics, sind Banken zwar sehr hoch entwickelte Unternehmen. Es fehle aber oft an einfachen Dingen wie einer klaren Regelung, welcher Mitarbeiter wofür verantwortlich sei und an wen er regelmäßig berichten müsse.
Das Scheitern des UBS-Managements, den Londoner Eigenhändler zu kontrollieren, könnte nicht nur für die schweizerische Großbank sondern auch für alle US-Banken Konsequenzen haben. In den USA stehen die endgültigen Vorschriften des unter dem Namen "Volcker Rule" bekannten Verbots besonders risikoreichen Eigenhandels noch nicht fest und der neuerliche Händlerskandal bietet Anlass, eine weitere Verschärfung der Entwürfe zu fordern. "Die großen Banken sind so groß und kompliziert geworden, dass selbst ihr eigenes Management die eingegangenen Risiken nicht vollständig überblicken und kontrollieren kann", kritisierte die US-Verbraucherschutzvereinigung Americans for Financial Reform am Donnerstag.
Unterdessen veröffentlichen britische Medien erste Details über den verdächtigten Händler. Der Mann, der am frühen Donnerstagmorgen von der Polizei in London verhaftet worden war, soll seit 2006 im europäischen Wertpapiergeschäft der UBS mit dem Handel von börsennotierten Fondsanteilen beschäftigt gewesen sein, berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf eine mit dem Sachverhalt vertraute Person. Wie es weiter hieß, sei der Händler in einem Bereich tätig gewesen, der mittels Computerhilfe risikoarme Handelsstrategien verfolge.
[Bildquelle: iStockPhoto]
Kommentare zu diesem Beitrag
Die schweizerische Großbank UBS plant einem Pressebericht zufolge eine deutliche Verkleinerung ihres Investmentbankings. Die Pläne, die den Abbau von mehreren Tausend Stellen vorsehen, sollen auf dem Investorentag am 17. November veröffentlicht werden, berichtet der schweizerische "Tagesanzeiger" am Freitag unter Berufung auf Unternehmenskreise.
Im August hatte die UBS bereits eine Senkung der Kosten um 2 Mrd CHF bis Ende 2013 angekündigt, was den Abbau von 3.500 Stellen zur Folge haben wird. Das Investmentbanking sei zu 45% betroffen, hieß es seinerzeit.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass ein hauseigener Händler dem Institut mit eigenmächtigen Geschäften einen Milliarden-Verlust eingebrockt hat. Es sei möglich, dass die UBS im dritten Quartal rote Zahlen ausweisen werde, musste Bank einräumen.
Für etwas Beruhigung an den Märkten dürfte eine Mitteilung der UBS sorgen, wonach alle Positionen aus den unautorisierten Handelsgeschäften im Bereich Global Synthetic Equity in London abgedeckt sind. Am Markt kursierten im Wochenverlauf Sorgen, eine rasche Auflösung der ungewollten Positionen könnte zu Marktverwerfungen führen, wie sie sich im Fall Jerome Kerviel bei der Societe Generale gezeigt hatten.
Wie die schweizerische Großbank jedoch am Sonntag mitteilte, sind mittlerweile die verbuchten Positionen identifiziert und die entstandenen Risiken voll abgedeckt. Damit gebe es keine offenen Positionen mehr, bestehende Kontrakte seien komplett gehedgt, teilte ein UBS-Sprecher auf Anfrage von Dow Jones Newswires mit. Eine Reduktion des Positionsvolumens würde sich damit gleichmässig über den Markt verteilen. Das Aktiengeschäft laufe nun wieder normal innerhalb der vormals festgelegten Risikolimite.
Mit der Identifizierung der verbuchten Positionen kann die UBS nun auch den entstandenen Verlust beziffern - er beträgt 2,3 Mrd USD. Er sei durch den unautorisierten, spekulativen Handel mit Aktienindex-Futures im S&P500, DAX und EuroStoxx im Verlauf der letzten drei Monate entstanden.
Die dabei eingegangen Positionen hätten sich innerhalb des für eine globale Aktienhandelsfirma üblichen Rahmens bewegt, wenn sie Teil eines korrekt abgesicherten Portfolios gewesen wären, heißt es von der UBS. "Wir sind weiter in einer laufenden Untersuchung", sagte der UBS-Sprecher: "Für uns ist es extrem wichtig zu verstehen, wie diese Umgehungen vorgenommen werden konnten".
Die tatsächliche Dimension des Risikoengagements sei dadurch verfälscht worden, dass die Positionen im UBS-System abgesichert wurden. Diese Absicherung habe jedoch nur aus fiktiven Forward-Transaktionen in Cash-ETFs bestanden, die der Händler zum Schein getätigt hätte. Durch diese fiktiven Transaktionen sei die Tatsache verdeckt worden, dass die Risikolimite der UBS durch den Handel mit den Index-Futures überschritten wurden.
---Nein,
sonst wäre der Fehler ja unentdeckt geblieben.....
Wahrscheinlich hat aber ein Kunde seine Marginanforderungen eingefordert,
---Ja,
Zu starke Aufspaltung im Abschlussprozess:
Einer schließt den Handel ab,
der andere macht den Papierkram,
der dritte informiert das RM,
der vierte im Audit,
Besser wären klare Befugnisse, Handelsbeschränkungen und entsprechende Risikolimits.
Ausserdem muss einer Händler haftbar für seine Geschäfte sein. Schließlich hat das Geschäft eingefädelt, also hat der den Papierkram zu erledigen, das RM zu informieren, dann das Audit. Wenn alle Ok´s vorliegen, kann das Geschäft durchgeführt werden.
Die Schweizer Großbank UBS sucht einem Magazinbericht zufolge nach einem Nachfolger für ihren CEO Oswald Grübel. Der Manager sei gebeten worden, das Institut zu verlassen, berichtet das Schweizer Magazin "Bilan" am Mittwoch. Derzeit liefen Gespräche über einen möglichen Nachfolger und sobald eine Entscheidung getroffen sei, werde der Abgang des CEO mitgeteilt, sagte eine dem UBS-Verwaltungsrat nahe stehende Quelle dem Magazin.
Grübel sei nach den Rufen nach seinem Rücktritt und dem drastischen Rückgang des Aktienkurses zunehmend besorgt, so Bilan weiter. Der Quelle zufolge hätten sich die Gespräche bei der UBS über einen Austausch von Grübel nach dem Betrugsskandal beschleunigt.
Ein Sprecher der UBS AG wollte die Informationen nicht kommentieren.
Die von einem Händlerskandal erschütterte UBS AG hält an ihrem Brokerage-Geschäft in den USA fest. "Die Vermögensverwaltung bei der UBS ist global aufgestellt und ein Grundpfeiler des integrierten Geschäftsmodells des Unternehmens", erklärten Präsident Kaspar Villiger und der amtierende CEO der schweizerischen Großbank, Sergio Ermotti, in einer internen Mitteilung an die Mitarbeiter. "Nochmal, dieses Geschäft steht nicht zum Verkauf."
Bereits am Wochenende hatte die Bank ihren Mitarbeitern in einem internen Schreiben versichert, dass sie den neuen Marktbedingungen für die Branche der Finanzdienstleistungen trotz der "enormen Herausforderungen" in den kommenden Monaten gewachsen sei.
Am Samstag war UBS-CEO Oswald Grübel zurückgetreten und hatte damit die Konsequenzen aus dem Handelsskandal gezogen, durch den der Bank ein Verlust von 2,3 Mrd USD entstanden war. Der Verwaltungsrat hat vorübergehend Sergio Ermotti, der bislang das UBS-Geschäft in der Region Europa geleitet hatte, zum CEO ernannt. Die UBS will sowohl intern als auch extern nach einem permanenten Nachfolger für Grübel Ausschau halten. Eine Entscheidung sei bis Frühjahr 2012 möglich.