Sie bewegen Milliarden-Beträge an den internationalen Finanzmärkten, sind als Aktionäre Element der Entscheidungsstrukturen namhafter Konzerne und agieren im Spannungsfeld großer Chancen und Risiken - die Hedgefonds. Vor diesem Hindergrund werden die Stimmen kritischer Beobachter lauter, die mit Blick auf die Branche mehr Transparenz und Kontrolle fordern. Zu Recht?
Pro: Dr. Edgar Meister, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank
Unbestritten leisten Hedgefonds positive Beiträge für die Finanzmärkte. Sie verbessern die Effizienz der Märkte, indem sie beispielsweise den Preisbildungsprozess fördern und Risiken tragen, zu deren Übernahme andere Akteure nicht bereit sind. Mit zunehmendem Anlagevolumen der Hedgefonds hat sich aber auch das Risikopotenzial für das internationale Finanzsystem, das vom Zusammenbruch eines oder mehrerer Hedgefonds ausgehen kann, beträchtlich erhöht.
Initiativen des Privatsektors, die insbesondere auf die verstärkte Offenlegung von Informationen gegenüber Investoren und Geschäftspartnern, die Weiterentwicklung der Risikomanagementsysteme sowie die Stärkung der Infrastruktur abzielen, sind positiv zu sehen. Ergänzend hierzu wäre es wünschenswert, dass sich die Hedgefonds-Industrie selbst einen Code of Conduct gibt, der wichtige Aspekte wie z.B. Best Practices zu Corporate Governance, zum Risikomanagement und zur Transparenz beinhaltet. Die einzelnen Fonds sollten nach dem Prinzip "Comply or Explain" die Erfüllung dieser Anforderungen öffentlich kommunizieren.
"Selbstregulierung Plus"
Der Vorschlag, den Ratingagenturen eine Rolle bei der Schaffung von mehr Transparenz über die von Hedgefonds ausgehenden Risiken zuzuweisen, ergänzt das Instrumentarium zur Stärkung der Marktdisziplin; man kann auch von "Selbstregulierung Plus" sprechen. Manche Hedgefonds verfügen bereits über ein Credit Rating und befürworten diesen Ansatz, andere sind zögerlicher. Qualifizierte externe Ratings sollten über eine reine Performanceanalyse hinaus bestimmte Risikoaspekte einbeziehen, die - z.B. in Form einer mehrstufigen Skala - das Risikoprofil von Hedgefonds mit Blick auf die Finanzmarktstabilität abbilden. Dabei könnten folgende Punkte eine Rolle spielen: die Qualität des Risikomanagements, die Funktionsfähigkeit der operationellen Infrastruktur, der Leverage in Bezug zur Investmentstrategie, das Liquiditätsrisiko unter Berücksichtigung der Lock-up-Fristen der Investoren sowie die eingegangenen Konzentrationsrisiken.
Solche Ratingberichte könnten sowohl für Investoren und Kontrahenten als auch für Zentralbanken und Aufsichtsbehörden wesentliche Erkenntnisse über die mit den Geschäften der Hedgefonds verbundenen Risiken liefern. Zwar müssten derartige Ratings auf Freiwilligkeit beruhen. Doch könnte die freiwillige Akzeptanz eines Ratingprozesses in den Code of Conduct eingehen. Die Hedgefonds-Branche würde damit den legitimen Interessen von Zentralbanken und Aufsichtsbehörden nach mehr Transparenz ein gutes Stück entgegenkommen. Zugleich würden die Hedgefonds mehr Mitverantwortung für den Erhalt der Stabilität des internationalen Finanzsystems übernehmen. Gerade Hedgefonds sollten vertrauensbildende und stabilitätsfördernde Beiträge liefern, da sie vom Finanzsystem besonders profitieren.
Contra Achim Pütz, Vorstandsvorsitzender des BAI, Bundesverband Alternative Investments
Wiederholt haben sich deutsche Finanzaufseher auf internationaler Ebene für eine stärkere staatliche Regulierung der Hedgefonds ausgesprochen, in der Absicht, hierdurch die nach Ansicht der Finanzaufseher in Gefahr geratene Stabilität des internationalen Finanzsystems zu sichern. Diese Debatte der Finanzaufseher übersieht zum Teil, dass Hedgefonds im internationalen Finanzgefüge eine wichtige Funktion erfüllen, indem sie mit ihrer Absolute Return-Strategie Risiken übernehmen, die andere Investoren scheuen, und insbesondere junge und komplexe Märkte mit Liquidität versorgen.
Die Nutzung von Marktintransparenzen als Korrektiv zu traditionellen Anlageformen ist wichtiger Bestandteil stabiler Kapitalmärkte. Antizyklisches Verhalten der Hedgefonds bildet ein wichtiges Gegengewicht auf überhitzten Märkten. Andererseits ist eine weltweite Kooperation oder ein abgestimmtes Vorgehen von staatlichen Finanzaufsichtsbehörden bei der Hedgefonds-Regulierung derzeit nicht erkennbar. In diesem Kontext hat die Bundesbank unlängst vorgeschlagen, Transparenz als ein wesentliches Kontrollinstrument durch Ratingagenturen herzustellen, und schiebt damit eben jenen Agenturen die Kontrollaufgabe zu.
Wer kontrolliert die Ratingagenturen?
Diese Idee verspricht jedoch im Hinblick auf die Kontrolle der Finanzmarktstabilität wenig Erfolg. Zum einen würde die Herstellung von Transparenz an einen kleinen Kreis von privaten Ratingunternehmen weitergereicht werden, die selbst keiner aufsichtsrechtlichen Kontrolle unterworfen sind. Der Einfluss der Ratingagenturen auf die Finanzmarktindustrie würde weiter zunehmen, und das, obwohl die Aufsichtsbehörden noch vor kurzem diskutierten, ob Ratingagenturen wegen ihrer Macht nicht auch staatlich reguliert werden müssten.
Ratings erstrecken sich unter anderem auf die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens oder eines Fonds. Die Ratings über eine Reihe von Hedgefonds müssten nach den üblichen Maßstäben der Bonitätswächter insoweit meist schlecht ausfallen, da es zur Strategie verschiedener Hedgefonds gehört, Risiken einzugehen und diese Risiken mit dem Einsatz von Krediten und Derivaten zu hebeln.
Um zuverlässige Aussagen über die Stabilität des Finanzsystems zu machen, müssten diese Informationen außerdem nicht nur einheitlich erhoben, sondern auch zentral gesammelt und ausgewertet werden. Ob das dem Oligopol der Ratingagenturen besser gelingt als Aufsichtsbehörden, zu deren Kerngeschäft derartige Erhebungen gehören, darf bezweifelt werden.
In Wahrheit überdeckt der Vorschlag der Bundesbank das Kernproblem: Es gibt keinen internationalen Konsens darüber, ob und gegebenenfalls wie Hedgefonds reguliert werden sollen. Und ohne Einbindung der USA und Großbritanniens werden kontinentaleuropäische Vorschläge ohnehin wenig Aussicht auf Erfolg haben. Auf den Markt von Single-Hedgefonds könnte sich ein Rating nach international anerkannten einheitlichen Standards möglicherweise durch die Verbreiterung der Investorenbasis positiv auswirken. Die durch das Rating geschaffene Transparenz könnte den Anreiz für ein Direktinvestment in Singlefonds insbesondere für institutionelle Investoren jenseits der Dachfonds erhöhen. Viele Singlefonds wären dann nicht mehr auf Investitionen durch wenige große Dachfonds angewiesen. Soweit der Singlefonds bereits Gelder eines Dachfonds verwaltet, wurde er bereits regelmäßig einer umfassenden Due Dilligence-Prüfung durch den Dachfonds unterzogen. Orientieren sich die Rating-Standards an den Due Dilligence-Standards der Dachfonds, so wird das Rating für den Singlefonds kaum mit zusätzlichem Aufwand verbunden sein.
[Quelle: Die Bank]