In der Folge der Finanzkrise haben insbesondere die Kontrahentenrisiken eine deutlich höhere Aufmerksamkeit erfahren und auch entsprechende Schritte von Seiten der Regulatoren ausgelöst. "Die elementaren Schwierigkeiten bei der Beherrschung von Risiken lagen in der jüngeren Vergangenheit nicht im klassischen Kreditrisikomanagement, sondern im eigenen Handelsgeschäft der Banken", weiß Risikomanager Carsten Bergmann von der Bonner Much-Net AG vor Mitgliedern des Düsseldorfer Finanz Forums (DFF). Hier legen die Finanzaufseher nun ein verstärktes Augenmerk auf die Aktivitäten der Institute.
Die neue EU-Verordnung EMIR (European Market Infrastructure Regulation) schreibt Banken vor, außerbörslich gehandelte Derivate über zentrale Gegenparteien abzuwickeln. Diese Regelung betrifft nach Schätzungen mehr als 90 Prozent des gesamten Derivatehandels, der laut Berechnungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) weltweit die Rekordmarke von insgesamt 708 Billionen Euro erreicht hat. Praktische Schwierigkeiten offenbaren sich auf zwei Ebenen: Einerseits müsse das Kontrahentenrisiko bestimmt und andererseits richtig bepreist werden (im Zuge eines so genannten Credit Valuation Adjustment, CVA). Das Kontrahentenrisiko aus einem bilateral mit einem Geschäftspartner abgeschlossenen OTC-Geschäft bestehe zunächst einmal in der Gefahr des Ausfalls des Kontrahenten. Die Höhe des Exposures sei im Gegensatz zu einem klassischen Kredit aber nicht deterministisch, sondern hänge vom jeweiligen Marktwert des Geschäfts zum Zeitpunkt des Ausfalls ab. Nur wenn dieser positiv ist, besteht ein Kontrahentenrisiko und folglich ein Kontrahentenexposure in genau der Höhe des positiven Marktwertes, der den Wiedereindeckungsaufwand zum Ausfallzeitpunkt des Kontrahenten bezeichnet. Die andere Herausforderung sei das Pricing. Erschwerend wirkt hier der Umstand, dass sich die Preisberechnung in der Regel aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Wichtig sei dabei insbesondere die Generierung von Marktszenarien (CVA-risikoneutrale Szenarien), die Positionsbewertung, Aggregation und das Netting, erklärt Bergmann. Hinzu komme die Berücksichtigung von Collaterals, die Berechnung des Exposure-Profils für jedes potenzielle Szenario sowie die Ermittlung des Exposure nach den definierten Anforderungen. Dieses Verfahren sei so kompliziert, dass die Preisstellungen verschiedener Banken mitunter massiv divergierten. Nach Ansicht von Bergmann ist eine intelligente Quantifizierung von Kontrahentenrisiken nur durch einen integrierten Ansatz möglich.
[Bildquelle: iStockPhoto]