Wirtschaftsminister Habeck gab zuletzt doch noch einen positiven Ausblick, nachdem die Erwartungen für das Wachstum immer weiter zurückgeschraubt worden sind. Statt von 0,2 Prozent Wachstum spricht er im Frühjahr nun von 0,3 Prozent.
Diese Trendwende von der Rezession zu einem hauchdünnen Wachstum begründete er mit der Erholung des Welthandels. Das reicht von einem Plus beim Einkaufsmanager-Index für die wichtigsten deutschen Absatzmärkte über den S&P-Global-Indikator bis zum Containerumschlag. Sicher ist Deutschlands Wirtschaft, die Industrieproduktion, stark abhängig von der Entwicklung der Exportmärkte. Gerade die zuletzt rückläufige Produktion der Industrie wird Impulse zum Wiedererstarken vom Welthandel erhalten. Wie aber stellt sich die aktuelle wirtschaftliche Situation der großen Zahl kleiner und mittlerer Unternehmen dar? Diese agieren in der Mehrheit regional, gerade auch die prägenden Dienstleister und Handelsunternehmen sind wirtschaftlich eher lokal engagiert. Eine Antwort darauf gibt der aktuelle Creditreform Geschäftsklimaindex (CGK).
Stimmung weiter verhagelt
Hier stehen die Zeichen leider auf Stagnation, wenn nicht sogar auf weiteren Rückgang. Der Index errechnet sich aus den Antworten der Mittelständler zu den Auftragseingängen, den Umsätzen, der Ertragslage und der Personalsituation. Diese fließen zu einem Gesamtindex zusammen. Er ist unterteilt in die Werte zur aktuellen Lage und zu den Geschäftserwartungen. Die Hoffnungen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz teilt der Klimaindex nicht.
Die aktuelle Situation stellt sich noch einmal schlechter da als im Vorjahr, wenn per Saldo eine Bewertung von minus 9,6 Punkten zu Buche schlägt. Immerhin waren es im Frühjahr 2023 noch minus 4,8 Punkte. Die Hoffnung stirbt zuletzt – so bleibt der Index für die Erwartungen im positiven Bereich. Mit 7,2 Punkten positiver Erwartungen liegt er allerdings um 6,1 Prozentpunkte unter dem Wert des Vorjahres. Ein Vergleich mit den Vorkrisenjahren macht das Ausmaß des Pessimismus deutlich. 2018 lag der Geschäftserwartungsindex bei 38,6 Punkten, 2019 bei 30,5 Punkten. Den bisher geringsten Wert hatte mit 10,8 Punkten bei den Erwartungen das Frühjahr 2020 mit dem ersten Lockdown zu verzeichnen. Auch bei der Bewertung der aktuellen Lage gab es 2021 den ersten negativen Ausschlag mit einem Wert von minus 10,1 Punkten. Ein Zwischenhoch 2022 hob auch die Indexwerte des Mittelstandes. Sowohl bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage mit plus 12,5 Punkten als auch bei den Geschäftserwartungen mit plus 17,6 Punkten wurde das Hoch in den Krisenjahren seit 2020 markiert. Zusammengenommen sind die Saldenpunkte bei der aktuellen Geschäftslage wie auch bei den Geschäftserwartungen zum ersten Mal für den gesamten historischen Creditreform Geschäftsklimaindex bei einem Minuswert von 1,4 Punkten angelangt. Bisher – selbst im Krisenjahr 2020 – lag er immer noch im positiven Bereich. Zum Vergleich gab es im Jahr 2018 ein Plus von 28,1 Punkten und 2019 plus 22,2 Punkte für den CGK.
Jimdo von ifo
Näher als die Aussagen der Politik zum Welthandel und der Lage in der Industrie kommen für die vielen kleinen Unternehmen in Deutschland nicht nur der Geschäftsklimaindex von Creditreform, sondern auch ein ähnlicher Index des ifo Instituts. Der sogenannte „Jimdo-ifo-Index“ fokussiert Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen. Auch Creditreform mit der Mittelstandsbefragung orientiert sich eher an kleinen als an mittleren Unternehmen. Rund 20 Prozent haben höchstens fünf Beschäftigte und auf der anderen Seite zählen nur gut 17 Prozent mehr als 50 Mitarbeiter. Und so wundert es nicht, dass auch das ifo Institut titelt: „Unsicherheit dämpft die Stimmung der Selbstständigen“. Der Klimaindex sank im März auf minus 15,6 Punkte, nachdem er bereits im Februar bei minus 14,6 Punkte stand. „Während in der Gesamtwirtschaft zweimal in Folge ein Rückgang der Unsicherheit zu beobachten war, nahm diese bei den befragten Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmen im März zu. Ihre laufenden Geschäfte bewerten sie schlechter. Auch für das kommende halbe Jahr erwarten sie Einbußen“.
Keine Rede von Investitionen
Die Aussagen von Befragten, die auf die Stimmungslage schließen lassen, sind nur eine Seite der Medaille. Zum Schwur kommt es, wenn nach den Investitionen gefragt wird. Hier zeigt sich, wie zuversichtlich oder pessimistisch man tatsächlich agiert. Das ifo Institut spricht davon, dass sich die Zurückhaltung der Selbstständigen auch in ihrem Investitionsverhalten widerspiegelt. Demnach plant ein knappes Drittel, im laufenden Jahr weniger zu investieren. Nur jeder Sechste werde die Investitionen erhöhen. Auch Creditreform kommt zu dem Schluss, dass die Investitionsneigung unter den schwierigen Rahmenbedingungen leidet. Aktuell geben nur 43,9 Prozent der Befragten an, dass sie im nächsten halben Jahr investieren wollen. Im Vorjahr waren es noch 52,8 Prozent, die Investitionen auf der Agenda hatten. Man muss schon bis zur Finanzkrise (2009) zurückzugehen, um einen ähnlich geringen Wert bei der Investitionsbereitschaft im Mittelstand zu finden. Erweiterungsinvestitionen stehen noch bei 51,7 Prozent in der Planung, meist geht es aber um Ersatz (60,4 Prozent). Die Unsicherheit hat zugenommen. Neben der fehlenden Notwendigkeit wird sie von 26,9 Prozent der Befragten am häufigsten genannt, wenn es um die Zurückstellung eines Investitionsvorhabens geht. Im Vorjahr waren es noch 18,2 Prozent, die die schlechten Aussichten für das Scheitern einer Investition verantwortlich machten.
[Quellen: Creditreform Risikomanagement-Newsletter vom 5. Mai 2024 | Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Creditreform, ifo Institut]