Was für ein Gegensatz: Jeder Anlageberater empfiehlt heute Immobilien. Die Zahl der Märkte, in denen man aber mit gutem Gewissen investieren kann, ist nach wie vor gering. So attraktiv und gleichzeitig so unterschiedlich waren die Immobilienmärkte selten. Sie sind attraktiv, denn der Kauf von Häusern und Wohnungen bietet einen fast perfekten Schutz gegen Inflation und Währungsunruhen. Er wirft eine ordentliche Rendite ab (normalerweise rund vier Prozent). Er lässt sich bei geringem Kapitaleinsatz zu niedrigen Zinsen finanzieren. Das erhöht den Inflationsschutz, weil die Hypotheken in Zeiten steigender Preise mit einem Geld zurückbezahlt werden können, das weniger wert ist. Zudem erhöht sich dadurch die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital. Nicht selten steigt dann die Rendite in den zweistelligen Bereich.
Bei der Umsetzung dieser Überlegungen in die Praxis muss man freilich den richtigen Markt erwischen. Es gibt nach wie vor Märkte mit fallenden und mit steigenden Preisen. Zudem muss die Grundannahme einer Inflation in Zukunft richtig sein. Bei Deflation lägen die Immobilieninvestoren falsch. Japan hat vorgemacht, was dann alles passieren kann. Ein weiteres Risiko ist, dass Immobilien meist längerfristige Engagements sind, bei deren Erwerb die Transaktionskosten höher sind. Man kauft Wohnungen oder Häuser nicht wie Aktien. Daher kann man auch nicht so schnell auf Marktveränderungen reagieren. Das gilt, wie sich in der Finanzkrise schmerzlich gezeigt hat, auch für Fonds. Im Übrigen sind die legalen Bedingungen für den Erwerb von Häusern regional sehr unterschiedlich, so dass sich der Investor vorher genau informieren sollte.
Hier ein paar Hinweise, in welchen Regionen die Risiken für Immobilieninvestments vertretbar sind, und wo man sicher besser noch zurückhält. Am gefährlichsten ist es derzeit in Asien. In Hongkong liegen die Hauspreise nach der Statistik des Economist derzeit um 28 Prozent über dem Vorjahr. In der Boom-Region um Shanghai könnten die Steigerungen sogar noch höher sein. Das ist eindeutig eine Blase, getrieben durch die hohe Kreditgewährung der Banken und die überhitzte Konjunktur. Der frühere Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds, Kenneth Rogoff, rechnet damit, dass die Immobilienblase in China bald platzt. Es gibt immer mehr Meldungen von sinkenden Hauspreisen.
Nicht empfehlenswert ist derzeit auch der Immobilienmarkt in Spanien. Hier ist die Blase bereits geplatzt. Die Hauspreise steigen nicht mehr, sondern gehen zurück, zuletzt im Landesdurchschnitt um 4,7 Prozent. Ein großes Angebot an leer stehenden Wohnungen und Häusern drückt auf den Markt. Bei schlechter Konjunktur und hoher Arbeitslosigkeit ist keine so schnelle Besserung zu erwarten. Hinzu kommt die schwierige Lage der spanischen Sparkassen, die nicht genügend Mittel haben, um in Schwierigkeiten geratene Schuldner über Wasser zu halten. Sie drängen eher zum Verkauf der Objekte oder zur Zwangsversteigerung.
Auf der Kippe steht der britische Häusermarkt. Hier ist der starke Preisrückgang der vergangenen Jahre (noch im 1. Quartal 2009 -16,6 %) zu Ende. Die Preise steigen wieder (1. Quartal 2010 +8,7 %). Es ist aber unsicher, ob dies schon die Wende ist. Zum Teil erhöhen sich die Preise nur, weil in den letzten Jahren so wenig gebaut wurde. Nach wie vor ist die Arbeitslosigkeit hoch. Das Wirtschaftswachstum ist schwach. Die Regierung zieht alle Register, um die öffentlichen Defizite zu reduzieren.
In den USA ziehen die Hauspreise im Landesdurchschnitt wieder an (+5 %). Freilich gibt es nach wie vor erhebliche Unterschiede. In Kalifornien geht es schon wieder kräftig nach oben, in Las Vegas oder Teilen Floridas geht es eher nach unten. Die Konjunktur hat den Tiefpunkt hinter sich. Die Regierung tut alles, um den von der Immobilienkrise besonders betroffenen Haushalten zu helfen. Andererseits liegt die Arbeitslosigkeit noch bei 10 Prozent. Zudem drückt das Angebot von Häusern, die zur Zwangsversteigerung anstehen, auf den Markt. Ich rechne bestenfalls mit einer leicht nach oben gerichteten Seitwärtsbewegung der Preise. Ein nochmaliger leichter Einbruch ist auch nicht auszuschließen. Vorsicht vor Investitionen in amerikanischen Gewerbeimmobilien. Hier ist das Schlimmste noch nicht erreicht.
In Europa außer Spanien und Großbritannien ist die Lage gemischt. In Nordeuropa (Norwegen, Schweden, Finnland) sieht es relativ gut aus. Die Häuserpreise steigen. Es gibt keine größeren Übertreibungen. Dagegen gibt es in Irland, aber auch in Osteuropa nach wie vor erhebliche Probleme. Schwierig ist die Lage vor allem im Baltikum, in Slowenien, Bulgarien und Rumänien. Polen ist stabil. Woran die Märkte leiden, ist die notwendige Liquidität. Sie brauchen Investoren.
Besser sieht es in den Ländern aus, in denen es in den letzten Jahren keine Übertreibungen nach oben gegeben hat und wo sich auch die Konjunktur in moderaten Bahnen bewegt. Das sind zum Beispiel die Schweiz, Österreich oder auch Deutschland. In der Schweiz erhöhen sich die Häuserpreise nach den Erhebungen des Economist derzeit landesweit um 4,9 %, in Deutschland um 1,8 % (für Österreich gibt es diese Zahl nicht, sie dürfte aber nicht viel anders sein). Das Wirtschaftswachstum ist maßvoll (2010 +2 %). Die Arbeitslosigkeit belastet nicht zu sehr. Die Zinsen sind nach wie vor niedrig. Die Märkte sind fundamental nicht überbewertet, sondern eher etwas zu billig. Mit besonders großen Preissteigerungen sollte aber nicht gerechnet werden.
Zudem muss man als Anleger auch hier aufpassen. Denn es gibt je nach Region in den Ländern erhebliche Unterschiede. In Deutschland beispielsweise gehen die Immobilienpreise in Teilen Nordbayerns, Hessens und Niedersachsens sowie in den neuen Bundesländern nach wie vor zurück und die weiteren Aussichten sind gedämpft. Umgekehrt werden den Verkäufern in Berlin oder München gute Objekte aus der Hand gerissen. Generell: Alle Regionen, in denen es aufgrund von demographischen Wanderungsbewegungen zu einem Bevölkerungszuwachs kommt, verfügen über einen besseren Immobilienmarkt. Häuser und Wohnungen sind ja nicht nur Investitionsobjekte. Sie müssen ja auch bewohnt sein.
Autor: Dr. Martin W. Hüfner, Chief Economist, Assenagon Asset Management S.A.
[Bildquelle: iStockPhoto]
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