Nachhaltigkeit, die. Ein Begriff, der in vielen Fällen fast schon abgegriffen wirkt und teils zu einer reinen Sprechblase verkommt. Der Duden deutet den Begriff unter anderem als ein "Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann". Was im Grunde einleuchtend klingt, wird spätestens seit Beginn der Industrialisierung nicht mehr beachtet. Und so leben vor allem die Menschen der ersten Welt seit Jahrzehnten auf Kosten der Umwelt und der Menschen in ärmeren Ländern. Der Fingerzeig gilt dabei nicht nur auf die USA oder China, sondern auch auf Deutschland. Doch zum Thema des nachhaltigen Lebens und Wirtschaftens gehört mehr als nur weniger zu konsumieren oder "grün" zu produzieren. Nachhaltigkeit im Unternehmensalltag bedeutet heute mehr denn je eine Vielzahl an Bereichen, Themen und Aspekten in die strategische Ausrichtung der Organisation einzubeziehen.
Vor diesem Hintergrund erläuterte Andreas Kempf, Head of Corporate Auditing, Risk and Quality Management, Carl Zeiss AG, die unternehmerische Perspektive auf das Thema Nachhaltigkeit. Ein Blick in den United Nations Global Compact verdeutlicht, dass zu einem nachhaltigen Tun neben dem Umweltschutz weitere Faktoren kommen – seien es Menschrechte, Arbeitsbedingungen oder die Korruptionsbekämpfung. Themen, die bei Unternehmensverantwortlichen zwingend auf der Agenda stehen müssen. Kempf verweist in diesem Zusammenhang auf den Corporate Governance Kodex und darauf, dass der Vorstand und Aufsichtsrat der Verpflichtung nachkommen müsse, für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen. Risikomanager Kempf umschreibt es als die Ausrichtung an den Unternehmensinteressen, die als grundsätzliche Anforderungen zu verstehen seien. "Es geht um das Überleben", umschreibt Kempf das Ganze etwas überspitzt. Oder doch nicht? Seinen Ausführungen folgend würden nur 1,5 Prozent aller Unternehmen älter als 100 Jahre, wohingegen das Durchschnittsalter der Unternehmen bei rund 18 Jahren liege. Wichtig sei seiner Meinung nach die erforderliche Anpassung des Geschäftsmodells inklusive einer kontinuierlichen Innovation zur Absicherung der Unternehmung über die Zeit unerlässlich. Keine leichte Aufgabe mit Blick auf gescheiterte Unternehmen und deren Geschäftsmodelle. Als Beispiel nennt Kempf den Fall Nokia, wobei viele andere Firmen zitierfähig wären.
Hinzu kommt ein weiterer Faktor, nämlich das "Gefangen sein in der Bilanz", wie Kempf es nennt. Dahinter kann der Hemmschuh des jeweiligen Geschäftsmodells stecken. Der Risikomanager vergleicht in diesem Zusammenhang Tesla mit VW. Während Tesla auf der grünen Wiese mit seiner Produktion startet und eine schlanke Innovationsstrategie fährt, schleppt der Volkswagenkonzern eine immense Produktionsgröße mit einem dementsprechenden Anlagevermögen mit sich herum. Nach Kempf könne das die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens hemmen. Und das schlägt sich auch auf die Innovationskraft nieder. "Die Wertschöpfung hat sich geändert", so Kempf. Und er ergänzt: "Es geht heute um Netzwerke und Beziehungen statt um Kapital und hard assets." In diesem Kontext gehe es seiner meiner Meinung nach auch darum, das eigene Geschäftsmodell zu testen und zu bewerten. Denn nur mit Innovation als Triebfeder lässt sich die Zukunft der eigenen Organisation sichern.
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