Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat seine Wachstumsprognose für dieses Jahr gesenkt und vor erheblichen Risiken für die weitere Entwicklung gewarnt. Für 2019 erwarten die Berliner Ökonomen nun eine Steigerung des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,5 Prozent, nachdem sie im Juni noch ein Plus von 0,9 Prozent vorausgesagt hatten. "In den kommenden beiden Jahren dürften sich - vorausgesetzt die erheblichen politischen Risiken materialisieren sich nicht - die Wachstumsraten mit jeweils 1,4 Prozent in etwa in der Größenordnung des Trendwachstums bewegen", erklärte das DIW, das bisher für 2020 mit einem BIP-Zuwachs um 1,7 Prozent gerechnet hatte.
"Deutschlands wirtschaftliches Fundament bröckelt bedenklich", warnten die Forscher. Die Produktionsleistung der auf den Export spezialisierten deutschen Industrie sinke seit nunmehr einem Jahr deutlich. Es fehle vor allem die Nachfrage aus dem europäischen Ausland - allen voran aus dem Vereinigten Königreich und Italien. Bisher stütze eine kräftige Binnennachfrage die Wirtschaft - dank der günstigen Beschäftigungsentwicklung und einer Finanzspritze für die privaten Haushalte zu Jahresbeginn weiteten diese ihren Konsum kräftig aus.
Forderung nach einem Investitionsprogramm
Auch die Unternehmen hätten zumindest im ersten Vierteljahr noch rege in den Ausbau ihrer Produktionskapazitäten investiert, und die Bauwirtschaft habe erneut einen Rekord bei den Auftragsbeständen verbucht. "Allein deshalb rechnet das DIW Berlin in diesem Jahr überhaupt noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent", hob das Institut hervor.
Das Fundament des Wachstums hierzulande bröckele vor allem wegen der großen wirtschaftspolitischen Risiken. Das DIW forderte deshalb eine "auf eine nachhaltige Stärkung des Produktionspotenzials ausgerichtete" Wirtschaftspolitik. Eine Investitionsagenda zur langfristigen Modernisierung des Standorts würde nicht nur die Zukunftsperspektiven der Unternehmen stärken und deren Investitionsneigung unmittelbar erhöhen, auch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschland würde steigen.
"Deutschland braucht in diesen schwierigen Zeiten einen Anker der Stabilität durch ein langfristiges Investitionsprogramm der Bundesregierung", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Statt sich über die niedrigen Zinsen zu beklagen, sollte die Politik diese als Chance verstehen, um klug in die Zukunft zu investieren." Nötig sei eine Verlagerung der finanzpolitischen Prioritäten weg vom öffentlichen Konsum hin zu mehr öffentlichen Investitionen. Die Politik dürfe die vielen wirtschaftlichen Risiken für Deutschland nicht ignorieren, "sondern sollte auch in Europa und für den Brexit mehr Verantwortung übernehmen", forderte Fratzscher.