Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hat die Bereitschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) zu weiteren Staatsanleihekäufen und zur Übernahme der Bankenaufsicht im Euroraum bekräftigt. Zugleich geht aus dem vorab verbreiteten Text einer für 18.00 Uhr angekündigten Rede in Hamburg hervor, dass entscheidende Details des Kaufprogramms noch offen sind.
Zu Begründung der geplanten Anleihekäufe sagte Asmussen demnach: "Die Risikoprämien, die von Investoren in Staatsanleihen verlangt werden, spiegeln mittlerweile nicht nur das Insolvenzrisiko einzelner Staaten wider, sondern sogar ein Wechselkursrisiko, das es theoretisch in der Währungsunion nicht geben dürfte." Das heiße, dass die Märkte ein Auseinanderbrechen des Euroraums einpreisten. "Solche systemischen Zweifel sind dramatisch - und für die Europäische Zentralbank nicht akzeptabel. Nur eine Währung, an deren Bestand es keinen Zweifel gibt, ist eine stabile Währung."
Asmussen bekräftigte die von EZB-Präsident Mario aufgestellte Forderung, dass die EZB nur parallel mit dem Rettungsfonds EFSF und dem späteren ESM tätig werden dürfe. Dazu müsse ein Staat einen Hilfsantrag stellen und umfangreiche wirtschaftspolitische Auflagen erfüllen. Eine andere Äußerung Asmussens deutet aber darauf hin, dass eine andere, von Draghi vorgebrachte Forderung in der EZB nicht unumstritten ist: Die, dass vor der EZB zunächst EFSF oder ESM am Primärmarkt Staatsanleihen gekauft haben müssen. Asmussen bekräftigte die Bedingung zwar, kennzeichnete sie aber als "meine Meinung".
Trotz des gemeinschaftlichen Handelns von Rettungsfonds und Zentralbank wird die EZB ihre Unabhängigkeit laut Asmussen bewahren können. Ein Hilfsantrag bei EFSF oder ESM sei nur die notwendige Bedingung für ein Tätigwerden der EZB, sagte Asmussen und stellte klar: "Der EZB-Rat wird weiterhin in voller Unabhängigkeit entscheiden, ob, wann und wie die EZB Anleihen auf dem Sekundärmarkt erwirbt. Mit diesem Verfahren kann sichergestellt werden, dass das betroffene Land auch alle notwendigen und vereinbarten Reformmaßnahmen umsetzt."
Außerdem wird das neue Programm laut Asmussen so aufgestellt sein, dass das Problem der Wahrnehmung eines bevorzugten Gläubigerstatus der EZB angegangen wird. "Denn diese Wahrnehmung erschwert den betroffenen Ländern eine Rückkehr an den Kapitalmarkt, weil private Investoren ihren Status als unsicher empfinden und sich vom betroffenen Land abwenden", erläuterte er. Schließlich wird die EZB im Rahmen des neuen Programms nur noch Anleihen mit kurzen Laufzeiten kaufen.
Das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied bekräftigte auch die Bereitschaft der Zentralbank, sich der Bankenaufsicht im Euroraum anzunehmen. Voraussetzung sei allerdings, dass das primäre Mandat der Preisstabilität und die Unabhängigkeit unangetastet blieben und dass die EZB mit den notwendigen Instrumenten ausgestattet werde.
"Das heißt insbesondere Zugang zu allen notwendigen Informationen, Eingriffsrechte und wie erwähnt das Recht, nicht lebensfähige Banken zu schließen. Ohne diese Mindestausstattung wird die EZB keine Verantwortung übernehmen, das Risiko für den Ruf der Institution wäre zu groß", erläuterte Asmussen. Der stärkeren parlamentarischen Kontrolle einer europäischen Bankenaufsicht bei der EZB stehe man "aufgeschlossen gegenüber".
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