Der Risk Management Award 2006 geht in der Kategorie "Diplomarbeiten" an Henry Dannenberg von der Technischen Universität Dresden sowie in der Kategorie "Dissertationen" an Roland Feik von der Universität Innsbruck. Dannenberg hat sich dem Management von Mitarbeiterrisiken in Unternehmen (Theoretische Grundlagen und Entwicklung eines praxistauglichen Erfassungs- und Auswertungsverfahrens) zugewandt, Feik einem elektronisch gestützten Risikomanagement im Bauwesen (Konzept eines elektronisch gestützten Chancen- und Gefahrenmanagementsystems für Auftraggeber). Überzeugt hat die Jury vor allem der hohe Grad an Kreativität sowie das Know-how und Engagement der Preisträger. "Herr Feik hat gezeigt, wie eine wissenschaftlich ansprechende Arbeit zugleich einen hohen praktischen Nutzen bieten kann. Im Rahmen der Arbeit wurde ein methodischer Ansatz für das Risikomanagement in der Bauwirtschaft entwickelt, der dann auch durch eine Software unterstützt wird. Der Ansatz von Herrn Feik sensibilisiert dabei die Notwendigkeit, im Rahmen des Risikomanagements sowohl Gefahren (mögliche negative Planabweichungen) als auch Chancen (mögliche positive Planabweichungen) gleichermaßen zu erfassen", so Jury-Mitglied Dr. Werner Gleißner. Ein Schwerpunkt der Arbeit bilden Methoden, die eine Integration des Risikomanagements in bestehende Organisationsprozesse unterstützen und dabei ein hohes Maß an Akzeptanz des Risikomanagements bei den betroffenen Mitarbeitern ermöglichen. Die für die Bestimmung des Gesamtrisikoumfangs entwickelten Methoden der Risikoaggregation berücksichtigen dabei auch die meist unbefriedigende Datenlage, in der beispielsweise "Wahrscheinlichkeiten zweiter Ordnung" zugelassen werden, d.h. die Mitarbeiter des Unternehmens müssen keine Punktschätzung für das Eintreten von Risiken angeben, sondern es reicht, Intervalle für die Eintrittswahrscheinlichkeit zu spezifizieren - was für die praktische Umsetzung wesentlich einfacher ist.
Neue Kategorie im nächsten Jahr
Die Diplomarbeit von Henry Dannenberg wurde angeregt durch ein wesentliches Forschungsergebnis des Projektes "Sachsen Rating", das die Universität Dresden, das IAWW und die WIMA GmbH für das Land Sachsen durchgeführt haben. Im Rahmen des Projektes wurde ermittelt, dass bei den betrachteten mittelständischen Unternehmen das Risiko des möglichen Ausfalls von Schlüsselpersonen (z.B. des Unternehmers) eine besondere Relevanz aufweist - aber von den betroffenen Unternehmen nur sehr schlecht quantifiziert werden kann. Dannenberg hat in seiner Diplomarbeit basierend auf einer Vielzahl von Veröffentlichungen und verfügbaren Statistiken Verfahren entwickelt, die beispielsweise helfen, die Häufigkeit von Mitarbeiterfluktuation und die Wahrscheinlichkeit für einen Ausfall von Mitarbeitern durch Berufsunfähigkeit oder Tod abzuschätzen. Das im Rahmen der Diplomarbeit entwickelte Software-Tool unterstützt dabei die Quantifizierung dieses Schlüsselpersonen-Risikos und erlaubt die Berücksichtigung einer Vielzahl von Charakteristika der betrachteten Schlüsselpersonen (wie z.B. Alter, Ausbildung, sowie verschiedene Charakteristika bezüglich Gesundheit und Lebensgewohnheiten). Dannenberg (Foto Mitte) nahm den Preis auf der Jahrestagung der RMA Risk Management Association e.V. (RMA), dem deutschen Berufsverband der professionellen Risikomanager, in Ismaning bei München entgegen. Der mit 1.000 Euro dotierte Preis wird einmal im Jahr vergeben und gemeinsam mit der RMCE RiskCon GmbH ausgeschrieben. Er wird u.a. in Kooperation mit der Fachzeitschrift RISIKO MANAGER vergeben. Teilnehmen können Verfasser von Bachelor-, Master-, Diplom- oder Promotionsarbeiten, die sich mit Risikomanagement befassen. Im nächsten Jahr wird der RMA-Risikomanagement-Preis zusätzlich in einer dritten Kategorie vergeben, nämlich für die beste Praxislösung im Risikomanagement.
Jahrestagung unter dem Motto "Risikofaktor Mensch"
Die RMA-Jahrestagung 2006 wurde unter dem Rahmenthema "Risikofaktor Mensch" ausgetragen. Zahlreiche Beiträge sowie eine Podiumsdiskussion näherten sich dem Human Factor bzw. dem OpRisk-Management aus mehreren Perspektiven. Einerseits standen insbesondere die qualitativen Anforderungen an das Berufsbild des Risk Professionals im Fokus der Experten. Dabei hat sich gezeigt, dass die berufliche Praxis von entscheidender Bedeutung ist, darüber hinaus aber auch die Relevanz der institutionalisierten Risikomanagement-Ausbildungen an den Universitäten und Hochschulen zunimmt. Andererseits standen vor allem jene Anforderungen bzw. Maßnahmen im Zentrum der Diskussion, die aus Terrorismusfinanzierung, Korruption, Geldwäsche, Betrug oder Wirtschaftskriminalität erwachsen. Klar ist: Zum Risikomanagement gehört in immer größerem Maße auch die Betrugsbekämpfung. Obwohl grundsätzlich alle Branchen betroffen sind, gibt es dabei erkennbar risikosensitive Wirtschaftszweige, die in jüngster Zeit vermehrt Opfer bandenmäßigen Betrugs geworden sind. Dazu gehört z.B. die Leasingbranche oder die Geldtransporteure, deren Branche durch die jüngsten Skandale bei Heros, Arnolds und GWS besonders hart getroffen ist. Während die einen den Fraud-Faktor im Risikomanagement eher für vernachlässigbar halten oder an andere Stellen im Unternehmen delegieren, richten Risk-Profis nun verstärkt auch auf die Betrugsbekämpfung ihr Augenmerk, so z.B. durch Einführung einer Evidenzdatenbank. Dabei wird durch die systematische Erfassung und Kommunikation von Informationen eine Beurteilung des einzelnen Geschäftspartners vorgenommen und für Risiko-Zwecke verwertet.
Fraud-Aspekt gewinnt zunehmend an Bedeutung
Erkannt ist ferner, dass sich die vorsätzliche Angabe von falschen Informationen zur Vorbereitung einer Betrugsstraftat jüngst im Konsumenten-Kreditgeschäft von Banken oder in der Telekommunikationsindustrie zunehmend zum Problem ausweitet. Wie sich dabei die Erkennungsgenauigkeit verbessern und eine effektive Betrugsprävention in die Auftragsbearbeitung integrieren lässt, ohne die Bearbeitungsgeschwindigkeit oder den Dienst am Kunden für den schnellen Kapitalertrag zu opfern, ist eine der zentralen Fragen der Branche. Experten auf der Konferenz empfehlen dazu, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, bevor der Schaden evident geworden ist, d.h. gleich bei der Antragstellung. Vor allem Ungereimtheiten innerhalb des Antragformulars selbst, der Abgleich von Anträgen mit der Gesamtheit der vorhandenen Daten sowie die Überprüfung der Antragsdetails gegen interne und externe Datenquellen spielen dabei eine Rolle. Verdächtige Fälle werden dann dem Anti-Betrugssystem übergeben, wobei das Untersuchungsergebnis nachvollziehbar dokumentiert wird. Darüber hinaus kommt dem ständigen Monitoring der Betrugsfälle eine besondere Bedeutung zu. Regelbasierte Software-Programme, die Antragsvergleiche grafisch darstellen, Dupletten verifizieren und Treffer vergleichen, helfen dabei, Ausfälle zu minimieren.
Weiche Qualifikationen gefragt
"Die Diskussionen haben gezeigt, dass Risikomanagement ein äußerst komplexes Themenfeld darstellt. Dementsprechend müssen Risikomanager heutzutage über eine breite Palette an Fähigkeiten und Qualifikationen verfügen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden", sagt Dr. Roland F. Erben, Vorstandsvorsitzender der RMA und Mitinitiator der Veranstaltung. Neben einer fundierten fachlichen Ausbildung seien insbesondere "weiche Qualifikationen" wie Kommunikationsfähigkeit, soziale Kompetenz und nicht zuletzt auch das rechte Maß an Bauchgefühl erforderlich. Die Jahreskonferenz solle hier als Plattform zum interdisziplinären Austausch dienen, so Erben, und wird auch im kommenden Jahr fortgeführt.