Die Bundesbank hat mit Blick auf die wirtschaftliche Abkühlung in China und mögliche Folgen für die Weltwirtschaft sowie das globale Finanzsystem vor übertriebenen Ängsten gewarnt. In China normalisierten sich die Wachstumsraten derzeit, aber selbst Raten von womöglich sechs Prozent seien "immer noch ein starkes Wachstum", sagte Bundesbankvorstandsmitglied Joachim Nagel im Interview mit der Börsen-Zeitung.
Die starken Einbrüche an Chinas Börsen seien eine Korrektur nach den "rasanten" Anstiegen der vergangenen Jahre. Finanzmärkte seien "typischerweise keine Einbahnstraßen", sagte Nagel. Die Entwicklung in China habe weltweite Ausstrahleffekte, "weil die internationalen Finanzmärkte inzwischen eng vernetzt seien, meinte Nagel, der im Bundesbankvorstand den Bereich Finanzmärkte verantwortet.
Er dämpfte Sorgen, dass aus China die nächste globale Finanzkrise drohe. Er betonte, dass Chinas Regierung und Notenbank notfalls noch über genug Mittel verfügten, um die Lage zu stabilisieren: "China ist wirtschaftlich stark genug, um im Notfall dagegenzuhalten, falls die Finanzmarktstabilität insgesamt in Gefahr gerät."
Nagel widersprach auch Ängsten, die Schwellenländer insgesamt könnten in die Krise rutschen - zumal wenn in den USA die Zinswende anstehe. "Ein solches Szenario sehe ich nicht." Viele Schwellenländer stünden heute besser da als etwa in den 1990er Jahren vor der Asienkrise.
ifo-Index steigt trotz China-Sorgen
Das weltweite Börsenbeben hat die Stimmung in der deutschen Wirtschaft bisher nicht verhagelt. Im Gegenteil: Der ifo-Index legte im August überraschend zu. Gegenüber Juli stieg das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer um 0,3 Punkte auf 108,3 Zähler. Zuvor befragte Ökonomen hatten hingegen einen Rückgang auf 107,5 Punkte erwartet. "Die deutsche Wirtschaft bleibt ein Fels in der weltwirtschaftlichen Brandung", erklärte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Dienstag.
Hauptgrund für den unerwarteten Anstieg dürfte allerdings der Erfassungszeitraum der Befragung sein. Über die Hälfte der rund 7.000 Unternehmen haben sich laut Umfrageleiter Klaus Wohlrabe schon in der ersten August-Hälfte zurückgemeldet, als die Sorgen um die chinesische Wirtschaft noch nicht so groß waren.
Bei der Beurteilung der aktuellen Lage waren Manager und Firmenchefs zufriedener als zuletzt. Der Unterindex kletterte gegenüber Juli von 113,9 auf 114,8 Punkte. Volkswirte hatten erwartet, dass die Lageeinschätzung stabil bleiben würde.
Wenn sie auf die kommenden Monate blicken, sind die Geschäftsführer etwas weniger optimistisch. Die Erwartungen büßten aber nur minimal ein und gaben um 0,1 Zähler auf 102,2 Punkte nach. Die Experten hatten ein Minus von 0,5 Zählern vorausgesagt.
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Der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, erwartet trotz der Börsenturbulenzen keine neue Weltwirtschaftskrise. "Die jüngsten Entwicklungen müssen wir sehr ernst nehmen - von einem Wiederaufflammen der Weltwirtschaftskrise zu sprechen, halte ich aber zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht", sagte Schmidt der Rheinischen Post. Die Weltwirtschaft stehe momentan vor großen Herausforderungen.
"Die Griechenland-Krise oder auch die Unsicherheiten aufgrund der noch nicht terminierten Zinswende in den USA dämpfen die Weltkonjunktur", sagte Schmidt, der auch Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) ist. Die von China ausgehenden Börsenturbulenzen sorgten für zusätzliche Ungewissheit. Das niedrigere Wachstum könnte darüber hinaus die politische Stabilität China gefährden.