Klimarisikoanalyse

Klimaszenarien ständig verbessern 


Klimarisikoanalyse: Klimaszenarien ständig verbessern News

Gesellschaften, Regierungen und Unternehmen haben zu Recht erkannt, welche Gefahren der Klimawandel für die Weltwirtschaft mit sich bringt. Physische Risiken wie Dürren, der Anstieg des Meeresspiegels und Überschwemmungen nehmen in den kommenden Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit zu. Diese hat massive Auswirkungen auf Sachwerte, Lieferketten und Geschäftsabläufe.

Sogenannte Klimarisikoanalyse sind eine instrumentelle Antwort auf diese Entwicklung. Gesetzgeber, Aufsichtsbehörden, Investoren und andere Interessengruppen drängen Unternehmen und Finanzinstitutionen, ihre Fähigkeiten zur Durchführung von Analysen der physischen Risiken und der Transitionsrisiken zu verbessern. 

Neue Risikoszenarien 

Frühere Bewertungen des Transitionsrisikos konzentrierten sich auf Vergleiche zwischen den aktuellen politischen Szenarien und den Szenarien des Pariser Abkommens für den Übergang (unter 2˚C). In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt jedoch zunehmend auf 1,5°C-Szenarien verlagert. Die Ausgestaltung der Übergangspfade wurde differenzierter.

Es hat sich zum einen der Gedanke durchgesetzt, dass 1,5˚C-Szenarien in die verschiedenen Instrumente einbezogen werden müssen. Der globale Fokus auf das 1,5˚Grad-Ziel folgte auf die Veröffentlichung des IPCC-Sonderberichts über 1,5˚C im Jahr 2018. Der Bericht zeigte, dass eine 2˚C-wärmere Welt deutlich mehr Schäden anrichtet als eine 1,5˚C-Welt. Dieser Bericht veranlasste die Finanzakteure, die Entwicklung von 1,5 °C-Szenarien von führenden Modellierern wie der Internationalen Energieagentur zu fordern. Die Klimawissenschaft weist darauf hin, dass der Schwellenwert von 1,5˚C das Erreichen von Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2050 erfordert. 

Diese sinnvolle Einschätzung wird jederzeit begleitet von der Frage, wie sich das Klima über lange Zeiträume hinweg entwickelt. Obwohl so genannte "Kipppunkte" seit langem Teil der wissenschaftlichen Diskussion über die mögliche künftige Entwicklung des Klimas sind, hat sich die Forschung bisher schwer getan, Wahrscheinlichkeiten für die genaue Art solcher Kipppunkte zuzuordnen. 

Forscher um den früheren Leiter des Potsdamer Instituts für Klimafolgeforschung (PIK) hat jüngst eine Studie vorgelegt. Sie belegt, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 89 % im Verlauf dieses Jahres der vom tropischen
Pazifik El Niño die Temperaturen fast weltweit massiv ansteigen lassen wird. Die Forscher prognostizieren, dass 2024 wahrscheinlich das wärmste Jahr werden wird. Insofern wird es in 2023 einen moderaten bis starken El Niño geben, so die Forschergruppe. Daraus folgt, dass das 1,5°C-Ziel bereits im Jahr 2024 vorübergehend überschritten wird (Wahrscheinlichkeit von 21 %).

Wir wissen, dass ehrgeizigere Temperaturziele zwar die Transitionsrisiken erhöhen können. Allerdings beeinflusst die Art des Übergangs selbst (geordnet oder ungeordnet) und das Ausmaß des Transitionsrisikos maßgeblich. Insofern kommt den verschiedenen Klimaszenarien, die von Banken und Versicherern verwendet werden, eine zentrale Rolle zu. Die vom "Network for Greening the Financial System" (NGFS) empfohlenen Klimaszenarien fungieren mittlerweile als Benchmark. Sie decken ein breites Spektrum von Szenarien unter einem einzigen Modellierungsrahmen ab. Die im September 2022 veröffentlichten NGFS-Szenarien untersuchen die Auswirkungen des kohlenstoffarmen Übergangs, die zunehmenden physischen Gefahren und die makroökonomischen Auswirkungen beider Faktoren.

Trotz dieser Fortschritte gibt es immer noch erhebliche Beschränkungen. Dies betrifft zum einen die mangelnde Anpassung der Zeithorizonte der Szenarien an die finanziellen Risiken. Die langfristigen NGFS-Szenarien konzentrieren sich weniger auf die kurzfristigen Volatilitäten, die Kredit- und Marktrisiken verursachen können. Eine weitere Herausforderung besteht in der Granularität der Szenarien. Übergangspfade können mit den lokalen wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten unvereinbar sein.

Aus diesem Grund hat das Netzwerk Marktteilnehmer und Nutzer gebeten, bis zum 27. Februar 2023 Feedback zu den bestehenden NGFS-Szenarien zu geben. Die Umfrage erfolgt nach der Veröffentlichung der dritten Iteration der Szenarien zur Klimarisikobewertung im September 2022. Die Teilnahme ist freiwillig. Die Online-Umfrage dauert etwa 15 Minuten. Im Frühjahr wird das Netzwerk die wichtigsten Schlussfolgerungen der Umfrage veröffentlichen. Sie fließen in die Weiterentwicklung der Szenarien ein.

Die Umfrage besteht aus 37 Fragen, die sich in mehrere Abschnitte gliedern. Im ersten Abschnitt werden allgemeine Informationen über die Teilnehmer gesammelt. Im folgenden Abschnitt geht es um die Verwendung der bisherigen NGFS-Szenarien für die Analyse von Klimaszenarien. Der dritte Abschnitt konzentriert sich auf Fragen zu den Herausforderungen, wenn es um die Nutzung der NGFS-Szenarien für die Klimaszenarioanalyse geht. Dieser Abschnitt umfasst Fragen zu den Prioritäten der Nutzer, den Haupthindernissen bei der Nutzung der NGFS-Szenarien, den Nachteilen der NGFS-Szenarien und den Variablen der NGFS-Szenarien sowie der Nützlichkeit der von den NGFS bereitgestellten Begleitmaterialien. Es handelt sich um ein ehrgeiziges Unterfangen, die Szenarien zu verfeinern.

Autor:

Dr. Silvio Andrae 

 

[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock.com / malp ]
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