Kommentar: Operation böswillige Hypothek


Eine goldene Nase haben sie sich verdient, die Immobilienmakler und Banken, die an Menschen, die keinen Cent in der Tasche hatten und sich daher den Kredit, der ihnen aufgeschwatzt wurde, nicht leisten konnten. Als Ursache für diese exzessiven Geschäfte gilt das Frühjahr 2003, als der damalige US-Notenbank-Chef Alan Greenspan den Leitzins auf ein Prozent abgesenkt hatte. Die Logik war einfach und doch grundverkehrt. Vielen US-Bürgern wurde es nun ermöglicht, einen scheinbar günstigen Kredit aufzunehmen, der sich dann über den gestiegenen Immobilienwert selbst finanziert. Das Perpetuum Mobile war erfunden. Dass der Kredit später – bei möglicherweise höheren Zinsen – zurückgezahlt werden musste, bedachten nur die Wenigsten. Auch viele Immobilienmakler und Banken verschwiegen dies – schließlich füllten sich ihre Taschen prächtig mit Provisionserlösen.

Kurzum: Der Markt boomte. Allein in den vergangenen zwei Jahren sollen US-Finanzdienstleister 3.200.000.000.000 US-Dollar (3,2 Billionen US-Dollar) an Hypothekendarlehen ausgegeben haben. Experten schätzen, dass etwa  rund 20 Prozent an Kreditnehmer mit geringer bis keiner Bonität (Subprime-Markt) vergeben wurde.

Nun ist die Party endgültig vorbei. In den vergangenen Monaten wurden in den USA – im Rahmen von „Operation Malicious Mortgage“ – bereits mehrere hundert Verdächtige wegen des Verdachts auf Immobilienbetrug und Insiderhandel angeklagt. Die „Operation böswillige Hypothek“ wird zu weiteren Anklagen führen. Experten gehen davon aus, dass wir aktuell nur die Spitze des Eisbergs sehen. Und unter den Angeklagten findet man auch  prominente Ex-Fondsmanager und Banker sowie einen Selbsthilfeguru aus Texas, der seinen Mitbürgern schnellen Reichtum predigte und sich selber die Taschen mit dem Geld seiner Kunden füllte.

Der Texaner kennt selbstverständlich alle Tricks, um schnell reich zu werden. Für seine „Motivationsseminare“ zahlten die Teilnehmer mehrere hundert Dollar und erfuhren, wie man „Macht und Wohlstand“ erreicht. Er verriet den Teilnehmern das „wahre Geheimnis lebenslangen Erfolgs“ und füllte sich die eigenen Taschen. Der 55-Jährige „Selfmade-Millionär“ weist auf seiner Internet-Seite darauf hin, dass er mit „viel Gebet, Vorbereitung und persönlichem Risiko es vom Jeans-Verkäufer zu einem der erfolgreichsten Immobilienmogule in Dallas“ gebracht habe. Auf seiner Internet-Seite erfährt man allerdings nicht, dass er über Jahre die Preise von Immobilien künstlich aufgebläht hat, um so höhere Kredite zu erschwindeln und den Überschuss in die eigene Kasse zu packen. Bei seiner ersten Anhörung vor Gericht kam dann peinlicherweise auch noch heraus, dass der „nächste Donald Trump“ (so seine Eigenwerbung) in der Vergangenheit bereits 15 Monate wegen Steuerfälschung im Knast saß. Dumm gelaufen: Sollte der Texaner für schuldig gesprochen werden, so drohen dem selbsternannten Motivations-Guru 13,75 Millionen US-Dollar Geldstrafe und 600 Jahre Haft. So schnell kann die Party vorbei sein.

Doch unten den Angeklagten findet man auch Immobilienmakler und -agenten, Projektentwickler, Gutachter, Darlehensgeber und Anwälte. Alle verfolgten eine Grundstrategie: Selber die Tasche voll packen auf Kosten der anderen. Die Wege waren so vielfältig wie die Anklagen: Kreditbetrug, Zwangsversteigerungsbetrug, Konkursbetrug, Insiderhandel, Bilanzfälschung, Wertpapierbetrug. Im Fadenkreuz des FBI – der bundespolizeiliche Ermittlungsbehörde des Justizministeriums der Vereinigten Staaten – stehen in der Zwischenzeit Hypothekenbanken, Investmentbanken, Hedgefonds, Ratingsagenturen und Wirtschaftsprüfer.

Sind unsere Gene auf Lug und Trug programmiert? Der britische Zoologe und Biologe Clinton Richard Dawkins („Das egoistische Gen“) ist davon überzeugt, dass unsere Körper nichts anderes sind, als biochemische Maschinen, welche die Replikation der Gene optimieren sollen. Egoismus bedeutet „Eigennützigkeit“. Ich verfolge meine persönlichen Interessen – beispielsweise um meine Taschen mit dem Geld anderer Menschen zu füllen – ohne auf die Belange anderer Rücksicht zu nehmen. Der erlittene Nachteil des anderen wird als mein Gewinn positiv bewertet. Bereits Adam Smith entwickelte die Theorie der ethischen Gefühle und ging davon aus, dass die Menschen sich gegenseitig beobachten und ihr Verhalten nicht billigen, wenn es dem Beobachteten von Nutzen ist. Ein Scheitern des Beobachteten führt dagegen zu einem günstigen Vergleichsergebnis.


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