Nachgehakt

Komplizierte Methoden überfordern


Nachgehakt: Komplizierte Methoden überfordern Interview

Unter der Überschrift "Nachgehakt" veröffentlichen wir regelmäßig Diskussionen zu aktuellen Themen aus der bunten Welt der Risiken. Die RiskNET-Redaktion fragt, Lenker und Denker im Risikomanagement antworten! Heute: Christoph Schwager, verantwortlicher Partner für die Enterprise Risk Management Practice von EY und zuvor viele Jahre Chief Risk Officer beim Luft- und Raumfahrt- sowie Rüstungskonzern Airbus. Den ersten Teil des Interviews finden Sie hier.

Im heutigen Interview antwortet der Risikomanagementprofi auf Fragen der Methodenauswahl, zur Risikokultur im Bereich der Finanzdienstleister und der Chancenbetrachtung.

RiskNET: Welche Bedeutung hat die Methodenauswahl bei der Umsetzung einer Risikokultur?

Christoph Schwager: Die Methodenauswahl spielt eine entscheidende Rolle. Am besten verwendet man solche, die sich in der Praxis schon bewährt haben. Oft werden komplizierte Vorgehensweisen und Methoden entwickelt, die in der Praxis nicht akzeptiert werden. Ebenso bei der Messung der Risikokultur, die häufig komplex und künstlich wirkt.

RiskNET: Wie bewerten Sie die Risikokultur im Bereich der Finanzdienstleister – auch im Vergleich zur sonstigen Industrie?

Christoph Schwager: Prinzipiell hat man das Thema wohl erkannt. Jedoch sehe ich hier genau die Gefahr, da man noch wenig Erfahrungswerte hat, die Risikokultur zu sehr theoretisch, komplex und messbar machen zu wollen anstatt mit den Menschen zu arbeiten. Dies sollte im Vordergrund stehen. Die Messbarkeit der Risikokultur sollte dann darauf aufbauend so natürlich wie möglich erfolgen. Dazu haben wir Methoden entwickelt.

RiskNET: Verhindert eine starke Regulierung möglicherweise eine "gelebte Risikokultur", da der Schwerpunkt des Risiko- und Compliancemanagements darauf ausgerichtet ist, die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen? Vor allem weil für eine betriebswirtschaftliche Perspektive keine Ressourcen mehr übrigbleiben.

Christoph Schwager: Die Regulierung ist auf jeden Fall etwas, was in die Risikokulturentwicklung einfließen sollte. Sie ist da und bedeutender Teil der Welt. Dies muss aber kein Hinderungsgrund für die Erreichung der Strategie und Profitabilitätsziele sein. Genau dies, nämlich beides zu erreichen, die Einhaltung der Compliance und gleichzeitig die Ziele, beispielsweise durch zufriedene Kunden, funktioniert exzellent mit einem guten Risikokulturentwicklungsprogramm.

RiskNET: Wir neigen im deutschsprachigen Raum dazu, das Thema "Opportunities" und "Upside-Risiken" in unserer Betrachtung auszublenden. Hängt dies vor allem mit dem negativ belegten Begriff der Risiken im Sinne von Gefahren zusammen?

Christoph Schwager: Das sehe ich nicht als ein Phänomen nur des deutschsprachigen Raums. Der Mensch hat prinzipiell eher eine Verlustaversion, das heißt, Verluste schmerzen mehr als Gewinne glücklich machen. Beziehungsweise ist es leichter, über Risiken und hier insbesondere Compliancerisiken zu reden, als über Chancen oder Upside-Risiken. Es ist also ein ganz natürlicher Vorgang, es sei denn man übt es. Dazu hilft ebenfalls ein Risikokulturentwicklungsprogramm.

RiskNET: Der Deutsche Rechnungslegungs-Standard Nr. 20 (DRS 20) des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) hat die Chancenberichterstattung deutlich aufgewertet. Zukünftig soll ausgewogen über Chancen und Risiken berichtet werden. Ist dies nicht reine Theorie? Welches Unternehmen hat ein Interesse daran, offen und transparent über Chancen zu berichten?

Christoph Schwager: Ich glaube nicht, dass dies nur Theorie sein wird. Je mehr Unternehmen Richtung Integrated Reporting gehen werden, umso mehr werden sie auch über Chancen berichten. Die Schwierigkeit wird sein, diese auch zu identifizieren und eine Chancenkultur im Unternehmen zu pflegen.

Weitere Informationen zu Christoph Schwager

 

[ Bildquelle Titelbild: © pixelrobot / Fotalia.com ]
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