Im verarbeitenden Gewerbe ist der Geschäftsklimaindex im Juli gesunken. Bei der Lagebeurteilung zeigt sich trotz eines kleinen Rückgangs noch keine Tendenzveränderung, doch die Erwartungen schwächen sich deutlich ab. Im Auslandsgeschäft rechnen die Firmen nach Angaben des ifo Instituts mit geringeren Zuwächsen als in den vergangenen Monaten. Die Geräteauslastung sei derzeit etwas höher als im Frühjahr. Nach wie vor beabsichtigten die Unternehmen, mehr Personal einzustellen.
Eingetrübt hat sich im Juli auch das Geschäftsklima im Einzelhandel und im Großhandel. Im Großhandel beurteilten die Befragungsteilnehmer sowohl ihre derzeitige Geschäftssituation als auch ihre Geschäftsaussichten als nicht mehr ganz so günstig wie im Vormonat. Die Einzelhändler sind mit ihrer momentanen Geschäftslage ebenfalls nicht mehr so zufrieden wie bislang. Ihre Geschäftsperspektiven schätzen sie aber wieder als etwas besser ein.
Einzig im Bauhauptgewerbe hat sich das Geschäftsklima weiter verbessert. Die Tendenz der Lagebeurteilung ist eindeutig nach oben gerichtet. Hinsichtlich der Geschäftsentwicklung im kommenden halben Jahr sind die befragten Bauunternehmen ähnlich zuversichtlich wie im Juni.
Die kräftige Eintrübung des ifo-Geschäftsklimas im Juli ist für ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger kein Signal für einen anstehenden Konjunkturabsturz in Deutschland, sondern Ausdruck einer Verlangsamung des Wachstumstempos. "Ich würde nicht sagen, dass dem Aufschwung die Luft ausgeht, aber er verlangsamt sich", sagte Abberger am Freitag im Interview mit Dow Jones Newswires. Es gebe viele Turbulenzen im deutschen Umfeld. "Die deutsche Wirtschaft ist aber auf dem Weg und hat die Chance zu einer sanften Landung, es gibt keine Absturzzeichen", sagte der ifo-Experte.
Abberger rechnet auch nach dem rückläufigen ifo-Geschäftsklimaindex weiter mit einem deutschen Wirtschaftswachstum von über 3% im laufenden Jahr. "Ich würde bei der Prognose bleiben", sagte der ifo-Experte. Der Jahresauftakt sei sehr stark gewesen. Die Situation bei den Unternehmen sei weiter sehr gut. Die Lagebeurteilung der Unternehmen über das ganze Jahr betrachtet befinde sich auf einem hohen Niveau. "Die Unternehmen haben ein bisschen Speck angesetzt, die Auftragsreserven sind noch sehr gut", sagte der ifo-Experte.
Geteiltes Konjunkturbild
Es ergebe sich allerdings ein geteiltes Konjunkturbild. Eine stärkere Zurückhaltung bestehe in den Bereichen, die exportorientiert seien. Die dort tätigen Firmen rechneten offensichtlich mit einer moderateren Gangart der Weltwirtschaft. Besonders im Inland und hier vor allem im Bausektor verlaufe die Entwicklung sehr stabil. Im Bausektor sei es nochmals zu einem Anstieg gekommen. Beim Handel ergebe sich über die Monate betrachtet das Bild einer schwankenden Entwicklung auf hohem Niveau.
Insgesamt zeichne sich eine Umkehr zu einem eher binnenwirtschaftlich getragenen Aufschwung ab. "Wir rechnen damit, weil auch die Arbeitsmarktsituation sehr gut ist", sagte der ifo-Experte. Am Arbeitsmarkt sei keine Trendwende absehbar. Somit bestünden gute Voraussetzungen, die Wende zu einem von der Binnenwirtschaft gestützten Wachstum zu schaffen. "Es sieht so aus, dass die Impulse aus dem Ausland schwächer werden und Deutschland jetzt aus sich heraus sein Wachstum schaffen muss, aber es sind auch die Bedingungen dafür da", sagte Abberger.
Die Europäische Zentralbank (EZB) agiere gegenwärtig sehr vorsichtig. "Ich denke aber, dass sie durchaus im Herbst noch einmal Zinserhöhungen auf der Agenda hat", sagte Abberger. Sollten sich keine deutlichen Korrekturen nach unten ergeben, werde es wohl auch weiter Zinserhöhungen in kleinen vorsichtigen Schritten auf Sicht geben.
Die Inflation stelle für Deutschland nicht "das große Problem" dar. Zwar befinde sich die Preisentwicklung über der Zielmarke, was vor allem von den Bereichen Energie und Nahrungsmittel getrieben werde. "Aber ich sehe gerade für das nächste Jahr, dass sich die Tendenz bei Inflation wieder beruhigt und es etwas moderater wird", sagte der ifo-Exerte.
Wie das Münchener ifo Institut für Wirtschaftsforschung am Freitag im Rahmen seines monatlichen Konjunkturtests mitgeteilt hatte, fiel der Geschäftsklimaindex auf 112,9 Punkte, nachdem er im Vormonat überraschend auf 114,5 Zähler gestiegen war. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten für Juli lediglich einen Rückgang auf 113,8 erwartet.
Der Index zur Beurteilung der aktuellen Lage der rund 7.000 befragten Unternehmen sank auf 121,4 Punkte, im Vormonat hatte er bei 123,3 notiert. Die Prognose der Ökonomen hatte auf einen Stand von 122,5 gelautet. Der Index für die Geschäftserwartungen ging auf 105,0 Zähler zurück von revidiert 106,2 (vorläufig: 106,3) im Vormonat. Die befragten Volkswirte hatten einen Rückgang auf 105,3 erwartet.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht Deutschland in einer wirtschaftlich stabilen Lage auf hohem Niveau. "Deutschland geht es so gut wie lange nicht", sagte Merkel am Freitag in Berlin. Deutschland habe die Krise hinter sich gelassen und stehe besser da als zuvor. "2011 erwarten wir ein Wachstum ähnlich wie 2010", sagte die Kanzlerin.
Im vergangenen Jahr lag der Anstieg des deutschen Bruttoinlandproduktes (BIP) bei 3,6%. Im Jahresschnitt 2011 dürfte die Zahl der Arbeitslosen unter 3 Millionen Personen liegen. Nicht zuletzt wegen der guten wirtschaftlichen Entwicklung wie auch der Konsolidierungsmaßnahmen dürften sich Spielräume für maßvolle Steuerentlastungen ab Beginn 2013 ergeben, sagte die Kanzlerin.