Die Konjunktur in Deutschland wird sich nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auch in diesem und im kommenden Jahr robust entwickeln. In ihrer jüngsten Wachstumsprognose sehen die Berliner Ökonomen den "Konjunkturmotor trotz zahlreicher Risiken weiter auf Touren". Sie erwarten eine Zunahme des Bruttoinlandsproduktes um 1,4 Prozent im Jahr 2017 und um 1,7 Prozent 2018. Allerdings werden die Steuereinnahmen nach ihrer Prognose hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Mit der Prognose für 2017 erhöhte das DIW nach eigenen Angaben seine Vorhersage vom Dezember um 0,2 Prozentpunkt. Deutlich nach oben korrigierte offizielle Arbeitsmarktdaten zeigten, dass sich der Beschäftigungsaufbau seit Mitte vergangenen Jahres nicht abgeflacht habe, sondern bis zuletzt dynamisch geblieben sei, betonten die Ökonomen. Nach ihrer Prognose werden in diesem Jahr 600.000 Erwerbstätige und im nächsten weitere 440.000 hinzukommen.
Die Arbeitslosenzahl sinkt demnach weiter, obwohl mehr und mehr Geflüchtete eine Arbeitserlaubnis erhielten und einen Job suchten. Das DIW rechnet für 2017 mit 2,518 Millionen Arbeitslosen und für 2018 mit 2,368 Millionen und einer Quote von 5,7 Prozent in diesem und 5,3 Prozent im kommenden Jahr.
Jedoch gebe es "zwei Wermutstropfen": Erstens investierten die Unternehmen nach wie vor äußerst verhalten und zweitens steige der private Konsum in der ersten Jahreshälfte 2017 nur moderat. Insgesamt erwarten die Ökonomen eine Zunahme der privaten Konsumausgaben um 1,0 Prozent in diesem und 1,5 Prozent im kommenden Jahr. Die Anlageinvestitionen sollen sich nach ihren Berechnungen dieses Jahr um 1,4 Prozent und nächstes um 2,9 Prozent erhöhen.
Steuereinnahmen steigen verhaltener
"Der Beschäftigungsboom in Deutschland wird sich in diesem Jahr fortsetzen", erklärte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Die geringe reale Lohnentwicklung und die schwachen Investitionen sind die zwei größten Schwächen der deutschen Wirtschaft", konstatierte er aber auch. Das schwäche das Wachstumspotenzial und trage dazu bei, dass der Leistungsbilanzsaldo zu hoch bleibe, was den Konflikt mit den USA und in der EU weiter anfachen könnte. "Am meisten schaden diese Entwicklungen der deutschen Wirtschaft, die dadurch langfristig an Wachstumspotenzial und Wohlstand einbüßt."
Die Spielräume in den öffentlichen Haushalten sieht das DIW als "sehr begrenzt" an. Die derzeit hohen Überschüsse in den Kassen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen täuschten. "Sie werden kräftig zurückgehen, denn die Steuereinnahmen nehmen relativ verhalten zu, und die Ausgaben steigen weiterhin kräftig", sagen die Ökonomen voraus. Klammere man konjunkturelle Einflüsse aus, werde der Staat insgesamt kommendes Jahr wahrscheinlich sogar mit leichten Defiziten abschließen.
Die Steuereinnahmen dürften nach ihren Berechnungen in den kommenden zwei Jahren hinter dem zurückbleiben, was in den Haushalten von Bund, Ländern und Kommunen veranschlagt wurde. Das DIW schätzt eine Zunahme um 1,6 Prozent auf 714,6 Milliarden Euro in diesem Jahr und um gut 3,5 Prozent auf 740,2 Milliarden Euro im nächsten Jahr. 2015 hatten sie noch um 4,6 Prozent und im Jahr 2016 um 4,4 Prozent zugenommen.