Vergleicht man die Korruption in diversen Ländern mit der Umschuldungshäufigkeit deren Staatsschulden, lässt sich eine deutliche Korrelation konstatieren zwischen dem Ausmaß der Korruption in einem Land und der Wahrscheinlichkeit, dass ein Land seine Gläubiger nicht vertragsgemäß bedient und eine Umschuldung vornimmt. Anders ausgedrückt: Je mehr Korruption in einem Land herrscht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Staat seine Schulden nicht begleicht und sich auf Kosten der Gläubiger saniert. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Technischen Universität Chemnitz, die mit Hilfe einer Regressionsanalyse unter Einbeziehung des internationalen Korruptionsindizes CPI von Transparency International (TI) für 100 Länder eine Umschuldungswahrscheinlichkeit für die Zukunft errechnet haben.
Korruption schädigt Leistungskultur
Der Grund für die enge Beziehung zwischen Korruption und Umschuldungen der Staatsschulden ist schnell erklärt: In Ländern mit Korruption herrscht ein Klima, in dem man sich nicht den Zwängen der Märkte aussetzen möchte, sondern nach marktfremden Lösungen sucht, um seine Ziele zu erreichen. "In Ländern mit Korruption werden die Akteure dazu erzogen, sich Ressourcen anderer leistungslos anzueignen – das ist der Sinn der Korruption. Somit werden tendenziell egoistische oder gruppenbezogene und weniger allgemeinwohlorientierte Ziele verfolgt", schreiben die Finanzwissenschaftler Friedrich Thießen und Johannes Weigl in ihrer aktuellen Studie. Diese Grundeinstellung fördere auch das Nachdenken über einen Betrug an den Gläubigern. Gläubiger würden schließlich als Fremde angesehen, die nicht zur Familie oder zum Clan gehörten.
Demnach ist die Entscheidung, ob bzw. in welchem Umfang ein Staat seine Schulden zurückzahlt, nicht nur eine Frage der verfügbaren Ressourcen, sondern auch eine Frage der Einstellung zu seinen Verpflichtungen. Wo keine Kreditkultur existiert, gebe es auch kein Unrechtsempfinden bei Zahlungsstörungen. Laut den Chemnitzer Wissenschaftlern ist dies vermutlich der Grund, warum keine Korrelation zwischen Umschuldungswahrscheinlichkeit und objektiven Belastungsdaten wie Verschuldungshöhe oder Schuld per Capita etc. zu finden sei.
Positiver Ausblick für Irland, Skepsis gegenüber Griechenland
Folgt man der von Thießen und Weigl aufgezeigten Logik, dann ergeben sich in Bezug auf die derzeitigen europäischen Krisenländer interessante Ergebnisse: Mit einem Korruptionsindex von 8 gehört Irland beispielsweise zu den am wenigsten korrupten Ländern der Welt. Daher sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich die Iren nicht ohne Not auf Kosten der Gläubiger sanieren werden. Die irische Krise sei wie die isländische Krise weniger durch eine ausufernde Staatsverschuldung, als vielmehr durch das Fehlverhalten der Banken verursacht worden, die Problemschulden seien somit originär überwiegend keine des Staates, sondern der privaten Wirtschaft. Das Kreditrisiko sei deshalb geringer als etwa in Griechenland. Mit einem Korruptionsindexwert von 3,5 gehört Griechenland zu den Ländern mit starker Korruption und liegt in einer Gruppe von Staaten, die sich in der Vergangenheit ihrer Lasten mehrheitlich durch Umschuldungen entledigt hätten. Nach Berechnungen der Chemnitzer Finanzwissenschaftler beträgt die Wahrscheinlichkeit 52 Prozent, dass die griechischen Politiker zu dem Instrument der Umschuldung greifen und beschließen, sich auf Kosten ihrer Gläubiger zu sanieren. Angesichts dieses hohen Umschuldungsrisikos müssen die Hilfen der EU-Staaten für das Land als kritisch angesehen werden. Es sei damit zu rechnen, dass Griechenland die Umschuldung nur solange aufschiebt, solange frisches Kapital zugeschossen wird.
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Kommentare zu diesem Beitrag
Und was ist daran wissenschaftlich? Wie war das noch mit den Störchen und den Geburtenraten?
Ist doch logisch, Bananrepubliken haben eine Selbstbedienungsmentalität und sind wirtschaftlich zu schwach um ihren Kapitaldienst zu erbringen. Das wußten wir aber auch vor dieser Regressionsrechnung...