Transparency International stellt Index für 2009 vor

Korruptionsbekämpfung: Auch Deutschland hat Nachholbedarf


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Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat heute ihren Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) veröffentlicht. Der CPI misst den Grad der bei Beamten und Politikern wahrgenommenen Korruption. Die Mehrzahl der 180 untersuchten Länder hat auf einer Skala von 0 (als sehr korrupt wahrgenommen) bis 10 Punkten (als wenig korrupt wahrgenommen) weniger als fünf Punkte erzielt. Es ist ein sogenannter zusammengesetzter Index, der sich auf verschiedene Experten- und Managerumfragen stützt.

Weltweit werden umfangreiche Konjunkturpakete verabschiedet. Nur bei einer transparenten Ausgabe öffentlicher Gelder wird Verantwortlichkeit gesichert und kann der zerstörerische Kreislauf der Korruption durchbrochen werden.

Schlusslichter des Index bilden hauptsächlich durch Kriege und dauerhafte Konflikte gebeutelte Länder. Dazu gehören Somalia (1,1 Punkte), Afghanistan (1,3), Myanmar (1,4) sowie der Sudan (1,5) und Irak (1,5). In den Ländern, deren staatliche Strukturen durch dauerhafte Konflikte zerrüttet worden sind, gerät Korruption außer Kontrolle und stärkt die Plünderung von öffentlichen Ressourcen sowie Unsicherheit und Rechtlosigkeit.

Keine Entwarnung für Industriestaaten

Die höchste Punktzahl im CPI 2009 haben Neuseeland (9,4 Punkte), Dänemark (9,3), Singapur (9,2), Schweden (9,2) und die Schweiz (9,0). Dies zeugt von politischer Stabilität, einer langen Tradition von Konfliktlösungsmechanismen und soliden politischen Institutionen. Doch die Industrieländer, insbesondere die Finanzzentren, in denen durch Korruption erlangte Gelder versteckt werden können (sog. Schattenfinanzzentren), dürfen sich nicht zurücklehnen. Gerade sie unterminieren die weltweiten Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung und  Rückerlangung illegal erworbenen Vermögens.

Huguette Labelle, Vorsitzende von Transparency International: "Geld aus Korruptionsdelikten darf keinen sicheren Hafen finden. Es ist an der Zeit, den Ausreden ein Ende zu setzen. Wir begrüßen die Anstrengungen der OECD in diesem Bereich,  aber wir fordern mehr bilaterale Verträge zum Informationsaustausch, um die Geheimhaltung vollständig zu beenden." Gerade in Industrieländern haben häufig die an korrupten Geschäften beteiligten Unternehmen ihren Sitz. Daher muss auch Deutschland seine Anstrengungen verstärken, Korruption konsequent und wirksam zu bekämpfen.

Deutschland unverändert auf Platz 14

Deutschland ist unverändert auf Platz 14 (8,0 Punkte; Vorjahr: Platz 14 – 7,9 Punkte) und befindet sich damit im Mittelfeld von vergleichbaren Staaten. Welche Hoffnungen für die Korruptionsprävention und –bekämpfung in Deutschland bestehen, kann ein Blick in den Koalitionsvertrag zwischen CDU, FDP und CSU zeigen. Während das Stichwort "Transparenz" zwanzig Mal an den verschiedensten Stellen im Koalitionsvertrag auftaucht, ist von "Korruption" kaum die Rede. Der Begriff taucht vor allem im Hinblick auf Afghanistan und die Entwicklungsländer auf.

Sylvia Schenk, Vorsitzende von Transparency Deutschland: "Wir begrüßen die Bedeutung, die der Transparenz inzwischen beigemessen wird, nachdem die Wirtschaftskrise ja auch auf einen Mangel an Transparenz zurückzuführen ist. Allerdings genügen Worte, insbesondere an andere Länder gerichtet, schon lange nicht mehr – es müssen Taten folgen. Deutschland trägt als führende Exportnation und politisches Schwergewicht eine besondere Verantwortung weltweit. Wir haben Handlungsbedarf im Strafrecht, beim Thema Anti-Korruptionsregister und dem Schutz von Hinweisgebern."

Zu diesen Punkten findet sich nichts im Koalitionsvertrag. Damit bleibt auch offen, ob das Parlament endlich durch Verschärfung des Tatbestandes der Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB) die Voraussetzungen für die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) schaffen wird.

Konkret finden sich Ansatzpunkte für eine wirksamere Korruptionsprävention im Koalitionsvertrag beim Arbeitnehmerdatenschutz, dem mehr Gewicht eingeräumt und zugleich den Arbeitgebern eine verlässliche Regelung für den Kampf gegen Korruption an die Hand gegeben werden soll. Außerdem soll die Transparenz der Entscheidungen kommunaler Gesellschaften erhöht und im Bereich Vergabe im sogenannten Unterschwellenbereich verstärkt werden.

 


Was ist der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI)?

Der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) von Transparency International listet Länder nach dem Grad der bei Amtsträgern und Politikern wahrgenommenen Korruption auf. Es ist ein zusammengesetzter Index, sozusagen eine Untersuchung von Untersuchungen, die sich auf verschiedene Experten- und Managerumfragen stützt, welche von einer Reihe unabhängiger und namhafter Institutionen durchgeführt wurden. Der CPI spiegelt weltweite Meinungen wider, einschließlich der Meinungen von Experten, die in den untersuchten Ländern leben.

Wie wird Korruption für den CPI definiert?

Der CPI konzentriert sich auf Korruption im öffentlichen Sektor. In den Umfragen, die für die Erstellung des CPI genutzt werden, geht es um Fragen im Zusammenhang mit dem Missbrauch öffentlicher Macht zum privaten Nutzen (zum Beispiel Bestechung von Amts- oder Mandatsträgern, Zahlung von Schmiergeldern bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Unterschlagung öffentlicher Gelder) oder um Fragen, die auf die Wirksamkeit und Effektivität von Antikorruptionsmaßnahmen abzielen. Somit wird sowohl die administrative wie politische Seite von Korruption abgedeckt.

Warum beruht der CPI ausschließlich auf Wahrnehmungen?

Das gesamte Ausmaß der Korruption in verschiedenen Ländern lässt sich anhand von objektiven empirischen Daten nur schwer ermitteln; beispielsweise indem man die Summe der gezahlten Bestechungsgelder oder die Anzahl von Ermittlungsverfahren und Gerichtsurteilen vergleichen würde. Letzteres spiegelt in länderübergreifenden Untersuchungen jedoch nicht das tatsächliche Ausmaß der Korruption wider, sondern belegt vielmehr die Kompetenz der Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und/oder der Medien, Korruption zu untersuchen und aufzudecken. Eine sichere Methode zur Ermittlung länderübergreifender Daten ist daher, die Erfahrungen und Wahrnehmungen derer heranzuziehen, die mit der Realität der Korruption am unmittelbarsten konfrontiert sind.

Wie viele Länder sind im CPI enthalten?

Der CPI 2009 umfasst 180 Länder, genauso viele wie auch im Jahr 2008.

Wie wird die Auswahl der Länder getroffen?

Für die Aufnahme eines Landes in den CPI bedarf es mindestens drei verlässlicher Quellen korruptionsbezogener Daten. Die Aufnahme eines Landes in den Index ist kein Anzeichen für das Auftreten von Korruption in diesem Land, sondern hängt allein von der Verfügbarkeit von Daten ab.

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Toby /17.11.2009 21:59
Bleibt die Frage, was über die Definition (Bestechung von Amts- oder Mandatsträgern, Zahlung von Schmiergeldern bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Unterschlagung öffentlicher Gelder) alles nicht erfasst wird. Vielfach fehlt den beteiligten Akteueren ein Bewusstsein für die negative Seite der Korruption. Den absoluten Vogel schiessen jedoch Griechenland und Rumänien ab, die gemeinsam auf Rang71 von 180 Ländern landeten und damit in Sachen Korruption Dritte-Welt-Niveau aufweisen.
bert /18.11.2009 07:52
Wie ist das denn mit den Massen an Spitzenbeamte (= alles jenseits von A 16), die sich nebenbei die Taschen füllen (beispielsweise mit Vorträgen, Beratungsaufträgen). Diese Doppelfunktionen dürfte es eigentlich nicht geben - ausser es handelt sich um ein Ehrenamt. Wahrscheinlich werden die Tatbestände in der Statistik garnicht erfasst ... ;-(
oekoek68 /18.11.2009 12:12
Korruption müsste ja schon der Vergangenheit angehören, jetzt wo uns doch die Wirtschaftsprüfer und Berater mit den tollen Corporate-Governance-Richtlinien ausgestattet haben. Ist doch nun für 10 EUR pro DIN-A4-Seite alles in dicken Wälzen geregelt und wir sind nun alle compliant. Kann mir vor diesem Hintergrund gar nicht vorstellen dass die Zahlen von Transparency International echt sein sollen ... :-)
claudi /18.11.2009 22:01
@oekoek68: Das ist Teil des Problems und nicht die Lösung. Wenn die Unternehmen sinnvolle und nachhaltige Werte vorleben würden (auch als Unternehmenskultur bezeichnet), dann müssten sie nicht über CG nachdenken. Wieso muss ich in einem Kodex regeln, dass Vorstand und alle Mitarbeiter sich "compliant" verhalten sollen ;-(
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