Eurokrise

Kreditklemme größtes Problem der griechischen Wirtschaft


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Ein Mitglied der griechischen Übergangsregierung von Ministerpräsident Lucas Papademos hat die Kreditklemme als das größte Problem der Wirtschaft seines Landes bezeichnet und sich skeptisch zur Fähigkeit des Bankensystems geäußert, die Realwirtschaft mit Krediten zu versorgen. Michalis Chrisochoidis, Minister für Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit und Schifffahrt, äußerte sich in Frankfurt vor Journalisten aber zuversichtlich, dass die Euro-Finanzminister am Montag einem neuen Hilfsprogramm für Griechenland zustimmen werden.

"Jetzt ist es an Brüssel, Griechenlands Programm zu genehmigen und dem Land eine Zukunft zu geben, aber wir haben auch ein Liquiditätsproblem, denn die Banken geben keine Kredite mehr", sagte der Generalsekretär der sozialdemokratischen Pasok-Partei und betonte: "Unser größtes Problem ist die Liquidität." Chrisochoidis zufolge schließen in Griechenland täglich gesunde Unternehmen, weil sie keine Kredit bekommen, wogegen er machtlos sei.

Der Minister sagte, die Banken brauchten eine Rekapitalisierung, äußerte sich aber skeptisch, dass die im Rahmen des zweiten Rettungspakets geplanten 30 Milliarden Euro hierzu ausreichen werden. "Ich hoffe, dass das die Lage des Bankensystems bessern wird, aber ich weiß nicht, ob die Banken dadurch wieder in die Lage versetzt werden, kleine und mittelgroße Unternehmen zu finanzieren", sagte er.

Nach seinen Angaben hat der Staat gegenüber den Banken seines Landes Bürgschaften über 128 Milliarden Euro übernommen, ohne dass dies die Kreditvergabe erhöht hat. Auch die von der griechischen Zentralbank ausgereichten Liquiditätsnothilfen (ELA) dienten alleine dem Überleben der Banken. Griechenland hat im Gegensatz zu anderen Peripherieländern darauf verzichtet, die Kreditvergabe über eine weitere Lockerung der Standards für Kreditsicherheiten anzukurbeln.

Chrisochoidis setzt darauf, dass sich die Kapitalsituation der Banken nach einer Genehmigung des zweiten Hilfspakets dadurch bessern wird, dass Griechen ihre ins Ausland transferierten Gelder zurückholen. "Ich hoffe, dass wir mit den Beschlüssen der Eurogruppe die Menschen davon überzeugen werden, dass Griechenland ein sicheres Land ist", sagte er. In Frankfurt will er außerdem die KfW bitten, ihm mit Know-how für die Gründung einer Investitionsbank zu helfen.

Der Minister sagte, er glaube, dass Griechenland mit ausreichend Investitionen, Liquidität und Reformen der Krise binnen fünf Jahren entkommen könne. Für 2012 rechnet er allerdings damit, dass die Wirtschaft wie schon im Vorjahr um rund 6 Prozent schrumpfen wird. Die vor Griechenland und den Europäern liegende Aufgabe beschrieb er abschließend so: "Der Austritt eines Landes aus dem Euro oder EU ist keine Option. Ich glaube, dass wir die Verpflichtung haben, Griechenlands Überleben zu sichern, um die Eurozone zu schützen."


[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /16.02.2012 20:19
+++ Abgeordnete wollen trotz verbaler Zuspitzung Lösung für Griechenland +++

Abgeordnete des Deutschen Bundestages werten die verbale Verschärfung in der Debatte über ein neues Hilfsprogramm für Griechenland als wenig hilfreich und fordern eine lösungsorientierte und auf Fakten basierende Entscheidungsfindung. Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias hatte die Äußerungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Griechenland dürfe kein Fass ohne Boden werden, heftig kritisiert.

"Mit Sicherheit trägt das nicht zur Entschärfung bei", sagte Hans Michelbach, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss, im Gespräch mit Dow Jones Newswires. "Wenn man geholfen bekommen will, darf man nicht noch die Helfer beschimpfen", sagte der CSU-Politiker Michelbach weiter. Um eine Lösung hinzubekommen, sei es aus seiner Sicht entscheidend, dass für Griechenland ein Sonderkonto und eine verschärfte Überwachung entstehe. "Einen neuen Kreditrahmen Griechenland II zu machen, ohne dass die Dinge erhärtet überprüfbar sind, ist unverantwortlich", sagte Michelbach.

Die Möglichkeit zur Überprüfung der griechischen Zusagen werde auch wichtig für das Votum im Bundestag sein. "Der Bundestag als Prüfungsinstanz der Bundesregierung wird ganz klar auf die Kriterien achten, und da ist das Thema Sonderkonto, Überwachungssystem, Auszahlung von Tranchen nach Prüfung natürlich ein ganz wichtiges Thema, um auch die Zustimmung zu erhalten", betonte Michelbach. Er wies darauf hin, dass Schäuble nochmals seine Verpflichtung gegenüber dem deutschen Steuerzahler und als Treuhänder der Finanzmittel verdeutlicht habe. "Schäuble kann nicht, um wenig Ärger mit Griechenland zu haben, Vorsichtsmaßnahmen außer Acht lassen", sagte der CSU-Finanzpolitiker.

Die Äußerungen seien sicherlich nicht hilfreich gewesen, dürfen nach Auffassung des haushaltspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion Otto Fricke für die Entscheidungsfindung keine Rolle spielen. "Was meine Person und Partei angeht, haben solchen Äußerungen keine Auswirkung auf Entscheidungen", sagte Fricke Dow Jones Newswires. Diese müssten weiter nach Vernunftmaßstäben gefällt werden. "Jegliche Emotion kostet nur Geld, und zwar sowohl Griechenland als auch Europa", sagte Fricke. "Bei allem Frust, den wir in Deutschland haben über das, was in Griechenland passiert, müssen wir auch Verständnis dafür haben, wie schwierig die Situation für die griechische Bevölkerung, aber auch die griechische Politik ist", sagte der FDP-Politiker.

Für den Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages und FDP-Politiker Hermann Otto Solms machen die Äußerungen die Entscheidungsfindung zwar nicht leichter. "Das Ergebnis des Votums im Deutschen Bundestag wird trotzdem wie bisher eindeutig sein", sagte Solms Dow Jones Newswires. Es sei Aufgabe der gegenwärtigen Verhandlungen, den tatsächlich vorhandenen Sprengsatz zu entschärfen und einen dauerhaft stabilen Währungsverbund zu schaffen.

Als "besonders unbegründet" bewertet Solms die Kritik gerade gegenüber Finanzminister Schäuble. Dieser habe sich bislang entschlossener als andere Finanzminister in Europa für Sanierungshilfen zugunsten Griechenlands ausgesprochen. "Diejenigen, die in Griechenland die Polemik gegen Deutschland schüren, sollten bedenken, dass gerade die von Ihnen geschmähten Deutschen den größten Beitrag für die Griechenlandhilfe leisten", sagte der FDP-Politiker.

Auf Oppositionsseite kommentierte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick: "Von beiden Seiten sind die Äußerungen, die die Situation national aufladen und als Konflikt zwischen Nationen darstellen, nicht hilfreich. Umgekehrt seien allerdings auch "markige Sprüche aus Deutschland über die Griechen" nicht hilfreich. "Wir ernten jetzt die Früchte davon", sagte Schick im Gespräch mit Dow Jones Newswires. "Jede verbale Zuspitzung" sei wenig förderlich in der gegenwärtig sehr komplexen Verhandlungssituation.

Schick hofft jedoch, dass die verbale Zuspitzung keine Auswirkungen auf das Bundestagsvotum am 27. Februar haben wird. "Es ist im deutschen Interesse, dass es eine gute Lösung für Griechenland gibt, und im griechischen Interesse, dass es in Deutschland eine Zustimmung zu einer solch vernünftigen Lösung gibt", sagte der Grünenpolitiker. Daher täten alle Seiten gut daran, nüchtern und sachlich über die anstehenden Fragen zu diskutieren. "Und etwas weniger Hybris von deutscher Seite ist hilfreich", sagte Schick. Alle sollten sich darauf konzentrieren, für Griechenland eine stabile wirtschaftspolitische Perspektive zu schaffen. Dabei sei es neben klaren Regeln für die Fiskalpolitik wichtig, Griechenland durch wirtschaftliche Investitionen und administrative Hilfe derart zu unterstützen, dass es die Ziele auch einhalten könne, so Schick.

Als "Unverschämtheit" wertet hingegen Christian von Stetten, Chef des Wirtschaftsflügels in der Unionsfraktion, die Äußerungen. "Der griechische Staatspräsident müsste wissen: Ohne Wolfgang Schäuble wäre Griechenland schon längst zahlungsunfähig", betonte Stetten gegenüber der Tageszeitung Die Welt. Schäuble sei in seinem Engagement für Griechenland "an die Grenzen der physischen und psychischen Belastung gegangen, die sich ein Mensch überhaupt zumuten kann", führte Stetten weiter aus.

Es handele sich um einen "ungeheuerlichen Ausfall" des griechischen Präsidenten Karolos Papoulias. "Das kommt bei den deutschen Abgeordneten gar nicht gut an und wird sicher Auswirkungen auf die Abstimmung am 27. Februar haben", sagte von Stetten. Zahlreiche Abgeordnete, die bisher zustimmen wollten, würden "nun in sich gehen und neu darüber nachdenken, ob sie den EFSF-Rettungsschirm tatsächlich auf Griechenland ausdehnen wollen", sagte der CDU-Politiker.

"Da ist jetzt viel Nervosität, wie die griechischen präsidialen Äußerungen zeigen", ordnete Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter die Kritik aus Griechenland ein. Bislang sei noch keine Entscheidung über eine Freigabe des nächsten 130 Milliarden Euro umfassenden Hilfspaketes für Griechenland gefallen. Diese stehe erst am Montag auf der Grundlage einer genauen Analyse der Fakten an. "Am Montag werden die Finanzminister prüfen und bewerten, was auf dem Tisch liegt, und dann zu entscheiden haben, wie es weitergeht", sagte Kampeter zu N24.

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer Brüderle sagte dem Handelsblatt, er habe "volles Vertrauen", dass Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) bei den Verhandlungen über das zweite Hilfspaket am kommenden Montag deutsche Interessen "vehement vertritt". Der deutsche Staatshaushalt sei "kein Selbstbedienungsladen für andere Länder, daher erwarten wir für unsere Solidarität auch belastbare Zusagen der Griechen", sagte Brüderle.

Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias hatte am Mittwoch gesagt, er könne nicht hinnehmen, dass Schäuble sein Land verhöhne. „Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland kränkt? Wer sind die Niederländer? Wer sind die Finnen?", fügte der 82-Jährige hinzu. Schäuble hatte zuvor erklärt, die Euro-Länder seien weiterhin bereit, das hochverschuldete Griechenland zu unterstützen. "Aber, wie ich immer gesagt habe, wir können helfen, aber wir können nicht in ein Fass ohne Boden schütten", hatte Schäuble betont. Der "schwierigste Punkt" sei, wie sichergestellt werden könne, "dass Griechenland auch danach (den geplanten Wahlen im April) zu dem steht, was wir jetzt mit Griechenland vereinbaren?", sagte der deutsche Finanzminister.
RiskNET Redaktion /16.02.2012 20:21
+++ Griechenland erwartet Genehmigung neuen Hilfsprogramms für Montag +++

Die griechische Regierung erwartet, dass die Eurozone-Finanzminister das neue Hilfsprogramm für Griechenland am Montag genehmigen werden. Regierungssprecher Pantelis Kapsis sagte: "Die Verhandlungen laufen gut. Wir erwarten, dass die Eurogruppe grünes Licht gibt und dass der Prozess (der Schuldenreduzierung) beginnt."
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