Kreditrisiken fordern weitere Abschreibungen bei US-Banken


Die großen US-Banken werden nach Einschätzung von Beobachtern auch für das erste Quartal 2008 mit schlechten Nachrichten aufwarten. Weitere Abschreibungen im Zusammenhang mit der Finanzkrise werden dabei wohl für deutliche Gewinneinbußen oder aber auch wieder für rote Zahlen bei dem einen oder anderen Finanzinstitut gesorgt haben. Allerdings sind die Beobachter geteilter Meinung. Nun da die ersten drei Monate vorbei sind - die unter anderem den Beinahe-Zusammenbruch der US-Bank Bear Stearns mit einer anschließend beispiellosen Hilfsaktion der Federal Reserve zu bieten hatte - sagen einige wenige Optimisten, das schlimmste dürfte nun wohl vorbei sein. Sie sehen die Branche nun wieder langsam auf dem Weg einer Erholung. Die Mehrheit geht aber davon aus, dass die Talsohle noch nicht durchschritten ist. Die Krise, die mit dem Platzen der Immobilienblase in den USA begonnen hat, habe vor allem deshalb derartige Ausmaße angenommen, weil Banken die Immobilienkredite in immer kompliziertere Konstruktionen verpackt und weltweit verkauft haben. Das wiederum habe eine Vertrauenskrise unter den Banken ausgelöst, weil jetzt niemand mehr wisse, wer auf welchen Risiken und Verlusten sitze, sagt ein Beobachter.

Verluste durch "Home Equity-Loans"

Die Turbulenzen haben bisher bereits einen enormen Schaden bei den Banken angerichtet. Schätzungen gehen davon aus, dass die Finanzinstitute weltweit bislang bereits einen dreistelligen Milliardenbetrag an Wertkorrekturen verbucht haben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) befürchtet, dass im Zusammenhang mit der Subprime-Krise im engeren Sinne (US-Hypotheken für Wohnimmobilien und verwandte Produkte) Verluste von rund 565 Mrd. US-Dollar drohen. In einem weiteren Rahmen (Kredite für gewerbliche Immobilien, Verbraucherkredite) schätzt der IWF die drohenden Abschreibungen auf rund 945 Mrd. US-Dollar. Am Mittwoch wird die US-Bank J.P. Morgan Chase & Co über den Geschäftsverlauf der ersten drei Monate berichten. Analysten gehen von einem deutlichen Gewinneinbruch aus, allerdings dürfte JP Morgan schwarze Zahlen schreiben und eher zu den Gewinnern der Krise gehören. JP Morgan Chase hatte im März zugestimmt, die ins Trudeln geratene Bear Stearns zu kaufen. Die Fed unterstützt JP Morgan Chase bei der Finanzierung der Übernahme. Ein Zusammenbruch von Bear Stearns hätte die Unsicherheit an den Finanzmärkten weiter verstärkt, was die Regierung unbedingt verhindern wollte. Die US-Notenbank hat laut JP Morgan im Zusammenhang mit der Übernahme Sonderfinanzierungen zugesagt. Zudem hatte die Fed im Zuge der Rettungsaktion von Bear Stearns illiquide Wertpapiere der Bank im Wert von 29 Mrd. US-Dollar abgesichert. Zwar musste JPMorgan letztendlich den Preis auf 10 US-Dollar je Bear-Stearns-Aktie von vorher zwei US-Dollar nach harscher Aktionärs-Kritik aufstocken, einige halten diesen Preis aber immer noch für ein "Schnäppchen". Allein die Zentrale von Bear Stearns in New York habe einen Immobilienwert von einer Mrd. US-Dollar, sagen Beobachter. Allerdings hatte die Bank bereits im März davor gewarnt, dass im Bereich der Hauskredite (Home Equity-Loans) ein höherer Verlust als im Vorquartal anfallen könnte. Die Darlehensform der "Home Equity-Loans" war während des Aufschwung des privaten Immobilienmarktes sehr populär geworden und hatte Banken hohe Gewinne verschafft. Hausbesitzer konnten dabei Geld oder eine Kreditlinie auf den gestiegenen Wert ihrer Häuser aufnehmen. Neben den Home-Equity-Loans und den Rückstellungen in diesem Zusammenhang haben die Analysten bei JP Morgan auch natürlich die Abschreibungen im Blick. Die Experten von Oppenheimer rechnen mit Wertberichtigungen von 2,8 Mrd. US-Dollar.

Weitere Milliarden-Abschreibungen in Sicht

Einen Tag später - am 17. April - blicken die Anleger dann auf die Ergebnisse der Merrill Lynch & Co. Analysten rechnen bei dem Institut mit einem Nettoverlust von 1,99 US-Dollar bei Einnahmen von 3,7 Mrd US-Dollar. Im ersten Quartal 2007 berichtete Merrill einen Nettogewinn von 2,26 US-Dollar bei Einnahmen von 9,85 Mrd US-Dollar. Merrill Lynch war wegen Abschreibungen von insgesamt rund 25 Mrd USD im dritten und vierten Quartal 2007 bereits in die Verlustzone gerutscht. Analysten gehen davon aus, dass Merrill Lynch im Auftaktquartal 2008 weitere Milliarden-Abschreibungen wird vornehmen. Im Gegensatz zu den früheren Belastungen stünden die neuen Abschreibungen nicht im direkten Zusammenhang mit Subprime-Papieren, sondern würden wahrscheinlich auf andere Anlage-Klassen vorgenommen werden. Merrill-Lynch-CEO John Thain sagte jüngst, die Bank brauche kein frisches Kapital. Zuvor hatten entsprechende Gerüchte die Runde am Markt gemacht.

Tausende Stellen vor dem Abbau

Am 18. April berichtet dann die Citigroup über die Quartalsentwicklung. Die Citigroup gehört zu den größten Opfern der Finanzkrise und hat bereits 21,9 Mrd. US-Dollar abgeschrieben, davon allein 18,1 Mrd. USD im vierten Quartal 2007. Analysten rechnen bei der Citigroup mit einem Quartalsverlust von 0,95 US-Dollar bei Einnahmen von 12,77 Mrd. US-Dollar. Ein Jahr zuvor berichtete die US-Großbank einen Nettogewinn von 1,01 US-Dollar mit Einnahmen von insgesamt 25,46 Mrd. US-Dollar. Die britische Zeitung "The Times" schrieb am Montag unter Berufung auf eine bekannte Wall-Street-Analystin, bei der Citigroup sei im ersten Quartal mit weiteren Abschreibungen im Volumen von 11 Mrd. US-Dollar zu rechnen. Einige Beobachter gehen sogar davon aus, dass die Abschreibungen sogar annähernd so hoch wie im vierten Quartal ausfallen könnten. Die Citigroup, die seit Beginn der Finanzkrise, deutlich an Wert verloren hatte, musste bereits frisches Kapital bei arabischen Staatsfonds einsammeln. Zudem will die Bank tausende Stellen abbauen.

Deutschlandgeschäft der Citigroup auf den Prüfstand

Am Wochenende hatten Medien berichtete, die Citigroup erwäge nun auch zur Generierung von Kapital einen Verkauf ihrer deutschen Verbraucherkredittochter Citibank. Citigroup-CEO Vikram Pandit habe sogar das komplette Deutschlandgeschäft auf den Prüfstand gestellt - also auch das in Frankfurt angesiedelte Investmentbanking. Nach Einschätzung von Beobachtern könnte die Citigroup Hinweise zur Zukunft der deutschen Tochter bei der Veröffentlichung der Erstquartalsergebnisse geben. Zum Wochenauftakt am 21. April berichtet die Bank of America Corp über das Geschäft der ersten drei Monate. Hier rechnen die Beobachter mit einem Gewinn je Aktie von 0,41 US-Dollar und Gesamteinnahmen von 16,46 Mrd. USD. In den ersten drei Monaten 2007 berichtete das Finanzinstitut ein Ergebnis je Aktie von 1,16 USD und Einnahmen von 18,4 Mrd. US-Dollar. Analysten gehen davon aus, dass die Bank of America  Rücklagen von 6,5 Mrd. US-Dollar gebildet hat, um gegen Verluste in Zusammenhang mit der Subprime- und Kreditkrise gewappnet zu sein.

US-Hypothekenfinanzierer Countrywide Financial unter Beobachtung

CEO Ken Lewis sagte, die Bank of America werde im laufenden Jahr nicht nur profitabel sein, sondern auch ihre 30-jährige Geschichte einer Dividendenerhöhung fortsetzen. Im Januar sagte er für 2008 ein Ergebnis je Aktie von über vier US-Dollar voraus. Das meiste Wachstum dürfte allerdings im zweiten Halbjahr 2008 stattfinden. Bei der Bank of America blicken die Investoren besonders auf die Aussagen zu ihrem Engagement bei dem US-Hypothekenfinanzierer Countrywide Financial. Im Januar hatte die Bank of America mitgeteilt, die angeschlagene Countrywide zu übernehmen. Damit konnte nach Aussage von Beobachtern eine der größten Unternehmenspleiten in den USA in Folge der Hypothekenkrise abgewendet werden. Countrywide hatte zuvor bereits 11.000 Mitarbeiter entlassen müssen, nachdem die Geschäftsbasis des Unternehmens wegen einer Serie von Kreditausfällen bei Baudarlehen ins Wanken geraten war.

[Quelle: RISIKO-MANAGER.com]

Risk Academy

Die Intensiv-Seminare der RiskAcademy® konzentrieren sich auf Methoden und Instrumente für evolutionäre und revolutionäre Wege im Risikomanagement.

Seminare ansehen
Newsletter

Der Newsletter RiskNEWS informiert über Entwicklungen im Risikomanagement, aktuelle Buchveröffentlichungen sowie Kongresse und Veranstaltungen.

jetzt anmelden
Lösungsanbieter

Sie suchen eine Softwarelösung oder einen Dienstleister rund um die Themen Risikomanagement, GRC, IKS oder ISMS?

Partner finden
Ihre Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.