Überschuldung ist überwiegend "Männersache"

Kreditrisiken sind jung und männlich


Trotz der Wirtschaftskrise ist die Zahl der überschuldeten Verbraucher in diesem Jahr gesunken. Der Erhalt von Arbeitsplätzen durch Kurzarbeit, sinkende Lebenshaltungskosten und gleichzeitiger Konsumverzicht führten zu einem Rückgang um 680.000 auf knapp 6,2 Millionen Überschuldete, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Düsseldorf mitteilte. Damit sank die Schuldnerquote im Vorjahresvergleich um rund einen Prozentpunkt auf knapp 9,1 Prozent. 2008 hatten noch knapp 6,9 Millionen Privatleute über 18 Jahren weniger eingenommen als sie monatlich ausgeben müssen. Mit einer weiteren Entspannung der Verschuldungslage rechnete die Wirtschaftsauskunftei allerdings nicht. Vielmehr werde die Zahl der Überschuldeten in den nächsten beiden Jahren eher wieder wachsen - wegen des erwarteten merklichen Anstiegs der Arbeitslosenzahlen bis Ende 2010 und stagnierender Realeinkommen. Auch in den vergangenen Monaten ging die Schuldnerquote nicht in allen Bereichen zurück. So stieg der Anteil der Frauen bei den überschuldeten Privatleuten um 2,4 Punkte auf 34,4 Prozent. Auch die Zahl der jungen Überschuldeten unter 20 Jahre wuchs seit 2004 um 75.000 auf 128.000 Betroffene.

Creditreform-Vorstand Prof. Dr. Helmut RödlAls einen Grund für den aktuellen Rückgang der Schuldnerquote nannte Creditreform-Vorstand Prof. Dr. Helmut Rödl den bislang noch moderaten Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Wirtschaftskrise. Jobverlust als Hauptauslöser für Überschuldung sei durch die massive Ausweitung der Kurzarbeit größtenteils verhindert worden. Auch habe der deutliche Rückgang bei Energie-, Rohstoff- und Lebensmittelpreisen die Verbraucher entlastet. Durch weitgehend stabile Einkommen seien die Schuldner in der Lage gewesen, ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen und Schulden abzubauen. Zudem seien die Verbraucher durch Sparen und Konsumverzicht weniger neue Kreditverpflichtungen eingegangen.

20 Jahre nach dem Mauerfall verzeichnete Creditreform eine Angleichung bei den Schuldnerquoten in Ost und West: In den neuen Ländern ohne Berlin liegt die Quote demnach bei 9,08 Prozent, im Westen bei 9,1 Prozent. Die niedrigsten Schuldnerquoten weisen Bayern mit 6,7 Prozent, Baden-Württemberg mit 7,1 Prozent und Sachsen mit knapp 8 Prozent auf. Am unteren Ende der Statistik finden sich Bremen mit knapp 14 Prozent, Berlin mit 12,2 Prozent und Sachsen-Anhalt mit gut 11 Prozent. Im Vergleich zu den angelsächsischen Ländern steht Deutschland bei der Verbraucherüberschuldung laut Creditreform noch gut da. In den USA beträgt die Schuldnerquote demnach aktuell 16,1 Prozent, in Großbritannien 11,3 Prozent. Als Grund nannte die Wirtschaftsauskunftei, dass die Volkswirtschaften dieser Länder stärker von der Finanz- und Immobilienkrise betroffen seien und mehr unter den Folgewirkungen wie einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosenzahl litten.

Die Analyse der Überschuldungsentwicklung nach Geschlechtszugehörigkeit und Alter hatte 2006 und 2007 zwei generelle Ergebnistrends erbracht. Erstens: Überschuldung ist überwiegend "Männersache", wobei auch Frauen heute stärker als früher in Überschuldungsprozesse geraten. Zweitens: Überschuldung wird jünger. Beide Befunde können auch 2009 bestätigt werden. So fungieren zwar Männer in vielen Familien immer noch als Haushaltsvorstand und müssen im Falle der Überschuldung für Verbindlichkeiten aufkommen. Zudem wird Männern eine stärker ausgeprägte (negative) Einstellungs- und Verhaltensdisposition zur Verschuldung attestiert als Frauen. Allerdings zeigen die Detailanalysen nach Altersgruppen, dass insbesondere in der Gruppe der 20- bis 29-jährigen Frauen ein zumindest überdurchschnittlicher Anstieg der Schuldnerquoten zu beobachten ist.

Insgesamt sind 2009 rund 4,1 Millionen Schuldner dem männlichen Geschlecht und rund 2,1 Millionen Schuldner dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen. Zudem gilt nach Analysen des Statistischen Bundesamtes aus den Jahren 2007/2008: Männer sind für höhere Schuldenvolumen verantwortlich als Frauen. Bei einem Durchschnittswert von rund 36.900 Euro liegen männliche Schuldner (39.300 Euro) rund 5.000 Euro über dem Durchschnittswert von Frauen (34.400 Euro). Die Analyse der Überschuldungsentwicklung nach Alter für den Zeitraum 2004 bis 2009 bestätigt den schon 2006 genannten und als bedenklich eingestuften Trend: Überschuldung wird jünger. Zwar weisen auch 2009 die mittleren Altersgruppen der 30- bis 39-jährigen sowie der 40- bis 49-jährigen Personen die höchsten Schuldnerquoten auf. Allerdings verzeichnen beide Gruppen im Zeitraumvergleich 2004 bis 2009 deutliche Rückgänge der Schuldnerquoten auf (-0,64 bzw. –1,30 Prozent).

Andererseits verzeichnen die jungen Altersgruppen, aber insbesondere die Gruppe der 20- bis 29-jährigen Schuldner, im Zeitraumvergleich 2004/2009 deutliche Anstiege der Schuldnerquoten auf (unter 20 Jahre: + 0,62 Prozentpunkte; 20- bis 29-Jährige: + 2,26). Die Gruppe der 20- bis 29-jährigen Schuldner liegt in einem Negativ-Ranking nach Schuldnerquote damit mittlerweile sehr deutlich vor der Gruppe der 50- bis 59-jährigen Schuldner. Als Gründe nannte Creditreform-Chef Rödl u.a. die mangelhafte Bildung im Umgang mit Geld und forderte zugleich eine bessere finanzielle Ausbildung für junge Bürger sowie die Stärkung und den Ausbau der Schuldnerberatung.

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