Studie über Mentale Modelle im Aktienmarkt

Lücke im Verständnis der Gleichgewichtspreisbildung


Studie über Mentale Modelle im Aktienmarkt: Lücke im Verständnis der Gleichgewichtspreisbildung Studie

Eine aktuelle Studie (Mental Models of the Stock Market) untersucht die Mentalen Modelle von Investoren und deren Einfluss auf die Erwartungen hinsichtlich der Aktienrenditen. Ein Mentales Modell ist – einfach formuliert – ein Abbild der Wirklichkeit in der menschlichen Wahrnehmung. Unser Gedächtnis, die Wahrnehmung der Wirklichkeit und auch die Wahrnehmung von Risiken und viele weitere Denkleistungen beruhen auf der Anwendung dieser Abbilder (sog. kognitiver Artefakte). Im Jahr 1983 wurde das Konzept und der Begriffe der "Mentalen Modelle" vom Princeton-Professor und Psychologen Philip Nicholas Johnson-Laird geprägt.

Die Studie konzentriert sich darauf, wie verschiedene Wirtschaftsteilnehmer, einschließlich Haushalten, Investoren, Finanzexperten und akademischen Experten, veraltete Nachrichten über zukünftige Gewinne von Unternehmen interpretieren und darauf reagieren. Ziel der Studie ist es, die Denkweise hinter diesen Erwartungen, auch im Kontext der Risikowahrnehmung und der Gleichgewichtspreisbildung, zu beleuchten.

Die Studie verwendet Umfragen, die mit verschiedenen Gruppen durchgeführt wurden:

  • US-amerikanische und deutsche Haushalte: Umfragen mit über 2.400 US-Haushalten und fast 4.000 deutschen Haushalten.
  • Investoren: Umfragen mit 408 US-Investoren und 299 deutschen Investoren.
  • Finanzberater und Fondsmanager: Umfragen mit 406 US-Finanzberatern und 105 deutschen Fondsmanagern.
  • Akademische Experten: Eine Umfrage mit 116 international tätigen akademischen Experten im Bereich Finanzökonomie.

Die Umfragen präsentieren hypothetische Szenarien über veraltete Nachrichten (vier Wochen alt) bezüglich zukünftiger Gewinne von Unternehmen wie Nike. Die Befragten werden gebeten, zukünftige Aktienrenditen vorherzusagen und ihre Begründungen zu erklären.

Die wichtigsten Ergebnisse

1. Schlussfolgerungen aus historischen und veralteten Nachrichten:

  • Akademische Experten betrachten veraltete und historische Nachrichten größtenteils als irrelevant für die Vorhersage zukünftiger Renditen, im Einklang mit der Hypothese der effizienten Märkte.
  • Im Gegensatz dazu glauben viele Haushalte, Investoren und Finanzberater, dass veraltete positive (oder negative) Nachrichten zu höheren (oder niedrigeren) erwarteten zukünftigen Renditen führen. Dieser Glaube hält über verschiedene zukünftige Horizonte und sowohl unternehmensspezifische als auch aggregierte Marktszenarien an.

2. Mentale Modelle und Begründungen:

  • Akademische Experten zitieren häufig Markteffizienz und risikobasierte Asset-Pricing-Modelle in ihren Begründungen und betonen, dass erwartete Renditen durch Risikoeigenschaften und nicht durch veraltete Nachrichten bestimmt werden.
  • Viele Nicht-Experten vernachlässigen die Gleichgewichtspreisbildung und setzen höhere erwartete Gewinne direkt mit höheren erwarteten Renditen gleich. Diese Vernachlässigung der Gleichgewichtsanpassungen ist weit verbreitet bei Haushalten, Investoren und Finanzberatern.
  • Fondsmanager zeigen eine diverse Argumentation, wobei einige sich an Markteffizienz orientieren und andere die Gleichgewichtspreisbildung vernachlässigen.

3. Experimentelle Interventionen:

Experimente mit Haushalten zeigen, dass weder die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf Handelsreaktionen und Preisänderungen noch das explizite Ausschließen risikobasierter Argumentation ihre Renditeprognosen signifikant verändert. Dies deutet auf eine grundlegende Lücke im Verständnis der Gleichgewichtspreisbildung hin.

4. Glaubensanomalien und Konsequenzen:

  • Die Studie verbindet die Vernachlässigung des Gleichgewichts mit Glaubensanomalien wie Renditeextrapolation und prozyklischen Erwartungen, bei denen Investoren während wirtschaftlicher Boomphasen höhere Renditen und während Rezessionen niedrigere Renditen erwarten.
  • Die Vernachlässigung der Gleichgewichtspreisbildung führt zu Verhaltensweisen wie Überhandel und dem Versäumnis, Portfolios angemessen auf Gewinnnachrichten anzupassen.

Implikationen für das Risikomanagement

Die Ergebnisse haben bedeutende Implikationen für das Risikomanagement und die Finanzbildung:

  • Bildungsinitiativen: Es besteht Bedarf an gezielter Finanzbildung, um das Verständnis der Markteffizienz und risikobasierter Asset-Pricing-Modelle bei Investoren und Finanzfachleuten zu verbessern.
  • Regulatorische Maßnahmen: Die Verbesserung der Transparenz und Verfügbarkeit von Informationen kann dazu beitragen, Informationsineffizienzen zu verringern und Marktergebnisse zu verbessern.
  • Anlagestrategien: Finanzberater sollten sich darauf konzentrieren, die falschen Vorstellungen ihrer Kunden über die Gleichgewichtspreisbildung zu korrigieren, um realistischere Renditeerwartungen und Anlagestrategien zu fördern.

Schlussfolgerung

Die Studie zeigt die entscheidende Rolle mentaler Modelle bei der Formung von Renditeerwartungen und dem Verhalten der Investoren auf den Finanzmärkten. Sie offenbart eine erhebliche Lücke im Verständnis der Gleichgewichtspreisbildung bei Nicht-Experten, die zu systematischen Erwartungsfehlern und suboptimalen Anlageentscheidungen führt. Diese Lücke durch Bildung und verbesserte Marktpraktiken zu schließen, kann die Gesamteffizienz des Marktes und die Ergebnisse der Investoren verbessern.

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[ Bildquelle Titelbild: Generiert mit AI ]
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