Fehlendes Controlling, Finanzierungslücken und ein unzureichendes Debitorenmanagement sind die Hauptursachen, warum Unternehmen insolvent werden. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Umfrage der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG unter Deutschlands Insolvenzverwaltern. In der repräsentativen Studie, die Deutschlands führender Kreditversicherer Euler Hermes zusammen mit dem Zentrum für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim (ZIS) durchgeführt hat, wurden bundesweit insgesamt 125 führende deutsche Insolvenzverwalter nach den wichtigsten Insolvenzursachen befragt. Sie bearbeiten aktuell rund 19.000 Insolvenzen. Ziel der Studie war es herauszufinden, welches die Gründe für die anhaltend hohe Zahl an Unternehmensinsolvenzen sind.
Hauptursache Managementfehler
Die befragten Insolvenzverwalter sind sich einig, dass in der Regel nicht nur ein Faktor, sondern ein ganzes Bündel an Ursachen für den Zusammenbruch eines Unternehmens verantwortlich ist. An erster Stelle stehen nach Meinung von 79 Prozent der Befragten „Fehlendes Controlling“, gefolgt von „Finanzierungslücken“ (76 Prozent), einem „unzureichenden Debitorenmanagement“ (64 Prozent) und einer „autoritären, rigiden Führung“ (57 Prozent). Dazu kommen „ungenügende Transparenz und Kommunikation“ (44 Prozent), „Investitionsfehler“ (42 Prozent) und eine „falsche Produktionsplanung“ (41 Prozent). „Die Ergebnisse decken sich mit unseren Erfahrungen, dass viele Unternehmen das Debitorenmanagement vernachlässigen und dadurch in existenzbedrohende Krisen geraten.
Unternehmen müssen dieses Thema ernster nehmen - und zwar unabhängig von der jeweils aktuellen konjunkturellen Entwicklung“, so Dr. Gerd-Uwe Baden, Vorstandsvorsitzender der Euler Hermes Kreditversicherung.
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Unternehmen verpassen die Chance der Sanierung
Wie schwerwiegend Fehleinschätzungen bei der Unternehmensführung sein können, zeigt auch ein anderer wesentlicher Befund der Untersuchung: 72 Prozent der befragten Insolvenzverwalter sind der Meinung, dass die Insolvenzanträge in der Regel zu spät gestellt werden – 96 Prozent sind überzeugt davon, dass mit einer früheren Antragstellung die Chancen auf eine Rettung des Unternehmens wesentlich höher wären. Damit verpassen die Unternehmen wesentliche Vorteile, die sich aus einem frühzeitig gestellten Insolvenzantrag ergeben wie zum Beispiel die Chance, durch rechtzeitige Gespräche mit den Gläubigern die Liquidität des Unternehmens abzusichern und damit die Fortführung des Betriebes zu ermöglichen.
Gefahr durch falsche Einschätzung der Situation
Die Gründe für die späte Antragstellung sind in erster Linie psychologischer Natur. 96 Prozent der Insolvenzverwalter stellen fest, dass die Unternehmer meist den Ernst der Situation verkennen und mit Verdrängungs- und Abwehrstrategien („irgendwie wird es schon wieder aufwärts gehen“) reagieren. Grund dafür ist nach Meinung von 95 Prozent der Befragten die Angst vor einer Bloßstellung vor Bekannten und in der Branche.
„Viele gehen davon aus, dass mit der Insolvenz zwangsläufig das Ende eines Unternehmens verbunden ist. Dabei sollte das Ziel eines Insolvenzverfahrens immer die Sanierung sein“, so Prof. Dr. Georg Bitter vom Zentrum für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim (ZIS). Wie hoch bei rechtzeitiger Antragstellung die Chancen auf eine erfolgreiche Sanierung sind, zeigt ein weiteres Ergebnis der Studie. So rechnen 56 Prozent der befragten Verwalter im „typischen Insolvenzfall“ mit der Weiterführbarkeit des Unternehmens. Hierbei gilt, je größer das Unternehmen, desto größer die Chance auf Erhalt des Unternehmens.
Größe, Umsatz und Branche entscheidend
Nach Erfahrung der befragten Insolvenzverwalter treten bestimmte Fehlverhaltensweisen je nach Größe, Umsatz und Branche unterschiedlich häufig auf. Eine verspätete Antragstellung ist laut Aussage der Insolvenzverwalter typisch für inhabergeführte Unternehmen. Gleichzeitig gilt, je größer das Unternehmer desto eher wird der Antrag gestellt. Jüngere Unternehmen (unter 15 Jahren) haben häufiger mit mangelnder Liquidität zu kämpfen. Fehlende betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind typisch für inhabergeführte Unternehmen. Grund dafür ist, dass sich bei diesen meist kleineren Unternehmen sehr gute Fachleute selbstständig gemacht haben, ohne - bei wachsender Konkurrenz und immer schwieriger werdenden Märkten - über die notwendigen fundierten betriebswirtschaftlichen Kenntnisse zu verfügen.
Externe Faktoren verschlechtern die Situation zusätzlich
Neben den internen Insolvenzrisiken erschweren zusätzlich externe Faktoren die Lage der Unternehmen. An erster Stelle steht hier nach Einschätzung von 82 Prozent der Befragten die schlechte Zahlungsmoral der Kunden. Dazu kommen die bürokratische Anwendung des Arbeits- und Sozialrechtes (81 Prozent), die Tatsache, dass Arbeitsgerichte häufig notwendige personelle Umstrukturierungen in den Unternehmen verhindern (73 Prozent) und der negative Einfluss von Basel II auf die Finanzierungsmöglichkeiten von
Unternehmen (60 Prozent).