Der Wettbewerb wird immer internationaler und härter. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Unternehmens liegt heute nur noch bei durchschnittlich 12,5 Jahren. Klassische auf die Förderung des Verkaufens ausgerichtete betriebswirtschaftliche und werbliche Konzepte sind an ihre Grenzen gestoßen. Das Ergebnis: Das Markensterben schreitet immer schneller voran. Die Entwicklung starker Marken bringt dagegen Unternehmen wieder auf die Überholspur. Richtig positioniert und geführt, setzen sie ein Absatz- und Preispremium durch und binden Kunden langfristig an die Unternehmensleistung. Denn Marken haben, im Gegensatz zu Produkten, keinen Lebenszyklus.
Wie baut man aber eine starke Marke auf? Der zentrale Erfolgsfaktor: Die auf die Erhöhung des Kundennutzens ausgerichtete Positionierung finden. Leicht gesagt, aber was heißt das eigentlich? Fragen wir doch einmal Gablers Wirtschaftslexikon: "Ähnlich der Produktpositionierung beabsichtigt die Markenpositionierung die Schaffung einer möglichst unverwechselbaren, erfolgsträchtigen Stellung beim Kunden im Verhältnis zum Wettbewerb. Während sich die Produktpositonierung auf produktpolitische Maßnahmen konzentriert, werden bei der Markenpositionierung auch die anderen Marketinginstrumente (Kommunikations-, Distributions-, Service- und Preispolitik) in die Betrachtung einbezogen."
Der US-Markenberater David A. Aaker meint dagegen zum Thema Markenpositionierung: "Brand position is the part of the brand identity and value proposition that is to be actively communicated to the target audience and that demonstrates an advantage over competing brands.” Und der Markenexperte Franz-Rudolf Esch sagt uns: "Die Markenpositionierung schafft einen Fokus für Marken. Man muss mit einem kurzen und prägnanten Satz sagen können, wofür eine Marke steht, was sie von Wettbewerbern abgrenzt und warum Kunden die eigene Marke präferieren sollen. Points of Parity und Points of Difference sind zu bestimmen. Dies fällt schwer, weil man sich beschränken muss auf ganz wenige, relevante Merkmale."
Abb. 01: SIGG, 1908 als Hersteller von Geschirr im schweizerischen Frauenfeld gegründet, fokussierte sich später auf ein Produkt: Die Aluminium-Trinkflasche. Und positionierte seine Marke auf ein zentrales Merkmal: Swissness. Als "Das Original" nimmt sie dann eine nicht kopierbare Position ein und differenziert sich so klar vom Wettbewerb. [Bildquelle: Sigg]
Ohne Kommunikation keine Marke
Versuchen wir diese Informationen auf einen Nenner zu bringen: Unter Markenpositionierung versteht man also vor allem die fokussierte Abgrenzung der eigenen Marke von den Marken des Wettbewerbs. Das geschieht durch bestimmte oder sogar nur mit einer Eigenschaft als Ausdruck einer einzigartigen Identität. Dabei sollten die Positionierungseigenschaften zum einen den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumenten entsprechen und sich zum anderen so vom Wettbewerb unterscheiden, dass der Stakeholder ein unverwechselbares Bild von der Marke, also ein eindeutiges Image, gewinnt. Letztendlich geht es also darum, die Leistung des Unternehmens – Produkte oder Dienstleistungen – im Kopf des Kunden zu positionieren und so ein mentales Territorium mit seinem Namen und einer bestimmten Eigenschaft zu besetzen. Dabei sollte sich das Produkt oder die Dienstleistung so von anderen Anbietern unterscheiden, dass sie auch zuverlässig von den Stakeholdern wahrgenommen werden kann. Und sie sollten diesen einen Nutzen stiften und so Bedürfnisse erfüllen oder erschaffen.
Letztendlich geht es also um Differenzierung und Relevanz, welches aber nur durch Kommunikation entstehen kann. Ohne Kommunikation kann sich dagegen keine Marke als Abbild der Produkt- oder Dienstleistungs-Identität im Kopf des anvisierten Kunden bilden. Wer also nicht wirksam kommuniziert, kann auch nicht eindeutig wahrgenommen werden. Und hier liegt bei vielen Unternehmen schon einmal "der Hase im Pfeffer".
Die Positionierung, als strategisches Konzept, schafft also die wesentliche Voraussetzung, dass sich eine Unternehmensleistung in Form von Produkten – materielle oder immaterielle – als Marke "im Kopf des Kunden" etablieren kann. Je klarer und resonanzstärker dabei die Positionierung angelegt ist, umso größer ist die Chance zur Markenbildung.
Damit eine Marke durch Kommunikation wirksam entstehen kann, hat das Unternehmen deshalb nicht nur die Aufgabe die Marken-Positionierung strategisch zu entwickeln, sondern diese in der gesamten Wertschöpfungskette in einem unverwechselbaren Stil zu kultivieren, um so eine einzigartige Identität als Bezugsobjekt zur Markenbildung im Kopf des Kunden zu gestalten. Denn erst durch die Kommunikation der Identität der Marke an den Marken-Kontaktpunkten kann sich ein Image von der Marke bilden.
Abb. 02: Marken müssen emotionale Erlebnisse schaffen. Dabei aber ihre Positionierung nicht aus dem Auge verlieren. Louis Vuitton Malletier, 1854 von dem französischen Handwerker und Unternehmer Louis Vuitton (1821–1892) in Paris gegründetes Luxuswaren-Unternehmen, das in den Anfangsjahren zunächst exklusive Koffer und Reisegepäck herstellte, versteht es auch heute noch seine Marke perfekt zu inszenieren. [Bildquelle: Louis Vuitton]
Das Image spiegelt dabei die kommunizierte Markenidentität wie sie der jeweilige Stakeholder wahrnimmt. Dabei spielen emotionale Gefühle, Einstellungen, Haltungen, Erfahrungen und rationale Erwartungen der jeweiligen Person eine große Rolle. Im Ergebnis entstehen die Einstellung und das daraus abgeleitete Verhalten des einzelnen Stakeholders gegenüber der Markenleistung. Im Prinzip hat deshalb nicht die Marke ein Image, sondern der Stakeholder hat ein Image von der Identität der Marke. Dabei beschreibt das Image die Wahrnehmung einer Marke durch die Stakeholder und die Identität drückt die Vorstellungen des markenführenden Unternehmens für was seine Marke stehen soll aus.
Ohne Identität keine Positionierung
Die wichtigste Aufgabe der Markenführung besteht deshalb darin, eine einzigartige Markenidentität zu schaffen. Diese umfasst die wesentlichen, wesensprägenden und charakteristischen Merkmale, die Ausdruck einer Wertehaltung sind und welche dem Kunden einen Nutzen stiften sollen. Die Markenpositionierung dient dabei dazu, das Markenimage an die angestrebte Markenidentität anzugleichen: Stakeholder nehmen Marken in Form von subjektiven Assoziationen wahr. Mit Hilfe einer strategischen Markenpositionierung sollen diese Vorstellungen beeinflusst werden, um die Marke attraktiver zu gestalten. Eine Markenpositionierung ist somit ein zielgerichteter Prozess das Markenimage zu definieren, zu messen, zu modifizieren und zu überwachen. Dementsprechend dient die Markenpositionierung nicht nur der Steigerung der Attraktivität des eigenen Angebotes, sondern auch der Abgrenzung gegenüber den Angeboten des Wettbewerbs, mit dem Ziel präferiert zu werden.
Das Image von der Marke ist dabei die Voraussetzung für die erfolgreiche Durchsetzung der Unternehmensleistung im Markt. Starke Marken, die über eine hohe Bekanntheit und ein nutzenorientiertes Markenimage verfügen, wirken sich nachweislich positiv auf die Kaufbereitschaft, die Zufriedenheit mit der Markenleistung, die Bindung des Kunden an die Marke und den Wiederkauf der Markenprodukte und -dienstleistungen aus. Mit anderen Worten: das Unternehmen erzielt ein Absatz- und ein Preispremium. Die Entwicklung einer einzigartigen Identität, aus welcher die Positionierung als Zielvorgabe für die interne und externe Kommunikation abgeleitet wird, ist des-halb die grundlegende Voraussetzung für den Aufbau des klaren Markenimages.
Abb. 03: Orsay fokussiert sich auf Womanswear und positionierte sich als feminine Marke mit dem Claim "ORSAY. The feminine style". Nach einem Managementwechsel gab Orsay die Positionierung auf. Der Effekt: Die Marke mutierte zum Commodity und befindet sich wieder in einem verstärkten Preiskampf. [Bildquelle: Orsay]
Wie muss man nun aber vorgehen, damit man genau die Positionierung seiner zukünftigen Marke findet, welche die Kraft hat, ein kaufrelevantes Image von seiner Marke in den Köpfen der anvisierten Kunden zu erzeugen? Wie geht das? Das Zauberwort für eine erfolgreiche Positionierung heißt Divergenz. Divergenz, lateinisch divergere "auseinander streben, steht allgemein für eine Abweichung und in der Evolution für die Auseinanderentwicklung zweier Teilpopulationen.
Dazu kommt ein zweites Zauberwort: Relevanz. Die Markenleistung muss einen Sinn, also einen Nutzen für den Kunden haben. Sie müssen den Kunden also einen sinnhaften Kaufgrund liefern. Mit anderen Worten warum er das Geld bei Ihnen und nicht bei einem Ihrer Wettbewerber ausgeben soll.
Hierfür müssen Sie folgendes tun: Sie müssen ein Nutzenmerkmal fokussieren, das in den Köpfen Ihrer Kunden funktioniert, also eine Kaufpräferenz auslöst. Wie können Sie dieses kaufentscheidente Merkmal finden?
Mittelmaß bleibt Mittelmaß
Die Positionierungsbesonderheit muss spontan im Kopf Resonanz erzeugen: Der Glaube an eine unschlagbare Qualität und einen individuellen Nutzen. Dazu muss sich die Marke divergent unter-scheiden. Sich also spezialisieren. Nehmen wir das Beispiel Dr. Best: Wer sich im "unprofilierten Mittelfeld” positioniert, wird auch als Mittelmaß wahrgenommen. So ging es auch Dr. Best, einer Marke für Zahnpflegeprodukte, insbesondere Zahnbürsten. Heute befindet sich die Marke im Besitz des britisches Pharmaunternehmens GlaxoSmithKline. Obwohl die Marke bereits seit 1953 existiert, wurde sie erst seit Ende der 1980er-Jahre wieder relevant. Bis dahin wusste niemand warum man Dr. Best Zahnbürsten kaufen sollte. Außer, dass Dr. Best für Zahnbürsten stand. Erst die Positionierung auf die Nutzenbesonderheit "die erste flexible Zahnbürste" und die Werbekampagne "Die klügere Zahnbürste gibt nach" brachten den Marktdurchbruch. Der Marktanteil vergrößerte sich von ursprünglich sechs Prozent auf 42 Prozent im Jahr 2000. Heute ist Dr. Best unangefochtener Marktführer. Im Jahr 2013 verwendeten zum Beispiel rund 21,5 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre eine Zahnbürste der Marke Dr. Best.
Die Positionierung setzte zudem auf der Kenntnis der Wettbewerber auf, die man aber nicht nachahmen, sondern von denen man sich klar unterscheiden wollte. Der Nutzen für den Kunden war ebenfalls klar: Keine Verletzung des Zahnfleisches - kein Zahnfleischbluten. Und dieser Nutzen wurde in einem Schlüsselbild, "Die rote Tomate" mit seiner zarten Haut, erlebbar gemacht. Dazu kam der Einsatz des in Chicago ansässigen Zahnmediziners Dr. Earl James Best, der an der Loyola University Chicago Zahnheilkunde studiert hatte. Von 1957 bis 1969 war er als Leiter der Abteilung für Endodontie bei Dr. Best tätig. Sein Auftritt brachte der Kampagne "Überzeugungskraft und erhöhte Glaubwürdigkeit".
Abb. 04: Dr. Best repositionierte den Wettbewerb als "starr" und damit als gefährlich für das Zahnfleisch. Denn es geht ja letztendlich um einen Wettbewerb der Wahrnehmungen und nicht der Produkte. [Bildquelle: Dr. Best]
Das Unternehmen setzte mit einem weiteren Merkmal nach: Der Dr. Best Schwingkopf. Und auch Otto hat zur Bekanntheit der Markenprodukte recht unterhaltsam beigetragen. Man denke nur an seine Parodie auf "Dr. Pest".
Erfolgreich auf das Positionierungsmuster der Divergenz setzte auch Alpecin bei seinem Haarshampoo mit Koffein, das den Nutzen "Doping für die Haare. Nur für die Haare" kommunizierte und Dr. Klenk, dem Laborchef von Alpecin, als "wissenschaftlichen Experten" einsetzte.
Abb. 05: Seit 2010 flimmerte der Spot "Doping für die Haare. Nur für die Haare" über den Bildschirm, worin Dr. Klenk anhand einer simplen Computergrafik aufzeigt, warum nur sein Koffein-Mittelchen dazu beiträgt, dass die Haarwachstumsphasen wieder länger werden. Auch auf YouTube wurde Dr. Klenk ein Star – in echt und als Parodie. [Bildquelle: Alpecin]
Und auch Alpecin arbeitete mit dem Positionierungsmuster der Divergenz erfolgreich weiter und sprach mit seinem "Tuning Shampoo" gezielt Männer an, die ihre grauen Haare verbergen wollen. Die Produkt-Positionierungen wurde ein großer Erfolg: Der Umsatz wuchs im Jahr 2014 um 17 Prozent.
Abb. 06: Mit seinem "Tuning Shampoo" spricht Alpecin gezielt Männer an, die ihre grauen Haare verbergen wollen. Die Produkt-Positionierung arbeitete, der Umsatz wuchs im Jahr 2014 um 17 Prozent. [Bildquelle: Alpecin]
So gibt es ganze Reihe von weiteren erfolgreichen Positionierungen, die auf einem herausragenden Nutzen aufbauen: So positionierte die Krombacher Brauerei Bernhard Schadeberg GmbH & Co. KG aus der Stadt Kreuztal, Stadtteil Krombach seine Premium-Pils-Marke Krombacher gegen den Wettbewerb mit der Nutzenbesonderheit "Aus Felswasser gebraut" und kommuniziert mit dem Claim "Eine Perle der Natur". Krombacher ist heute Deutschlands beliebtestes Pils.
Abb. 07: Krombacher setzt auf die Schlüsselbildtechnik und kommuniziert seine Markenpositionierung kontinuierlich seit vielen Jahren. Das Ergebnis: Die Nr.1 im Segment Pilsener Bier. [Bildquelle: Krombacher]
Ortlieb positionierte seine Fahrradtaschen auf den funktionalen Nutzen "Wasserfest" und ist heute Marktführer in seinem Segment. Damit repositioniert Ortlieb den Wettbewerb als nicht wasserfest und damit qualitativ schlechter, da dieses Merkmal besonders wichtig für die Kunden ist, denn seine Sachen sollen schließlich trocken sein.
Abb. 08: Ortlieb die Nr.1 bei Fahrradtaschen, positionierte seine Marke mit dem Nutzenmerkmal "wasserfest". Damit gibt sie ihren Kunden einen klaren Kaufgrund. [Bildquelle: Ortlieb]
Und die FedEx Corporation (kurz FedEx, vollständig Federal Express Corporation Inc.), ein weltweit operierendes US-amerikanisches Kurier- und Logistikunternehmen mit Sitz in Memphis (Tennessee), positionierte seine Luftfracht-Division FedEx Express, die größte Frachtfluggesellschaft der Welt, mit der Nutzenbesonderheit "Overnight" – und damit als schneller. Damit repositioniert FedEX den Wettbewerb als langsam.
Abb. 09: FedEx positionierte seine Marke mit dem Merkmal "overnight" und damit als schneller. Damit repositionierte das Unternehmen den Wettbewerb als "langsam". [Bildquelle: FedEx]
Bei der Erarbeitung einer Positionierung ist außerdem folgendes wichtig zu wissen: Sie müssen nicht der Erste mit dieser Besonderheit sein, sondern diese Besonderheit als erstes kommunikativ besetzen und "in den Köpfen Ihrer Kunden" positionieren.
Oder die Sportequipment-Marke evoc nutzt die Positionierung "Protective Sports Gear" für die Vermarktung seiner Rücksäcke und Taschen und stattet diese noch mit einem attraktiven Design aus. Damit repositioniert evoc die Wettbewerbsprodukte als "nicht schützend" und damit als unsicher.
Abb. 10: evoc, im Jahr 2008 in München gegründet, fokussierte seine Markenleistung auf das Nutzenmerkmal "protective" und repositionierte die Wettbewerbsprodukte als "nicht schützend" und damit als "unsicher". [Bildquelle: evoc]
Viele der Positionierungen setzen auf einen funktionalen Nutzen aus einer Leistungsbesonderheit der Produkte auf. Man kann jedoch auch seine Marke auf einen emotionalen Zusatznutzen aufbauen. Vorgemacht hat das BMW (Bayrische Motorenwerke), die ihre Marke auf "Fahrfreude" positionierten.
Auch der Hersteller von Fahrradanhängern, die Firma Zwei plus zwei aus Köln, nutzt für seine Marke CROOZER die emotionale Positionierung "Einfach unterwegs" sehr erfolgreich.
Abb. 11: Mit Croozer Fahrradanhängern ist man immer "Einfach unterwegs". Diesen Nutzen kommuniziert die Marke an vielen Touchpoints und schafft so eine emotionale Bindung an die Marke. [Bildquelle: Zwei und zwei]
Und Volvo hat seine Marke schon seit vielen Jahren auf den emotionalen Nutzenwert "Sicherheit" positioniert. Leider kommuniziert Volvo diesen Nutzen nicht konsequent als Markenversprechen und vergibt hier unnötig Wettbewerbsvorteile.
Abb. 12: Wer auf Sicherheit Wert legt, kauft sich einen Volvo. Dazu kommt noch das klassische schwedische Design. Und damit punktet Volvo – im Gegensatz zu Saab – heute immer noch sehr erfolgreich, könnte diesen Vorteil aber noch konsequenter nutzen. [Bildquelle: Volvo]
Dass eine divergente, auf die Steigerung des Kundennutzens ausgerichtete, Positionierung auch im B2B-Segment erfolgreich arbeitet, hat die Marke Primecube aus dem Hause Schubert Elektronik bewiesen. Die Marke wurde auf den Leistungskern "Customized Computer Systems" fokussiert und mit dem Nutzenversprechen "Reduced to the best" positioniert.
Abb. 13: Primecube, die Nr. 1 bei "maßgeschneiderten Industriecomputern", konzentrierte sich auf die "Beste Lösung" und positionierte seine Marke mit dem Claim "Reduced to the best" erfolgreich in den Köpfen ihrer Kunden.
Einfach schneller im Kopf
Damit steht Volvo aber nicht alleine. Denn viele Unternehmen glauben zum einen immer noch, dass sich die qualitativ beste Marke im Markt durchsetzt. Doch hat es sich gezeigt, dass sich nicht die qualitativ beste Marke durchsetzt, sondern diejenige, von der die Kunden glauben, dass sie die qualitativ beste ist. Und dieser Glaube entsteht vor allem deshalb, weil sich viele Menschen bei ihren Entscheidungen nach der Masse richten. Zum anderen machen viele Unternehmen den Fehler, dass sie, wenn sie eine Positionierung haben, diese nicht oder nicht wirkungsvoll kommunizieren. Deshalb kommen wir zu einer weiteren wichtigen Voraussetzung, damit Markenpositionierungen erfolgreich funktionieren: Die Positionierung muss wirkungsvoll kommuniziert werden, um in den "Kopf des Kunden die Nr.1" zu werden, also ein "First choise brand" werden. Denn das Gehirn merkt sich, aus Gründen der Komplexitätsreduktion, nun einmal nur den ersten. Die sogenannte "Relevant Set-Theorie" hat sich aufgrund neuerer Untersuchungen als nicht tragfähig herausgestellt. Deshalb muss die Positionierung "Übereinfach" sein.
Abb. 14: Audi verspricht "Vorsprung durch Technik". Mit dieser Positionierung muss die Marke Innovationsführer sein, was Audi zum Beispiel mit dem Audi Quattro auch eindrucksvoll erleben ließ. [Bildquelle: Audi]
Schauen Sie sich deshalb die oben aufgezeigten Beispiele noch einmal genau an. Und versuchen Sie doch einfach einmal Ihre Marke "übereinfach" mit einer Nutzenbesonderheit – funktional oder emotional – zu positionieren. Der Einfachheit halber möchte ich Ihnen noch einige erfolgreiche Positionierungsbeispiele in Form eines Claims aufzeigen:
- MSC Technologies – Engineering Leadership
- Burlington Socks – The Sign of style
- Löffler – Premium Sportswear aus Österreich
- H2O – Abwasserfreie Zukunft
- Holzpellets – Die nachwachsende Energie
- Aeon Consulting Group – The transformation experts
- go3 – Die Bewegungsexperten
Konzentration auf das Wesentliche
Eine der Kernaufgaben von Marken ist die Reduktion von Komplexität. Wer "Alles für alle" anbieten will, befindet sich unter diesem Gesichtspunkt von Anfang an auf dem "Holzweg". Der "Königsweg" ist, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, denn weniger ist oftmals mehr. Nämlich mehr Fokus , mehr Wahrnehmung und mehr Erinnerung. Und höhere Abverkäufe. Denn je mehr Produkte angeboten werden, umso größer wird die Überforderung des Kunden, der nicht mehr weiß was er kaufen soll.
Abb. 15: So publizierten zum Beispiel Michael Wänke und Rainer Greifeneder in ihrem Buch "Psychologie der Markenführung", Seite 157, 2007 folgendes: Wenn sechs Sorten zum Kauf angeboten wurden, kauften 30 Prozent der Konsumenten, wurden 24 Sorten angeboten, kauften nur noch die Prozent der Konsumenten. [Bildquelle: Schiller]
Auch Blend-a-med verlor seine Marktführer bei Zahnpasta in Deutschland, weil zu viele Produktvarianten, wie Classic, Medicweiss, Mediclean, Complete, Complete Plus, Complete Plus Kräuter, Synergy (R.I.P.), Complete 7 et cetera für Komplexität sorgten, anstatt diese zu verringern. Da konnte auch die fokussierte Positionierung auf "Zahnausfall", das eingängige Markenversprechen "Damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können" und das Schlüsselbild des grünen Apfels nichts mehr helfen. Schade, aber wenn der Fokus auf dem Verkaufen von Produkten und nicht auf die Gewinnung des Vertrauens von Kunden liegt, tappt man unweigerlich in diese Falle.
Abb. 16: Der grüne Apfel, das Schlüsselbild für den Nutzen von Blend-a-med, "Kraftvoll zubeißen können", bringt die Marken-Positionierung "Zahnausfall vermeiden" auf den Punkt. Blend-a-med verspielte aber seine führende Position durch die Entwicklung vieler Produkte und verwässerte damit das Markenprofil. Marken wachsen aber nicht mit vielen Produkten, sondern mit vielen Kunden. [Bildquelle: Blend-a-med]
Odol Med 3 und Elmex/Aronal ergriffen die Chance und zogen unaufhaltsam mit den erinnerungsstarken Positionierungen "3fach-Schutz” und "Medizinischer Schutz morgens & abends" an Blend-a-med vorbei. Denn keiner wusste mehr für was Blend-a-med eigentlich für einen Nutzen stiftet.
Abb. 17 und 18: Mit zwei klaren Nutzen-Eigenschaften positionierten sich Odol-med3- "3fach-Schutz" und Elmex/Aronal- "Medizinischer Schutz morgens & abends" gegen Blend-a-med und gewannen den Kampf um die Wahrnehmung durch den Kunden. [Bildquellen: Odol, Garba]
Unkontrollierte Markenausdehnung, mit dem Ziel kurzfristige Umsätze und Marktanteile zu erhöhen, ist deshalb immer der falsche Weg, denn die Markenpositionierung wird damit unweigerlich verwässert. Fokussiert positionierte Marken mit einem klaren Nutzenkern sind dagegen immer eine Erfolgsstrategie.
Kontinuierlich reproduzieren statt immer wieder neu erfinden
Marke bedeutet Gedächtnis. Bleibt die Positionierung nicht "im Kopf" der anvisierten Kunden, kann sie auch keine Kraft in Form von Wertschöpfung im Unternehmen erzeugen. Bis eine Markenbotschaft jedoch gelernt wird, braucht es Zeit. Ändert man die Markenbotschaft als Ausdruck der Positionierung öfter, kann sie jedoch nicht gelernt werden. In unserer schnelllebigen Zeit ist das leider oftmals der Fall: Nach einer Studie von Serviceplan und GfK ändern nämlich unglaubliche 47 Prozent der hundert größten Werbungtreibenden in Deutschland alle zwei Jahre ihren Markenauftritt, sei es der Claim, die Gestaltung oder beides.
Erfolgreiche Marken, wie Red Bull – "Verleiht Flügel", BMW – "Freude am Fahren", Jack Wolfskin – "Draußen zuhause" oder Löffler – "Mehr Vitalität" ändern deshalb ihren Claim als Markennutzenversprechen nicht. Denn erst durch eine langfristige Wiederholung prägt sich ein Markenversprechen ein, gewöhnen sich die Menschen daran und vertrauen der Markenleistung. Die Änderung von Claims bedeutet deshalb immer: Eine Marke neu aufbauen. Und das kostet unnötig viel Geld!
Abb. 19: Die Markenpositionierung unterliegt keinem Verfallsdatum. Je länger der Claim eingesetzt wird, desto profilierter kann sich die Marke im Kopf des Kunden positionieren. [Bildquelle: Jack Wolfskin]
Mit der Marke die Zukunft gestalten
"Wer das Ziel nicht kennt, kann den Weg nicht finden", deshalb sollte eine Positionierung gleichzeitig als strategisches Ziel gesehen werden. Also, wo die Marke in Zukunft stehen will. Wie erfolgreich man mit der Marke sein will. Denn wer heute den falschen Weg einschlägt, wird sehr schnell von besser positionierten Wettbewerbern vom Markt verdrängt. Und: Heute herrscht nicht mehr der Kampf der Produkte, sondern der Kampf der Wahrnehmungen. Moderne Markenführung muss sich deshalb einer zentralen Herausforderung stellen: Der Kampf um die Gewinnung eins "Logenplatzes" im Kopf des Kunden – mit der richtigen Positionierung.
Die Entwicklung und Verteidigung resonanzstarker Positionierungen rückt damit im weltweiten Hyperwettbewerb in den Fokus der Unternehmensstrategie. Wer nicht in einem Satz sagen kann, warum seine Markenprodukte gekauft werden sollen, wird zu den Verlierern gehören. Auch der Vorteil eines "First Movers" hat heute keine Gültigkeit mehr, denn es geht nicht darum Erster im Markt, sondern Erster im Kopf des Kunden zu sein. So hat zwar Scott den ersten Alustock für den Sport erfunden, aber Leki ist in unseren Köpfen. Auch denken viele, dass Nokia das Mobiltelefon erfunden hat. Doch es war Motorola. Und der Erfinder des Ordners war nicht Leitz, sondern Soennecken.
Abb. 20: LEKI schaffte es die Nr. 1 für "Sportstöcke" im "Kopf des Kunden" zu werden, obwohl Scott den ersten Alu-Sportstock erfunden hat. Auf diesen Leistungskern aufbauend, steuerte Leki sein Wachstum, indem es über neue Produktkategorien neue Kunden gewann. Leki konnte die Kategorie besetzen, weil Scott seinen Leistungskern nicht ausgebaut, sondern eine Vielzahl von neuen Produkten angebaut hat, was zu einer Verwässerung des Markenprofils führte. [Bildquelle: Leki]
Letztendlich geht es also nicht mehr darum "auf Teufel komm raus" Produkte zu verkaufen und entsprechende Positionierungen zu entwickeln, sondern darum, den Kunden einen Nutzen zu verschaffen und zu erhöhen. Und diesen in der Positionierung zu fokussieren und zu inszenieren. Denn gewinnen wird nicht derjenige mit den besten Produkten, sondern derjenige, der seine Produkte zuerst im Kopf des Kunden positioniert und so zur Marke wird.
Haben Sie Ihre Marke optimal am Markt, in den Köpfen der Kunden positioniert? Denn vergessen Sie eines nicht: Wer heute die richtige Positionierung für morgen findet, wird zu den Gewinnern zählen. Die Zukunft Ihres Unternehmens hängt davon ab!
Zum Autor:
Wolfgang Schiller ist der führende Experte auf dem Gebiet des Brand Risk Managements. Er hat zuverlässige Prozesse und effiziente Tools entwickelt, wie man Marken proaktiv vor Risiken schützt.