Vor allem Megastädte, also Ballungsräume mit 10 Millionen Einwohnern und mehr, sind neben Naturgefahren besonders Technik- und Umweltgefahren sowie dem Risiko von Terroranschlägen ausgesetzt. Solche Agglomerationen sind hoch komplexe Großrisiken, die Einwohner, Politik und Versicherungswirtschaft mit größten Anforderungen konfrontieren. Die Münchener Rück fordert daher von allen Beteiligten mehr Risikobewusstsein und Vorbeugung. Die bessere Transparenz von Schadenpotenzialen und Haftungen ist eine weitere Voraussetzung für die Versicherbarkeit, denn Großschäden sind selbst bei Optimierung der Prävention nicht auszuschließen.
Stefan Heyd, im Vorstand der Münchener Rück unter anderem zuständig für Grundsatzfragen des Rückversicherungsgeschäfts: "Megastädte sind allen klassischen Gefahren ausgesetzt, aber sie sind überproportional exponiert und angreifbar. Sie schaffen Risiken neuer Dimension — Megarisiken. Tsunamis zum Beispiel könnten auch Ballungsräume im Küstenbereich gefährden. Tokio und Miami etwa liegen in hoch erdbeben- bzw. hurrikangefährdeten Gebieten. Künftige Standortentscheidungen müssen neue Erkenntnisse berücksichtigen. Risikovorbeugung und -kontrolle sind konsequent weiterzuentwickeln. Die möglichen Schäden aus Naturgefahren, technischen Risiken, Terrorrisiken oder auch Epidemien müssen im Vorfeld identifiziert und modelliert werden. Nur so lassen sich Megastadtrisiken in ihrer enormen Bandbreite auf Dauer versichern."
Megastädte — Megarisiken
Ballungsräume sind vielfachen Gefahren ausgesetzt, zum einen Naturgefahren, Wetter- und Klimarisiken. Der Wärmeinseleffekt großer Städte verstärkt noch die Auswirkungen des globalen Klimawandels. Peter Höppe, der neue Leiter der GeoRisikoForschung der Münchener Rück: "In der ungewöhnlichen Hitzeperiode des europäischen Sommers 2003 starben in den Großstädten viel mehr Menschen, als es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entsprochen hätte, obwohl dort die medizinische Versorgung oft besser ist."
Zum anderen sind Ballungsräume insbesondere bei Industrieunfällen sowie Unfällen im Straßen-, Bahn- oder Luftverkehr gefährdet. Zudem werden sie, schon wegen des engen Zusammenlebens der Menschen, von Epidemien bedroht.
Beispiele großer Schadenereignisse in Ballungsräumen
1906 legte ein Erdbeben San Francisco in Schutt und Asche. 3.000 Menschen starben unter eingestürzten Häusern und in den nachfolgenden Bränden. Für die Münchener Rück ist dieses Schadenereignis gemessen am Geschäftsvolumen die bis heute höchste Belastung aus einer Einzelkatastrophe; es kostete sie fast 15 % ihres seinerzeitigen Prämienvolumens.
Der bisher größte technische Unfall der Menschheitsgeschichte ereignete sich 1984, als aus einem Betrieb in der indischen Millionenstadt Bhopal ein hoch giftiges Gas austrat. In der Folge starben seither 20.000 Personen; ungezählt die vielen Menschen, die immer noch an Folgeschäden leiden.
Schwer einzuschätzende Risiken der Megastädte stecken auch in den weit verzweigten Ver- und Entsorgungsnetzwerken: Als sich 1994 in Guadalajara (Mexiko) im Kanalisationssystem explosive Stoffe ausbreiteten, explodierten bald ganze Straßenzüge. Ein weiteres Problem der Megastädte ist die Luftbelastung durch Ozon oder durch Staub- und Rußpartikel; einer Studie zufolge sind in Bangkok jährlich 1.400 Todesfälle auf Staubbelastung zurückzuführen. Seit dem Anschlag auf die WTC-Türme ist die Gefahr durch Terroranschläge allgemein bewusst.
Naturgefahren-Risikoindex und Geokodierung machen Risiken transparenter
Die Beispiele demonstrieren die Notwendigkeit moderner Instrumente der Risikoprävention und —kontrolle. Da sich in Ballungsräumen immer mehr Menschen und Werte konzentrieren, sind die Gefährdung der Bevölkerung und dabei unter anderem die Auswirkungen auf Lebens-, Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherung zu analysieren. In der Sachversicherung hat das gestiegene Risikobewusstsein die Nachfrage spürbar angeregt, vor allem bei Großrisiken. Erforderlich ist daher gerade hier eine größere Transparenz der Gefährdungen. Ihr dienen zwei zukunftsweisende Ansätze, um Versicherbarkeit herzustellen oder zu erhalten: der von der Münchener Rück entwickelte Naturgefahren-Risikoindex für Megastädte (siehe Anlage), der es erlaubt, das potenzielle Schadenausmaß einer Megastadt als Ganzes zu beurteilen und insofern Megastädte zu vergleichen; ferner die Geokodierung, die eine lagegenaue Erfassung der versicherten Risiken und der Schadenkumule ermöglicht.
Neue Publikation zu Megastädten
Abzurufen unter www.munichre.com ist die soeben erschienene Studie "Megacities — Megarisks: Trends and challenges for insurance and risk management". Münchener-Rück-Autoren beschäftigen sich darin ausführlich mit den Risiken aus dem Blickwinkel der Versicherer und diskutieren Versicherungslösungen, etwa im Hinblick auf die zu erwartende Steigerung der Nachfrage nach Versicherungsschutz.
Naturgefahren-Risikoindex für 50 ausgewählte Megastädte: