Somalia, Irak und Myanmar schneiden in Sachen Korruption am schlechtesten ab und veranschaulichen den verhängnisvollen Zusammenhang zwischen Armut, versagenden rechtsstaatlichen Institutionen und Bestechung. Die geht aus dem Korruptionswahrnehmungsindex 2008 der Antikorruptionsorganisation Transparency International hervor. "In den ärmsten Ländern kann das Ausmaß von Korruption den Ausschlag über Leben oder Tod geben, wenn es um Geld für sauberes Trinkwasser oder Krankenhäuser geht", sagte Huguette Labelle, die Vorsitzende von Transparency International. "Die nachhaltig hohe Korruption und Armut führen zu einem anhaltenden humanitären Desaster in vielen Ländern der Welt und dürfen nicht geduldet werden. In den reicheren Ländern ist der Umfang der Korruptionsbekämpfung sehr uneinheitlich. Hier ist eine konsequentere Herangehensweise geboten." Dänemark, Neuseeland und Schweden platzieren sich zusammen an der Spitze bei einem Punktwert von 9,3 und werden direkt von Singapur mit 9,2 Punkten gefolgt. Am unteren Ende der Skala befinden sich Somalia mit einem Punktwert von 1,0, Irak und Myanmar mit 1,3 und Haiti mit 1,4. Bulgarien, Großbritannien und Norwegen zeigen bedeutungsvolle Verschlechterungen. Verbesserungen sind in Albanien, Südkorea, der Türkei und Zypern festzustellen. Die Korruption in diesen Ländern ist nicht nur hausgemacht, sondern wird von außen immer wieder stabilisiert oder sogar verstärkt. Deshalb kommt der Bereitschaft der exportierenden Wirtschaft, auf Auslandsbestechung zu verzichten, im Kampf gegen die Korruption weltweit eine entscheidende Rolle zu. Deutschlands Position 14 (bei einem Punktwert von 7,9) ist gegenüber der Position 16 (bei einem Punktwert von 7,8) im Vorjahr nahezu unverändert. Dies spiegelt die Situation wider, dass in der deutschen Verwaltung und Politik zuletzt keine größeren Korruptionsfälle zu verzeichnen waren. Deutschland verharrt damit - im Vergleich zu den westeuropäischen Ländern - im Mittelfeld.
Deutschlands Verantwortung in der Welt
Doch wie sieht es mit der Verantwortung Deutschlands angesichts globaler, vielfach auch auf Korruption zurückzuführender Probleme aus? Der Korruptionsskandal bei Siemens und andere Vorgänge haben in der deutschen Industrie 2007 und 2008 erhöhte Anstrengungen ausgelöst, sich gegen Korruptionsrisiken abzusichern. Es gibt eine wachsende Zahl von öffentlichen Informations- und Schulungsveranstaltungen, Unternehmen tauschen sich untereinander und mit Experten aus, Compliance-Abteilungen werden auf- oder ausgebaut. Auffällig zugenommen haben auch die auf Compliance und Korruptionsprävention spezialisierten Beratungsangebote. Die funktionierende Anzeigepflicht der Betriebsprüfer, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Strafbarkeit der "Schwarzen Kassen" und eine verstärkte Anwendung des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) beschreiben nur drei Aspekte, welche die Risikolage gravierend verschärft haben. Auch die rechtliche Klärung des Compliance-Begriffs hat den Handlungsdruck erhöht. In seiner aktuellen Fassung sieht der Deutsche Corporate Governance Kodex als herrschende Meinung von Rechtswissenschaft und -praxis die Pflicht des Vorstands einer börsennotierten Aktiengesellschaft, neben dem Beachten der Gesetze auch für das Einhalten der dazu dienenden betrieblichen Richtlinien zu sorgen. Gleiches gilt für den Aufsichtsrat in Rahmen seiner Überwachungspflicht.
Mittelstand sollte Korruptionsprävention ernster nehmen
Obgleich mittelständische Unternehmen an den Erfolgen Deutschlands als Exportweltmeister maßgeblich beteiligt und dabei ähnlichen Rahmenbedingungen ausgesetzt sind wie ein Großunternehmen, ist die Handlungsbereitschaft für eine systematische Korruptionsprävention dort deutlich schwächer ausgeprägt. Untersuchungen bestätigen, dass deutsche Unternehmen die allgemeine Gefährdungslage pessimistisch, die Sicherheitslage des eigenen Unternehmens dagegen optimistisch einschätzen. Dabei geht es nicht nur darum, sich selbst zu schützen, sondern auch selbst nicht Täter zu werden. Sylvia Schenk, Vorsitzende von Transparency Deutschland: "Der Funken der Korruptionsprävention muss stärker auf den Mittelstand überspringen. Dies gilt auch für die eigene Geschäftspolitik. Die Unternehmer sollten erkennen, dass die straf- und zivilrechtlichen Risiken für ihr Unternehmen bei Auslandsbestechung enorm gestiegen sind. Ausreden wie "Ohne Korruption geht es nicht" oder "Ich muss meine Arbeitsplätze sichern", tragen nicht mehr. Wer meint, Moral sei teilbar, setzt mittelfristig sein Unternehmen aufs Spiel und gibt auch der eigenen Belegschaft ein verheerendes Signal. Das Bewusstsein für die eigene Verantwortung muss wachsen. Maßnahmen, Instrumente und Verfahren, mit denen Korruptionsrisiken im Unternehmen systematisch eingegrenzt werden können, müssen in der mittelständischen Wirtschaft stärker genutzt werden."
Download "Transparency International 2008 Corruption Perceptions Index":
[Hinweis: Der CPI Punktwert eines Landes gibt das Ausmaß der Korruption im
öffentlichen Sektor wieder, so wie sie von Geschäftsleuten und Experten
wahrgenommen wird. Die Skala reicht dabei von 10 (weitestgehend keine
Korruption) bis 0 (sehr korrupt).]
[Bildquelle: RiskNET GmbH/Frank Romeike]