Laut einer Studie, die das Emnid-Institut im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG unter 300 Unternehmen durchgeführt hat, wurden in den letzten drei Jahren 37 Prozent der Unternehmen in Deutschland Opfer von Wirtschaftskriminalität. Das Bundeskriminalamt bezifferte den Schaden, der der Volkswirtschaft insgesamt durch entdeckte Wirtschaftskriminalität pro Jahr entsteht, zuletzt auf 3,4 Mrd. Euro. Die Dunkelziffer dürfte allerdings um einiges höher liegen. Für die Zukunft gehen 67 Prozent der Befragten davon aus, dass das Ausmaß wirtschaftskrimineller Handlungen weiter zunehmen wird. Trotz dieser Ergebnisse unterschätzen vor allem mittelständische Unternehmen noch immer die hiermit verbundenen Gefahren: So sind 56 Prozent der Meinung, ihr Betrieb sei weniger anfällig für Wirtschaftskriminalität als ein Großunternehmen. 76 Prozent der Mittelständler glauben, ihre Präventionsmaßnahmen seien ausreichend.
"Inhaber- oder familiengeführte Unternehmen setzen bei ihren Mitarbeitern auf das Vertrauensprinzip. Doch damit machen sie sich auch angreifbar, denn die Erfahrung zeigt, dass grundlegende Kontrollmechanismen wie die Funktionstrennung und das Vieraugenprinzip oft vernachlässigt werden", so die Erfahrung von Frank M. Hülsberg, Leiter des Bereichs Forensic bei KPMG: Laut der Umfrage ist für 69 Prozent der mittelständischen Unternehmen die Gelegenheit zum Vertrauensmissbrauch die wichtigste Ursache für wirtschaftskriminelle Taten. Während sich in mittelständischen Unternehmen Mitarbeiter in 62 Prozent aller wirtschaftskrimineller Handlungen mit externen Dritten zusammentun, um dem Betrieb Schaden zuzufügen, liegt diese Quote bei Großunternehmen bei nur 40 Prozent.
Bei jedem dritten mittelständischen Unternehmen wurden laut der Umfrage Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse oder Schutz- und Urheberrechte verletzt. Gleichzeitig gab nur ein gutes Drittel der Befragten an, über Schutzkonzepte für vertrauliche Unterlagen zu verfügen. Bei den Großunternehmen hat inzwischen immerhin jede zweite Firma entsprechende Strukturen geschaffen.
Der Anteil der Unternehmen, die Wirtschaftskriminalität als ernsthaftes Problem ansehen, ist gegenüber der letzten Befragung um 9 Prozentpunkte auf 80 Prozent gestiegen. Bei den großen Unternehmen sind es sogar 90 Prozent.
Obwohl Hülsberg zufolge dank des gestiegenen Problembewusstseins der Unternehmen, einer verstärkten behördlichen Verfolgung und Sanktionierung sowie verbesserter Kontrollmaßnahmen immer mehr Fälle wirtschaftskrimineller Handlungen aufgedeckt werden, geschieht diese Aufdeckung im Mittelstand bei 48 Prozent der Delikte zufällig. Während 74 Prozent der Großunternehmen Hinweise aus dem internen Kontrollsystem als Quelle für die Aufdeckung wirtschaftskrimineller Handlungen nannten, waren es bei mittelständischen Unternehmen nur 59 Prozent. Auch gibt mit 22 Prozent ein durchaus signifikanter Teil der mittelständischen Unternehmen an, keine speziellen Verfahren zur Aufdeckung wirtschaftskrimineller Handlungen einzusetzen, bei Großunternehmen liegt dieser Anteil unter zehn Prozent.
Nach wie vor stellten die klassischen Vermögensschädigungen wie Betrug (bei 61 Prozent der Befragten), Diebstahl oder Unterschlagung (bei 57 Prozent) und Untreue (bei 45 Prozent) die am häufigsten auftretenden Delikte dar. Stark zugenommen haben Geldwäsche mit einem Anstieg um 16 Prozentpunkte auf 21 Prozent sowie die Fälschung von Jahresabschlüssen bzw. Finanzinformationen deren Auftreten sich auf 13 Prozent fast verdoppelte.
Sprunghaft angestiegen ist nach Angabe der befragten Unternehmen auch die Internetkriminalität auf inzwischen 53 Prozent – ein Plus von 30 Prozentpunkten. Zu den Delikten im Internet zählen u. a. Identitätsdiebstahl, betrügerisches Anbieten von Waren und Dienstleistungen oder Kreditkartenbetrug. "Durch die zunehmende Verlagerung vieler Geschäfts- und Abwicklungsprozesse in das Internet wächst die potenzielle Angriffsfläche der Unternehmen und es ist zu befürchten, dass sich das auch in den Schadensnennungen niederschlagen wird" so die Befürchtung Hülsbergs. Das Bundeskriminalamt schätzt, dass schon heute bei jedem fünften Fall von Wirtschaftskriminalität das Internet genutzt wird.
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Kommentare zu diesem Beitrag
"Bei einem Online-Angriff auf das amtliche Register für Emissionshandel sind möglicherweise Verschmutzungsrechte im Millionenwert gestohlen worden. Laut einem Bericht der "Financial Times Deutschland" verkauften die Täter die Zertifikate umgehend weiter - auch deutsche Firmen sollen betroffen sein."
Zitat: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,675630,00.html
Eigentlich ist es ziemlich egal, ob es um Emissionsrechte geht, den Zugang zu PayPal oder zum Girokonto.