Eine erfreulich geringe Schadenlast weltweit hat die Statistik der Naturkatastrophen des ersten Halbjahres 2014 geprägt. Die gesamtwirtschaftlichen Schäden blieben bis Ende Juni mit 42 Mrd. US-Dollar ebenso wie die versicherten Schäden mit 17 Mrd. US-Dollar erheblich unter den Durchschnittswerten der vergangenen 10 Jahre (95 Mrd. US-Dollar bzw. 25 Mrd. US-Dollar). Besonders erfreulich ist, dass die Zahl der Todesopfer durch Naturkatastrophen vergleichsweise niedrig war. Bis zum Jahresende dürfte die natürliche Klimaschwankung El Niño, je nach Region unterschiedlich, Anzahl und Intensität von Wetterextremen mit beeinflussen.
Durch Naturkatastrophen kamen im ersten Halbjahr 2.700 Menschen ums Leben, deutlich weniger als sonst in den ersten sechs Monaten eines Jahres (10-Jahres-Durchschnitt: 53.000). Insgesamt ereigneten sich rund 490 schadenrelevante Naturkatastrophen. Die höchsten gesamtwirtschaftlichen Schäden entstanden in den USA (35 Prozent) gefolgt von Europa und Asien (je 30 Prozent).
Die Risikolage insgesamt hat sich jedoch nicht verändert. Der Klimawandel ist eines der größten Zukunftsrisiken der Menschheit. So gehört das Jahr 2013 nach vorläufigen Daten der World Meteorological Organization (WMO) wie schon das Vorjahr zu den zehn wärmsten Jahren seit dem Jahr 1850. Die globale Mitteltemperatur lag um rund 0,5 °C über der von der WMO definierten 30-jährigen Referenzperiode 1961 bis 1990 und damit nahe am Mittelwert der zehn wärmsten Jahre. Während es in großen Teilen Nord- und Osteuropas, in Zentral- und Ostasien, in Australien sowie in Teilen Brasiliens deutlich zu warm war, blieb es in nur wenigen Gebieten wie Kanada und dem Norden Russlands kühler als in der Referenzperiode. Auf Monatsbasis ergibt sich allerdings ein wesentlich differenzierteres Bild mit regional ausgeprägten sommerlichen Hitzewellen in vielen Ländern Asiens sowie in Australien. Diesen Wärmepolen standen im Nordwinter und -frühling massive Kaltluftausbrüche in weiten Teilen Europas und im Osten Nordamerikas gegenüber.
Daher müssen vor allem schadenmindernde Maßnahmen im Vordergrund stehen. Sie schützen Menschenleben und sind volkswirtschaftlich sinnvoll, denn sie sparen meist ein Vielfaches durch dann geringere Schäden ein.
Hohe versicherte Schäden durch Unwetter
Hohe versicherte Schäden verursachte eine Unwetterfront, die am 9. Juni über Westdeutschland zog. Lokal gab es starke Schäden durch Sturmböen und Hagel, so etwa in der Region um Düsseldorf. Insgesamt lag der versicherte Schaden bei 890 Mio. US-Dollar (650 Mio. EUR), während der Gesamtschaden bei rund 1,2 Mrd. US-Dollar (880 Mio. EUR) lag. Die Unwetterfront war zuvor über Frankreich und Belgien gezogen und hatte dort im Departement Yvelines hohe Schäden verursacht. Insgesamt dürfte der Schaden dieser Unwetter in den verschiedenen Ländern in der Größenordnung von 3,1 Mrd. US-Dollar (2,3 Mrd. EUR) liegen, der versicherte Anteil bei etwa 2,5 Mrd. US-Dollar (1,8 Mrd. EUR).
Die Tornadosaison in den USA, die zwischen Mai und Juli ihren Höhepunkt erreicht, verlief bislang unterdurchschnittlich. Bis Ende Juni zählte die US-Wetterbehörde NOAA 721 Tornados im Vergleich zu 1.026 im Schnitt der Jahre 2005-2013. Allerdings führten einige Tornado-Serien zu signifikanten Schäden. Ungewöhnlich war auch ein durch Videoaufzeichnungen dokumentiertes Tornado-Paar, ein so genannter "Twin Tornado", am 17. Juni im Bundesstaat Nebraska. Die beiden Tornados erreichten jeweils die zweithöchste Stufe 4 mit Windgeschwindigkeiten über 260 km/h und richteten in der Kleinstadt Pilger schwere Schäden an.
Klimaschaukel im äquatorialen Pazifik bestimmt Wetterereignisse
Im weiteren Jahresverlauf werden die Wetterereignisse voraussichtlich zunehmend von der natürlichen Klimaschwankung ENSO geprägt, einer Klimaschaukel im äquatorialen Pazifik. ENSO mit den gegenläufigen Ausprägungen El Niño und La Niña hat Einfluss auf die Witterung in vielen Teilen der Welt. "Nach jetzigem Stand entwickelt sich bis Herbst ein moderates El Niño-Ereignis, bei dem sich im Südpazifik warme Wassermassen von West nach Ost verlagern. Dadurch verschieben sich auch über das pazifische Becken hinaus Windsysteme und Niederschlagsaktivitäten", so die Klimaforscher des Rückversicherers Munich Re.
Tendenziell nimmt in El Niño-Phasen die Hurrikan-Aktivität im Nordatlantik ab. Im Nordwestpazifik erhöht sich im Schnitt die Anzahl von Taifunen, jedoch treffen sie seltener an Land. Die Tornado-Aktivität in den USA erhöht sich. Je stärker eine El Niño-Phase wird, um so wahrscheinlicher ist, dass sich im Folgejahr La Niña-Bedingungen ausbilden, bei denen beispielsweise die Hurrikan-Aktivität tendenziell höher liegt.
Frühwarnsystem für Sachsen-Anhalt
Naturgefahren, wie Hochwasser, Sturm und Überschwemmungen, hinterlassen oft schwere Schäden. Nicht selten werden ganze Städte und Dörfer verwüstet. Allein Sachsen-Anhalt traf es in den vergangenen 10 Jahren mehrfach. Die Menschen in Sachsen-Anhalt können sich ab sofort per Internet darüber informieren, wie stark ihr Gebäude durch Naturgefahren gefährdet ist.
Mit wenigen Mausklicks bekommen Mieter, Hausbesitzer und Unternehmer das Naturgefahrenrisiko für jeden Wohnort in Sachsen-Anhalt unter www.zuers-public.de angezeigt. An erster Stelle steht dabei das Überschwemmungsrisiko. Darüber hinaus erfahren die Nutzer, welches Risiko für weitere Naturgefahren, wie Starkregen, Sturm, Blitzschlag und Erdbeben, besteht.
ZÜRS public soll den Menschen das Naturgefahrenrisiko bewusst machen und sie dazu motivieren, durch schadenverhütende Maßnahmen und durch entsprechenden Versicherungsschutz vorzubeugen. Für ZÜRS public wurden hochwasserrelevante Daten von Sachsen-Anhalt und der deutschen Versicherungswirtschaft sowie weitere Risikokarten auf einer Internetseite zusammengeführt.
Nach dem erfolgreichen Start von ZÜRS public in Sachsen im April 2012 ist Sachsen-Anhalt das dritte Bundesland, in dem das System freigeschaltet wird. Die Versicherungswirtschaft setzt sich für ein bundesweites Naturgefahrenportal ein, das unter öffentlich-rechtlicher Führung alle verfügbaren Risikoinformationen von Bund, Ländern und Versicherungswirtschaft unter einem Dach bündelt.
Was ist ZÜRS?
Das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS Geo) ist ein geografisches Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft, um das Naturrisiko Hochwasser risikogerecht kalkulieren zu können. Aufgrund von ZÜRS Geo sind heute nahezu 99 Prozent der Gebäude in Deutschland problemlos gegen Überschwemmung versicherbar.
Seit der ersten ZÜRS-Geo-Version 2001 wurden bis heute mehr als 20 Millionen Hauskoordinaten in das System eingespeist, rund 200.000 Kilometer Fließgewässer in das System integriert und Überschwemmungsdaten bei mehr als 200 Wasserwirtschaftsbehörden in allen Bundesländern gesammelt. 2008 wurde ZÜRS Geo mit dem internationalen Preis für Geoinformationssysteme, dem ESRI-Award, vom Environmental Systems Research Institute ausgezeichnet.