In einer sehr deutlichen Sprache weist der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auf massive Defizite bei der staatlichen Regulierung der Finanzmärkte hin. Die Dynamik und das Ausmaß der aktuellen Krise haben in der Politik wie in der breiten Öffentlichkeit zu einem großen Unmut über die Geschäftspolitik und das allgemeine Verantwortungsbewusstsein von Bankmanagern geführt. Bei der durchaus berechtigten Kritik an einem sehr kurzfristig orientierten Denken, einer zu großen Risikobereitschaft und einem unzureichenden Informationsstand über neuartige Produkte sollte gleichwohl nicht übersehen werden, dass insbesondere das Bankensystem weltweit zu den besonders stark regulierten Sektoren zählt, so die Wirtschaftsweisen. Wenn es also in den letzten Jahren zu so gravierenden Fehlentwicklungen gekommen ist, dass ein Kollaps des Systems nur durch ungewöhnlich intensive staatliche Eingriffe verhindert werden konnte, zeigen sich darin massive Defizite, die einerseits den Umgang der Geldpolitik mit Vermögenspreiszyklen, andererseits die nationale wie globale Organisation der staatlichen Aufsicht über das Finanzsystem betreffen. Die Politik trägt somit durchaus eine Mitverantwortung für die Krise.
Gerade in Anbetracht der sehr umfassenden staatlichen Hilfsaktionen für Banken und andere Finanzinstitutionen muss es für die Zukunft darauf ankommen, einen wesentlich effizienteren Ordnungsrahmen für das Finanzsystem zu entwickeln, so die Forderungen der Experten. Andernfalls ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich die Finanzmarktakteure sehr rasch wieder in zu riskanten Geschäften engagieren, weil sie und insbesondere ihre Kreditgeber mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf vertrauen können, dass im Notfall der Staat als zuverlässiger Retter zur Verfügung stehen wird. Im aktuellen Jahresbericht weisen die Wirtschaftsweisen darauf hin, dass die Bedeutung des moralischen Risikos nach den massiven Interventionen, mit denen die Politik auf die Krise reagieren musste, deutlich angestiegen ist. Vor diesem Hintergrund sind umfassende Reformen zur künftigen Krisenprävention umso dringlicher geworden, so die Forderungen der Wissenschaftler.
Hohe Kreativität führt zum Umschiffen von Regulierungen
Die Wirtschaftsweisen sind sich jedoch auch einig, dass die Aufgaben gewaltig sind. Zum einen zeichnen sich Finanzmärkte durch eine hohe Kreativität aus, wenn es darum geht, staatliche Regulierungen zu umgehen (Stichwort Aufsichtsarbitrage). Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sich für fast jede Finanztransaktion stets eine größere Zahl juristischer Ausgestaltungsmöglichkeiten finden lässt. Außerdem werden Finanzgeschäfte in großem Umfang von Offshore-Zentren aus betrieben, deren Geschäftsmodell gerade darin besteht, staatliche Regulierungen zu unterlaufen. Aber es fehlt nicht nur dort an der Bereitschaft, nationale Kompetenzen in der Bankenaufsicht auf europäische oder supranationale Institutionen zu übertragen. So haben beispielsweise die Vereinigten Staaten oder das Vereinigte Königreich ihr freizügiges Finanzmarktregime lange Zeit als einen wichtigen internationalen Standortvorteil angesehen. An solchen Interessen sind selbst so bescheidene Koordinationsversuche gescheitert, wie der von der Bundesregierung im Jahr 2007 der G7 unterbreitete Vorschlag, mehr Transparenz bei Hedgefonds zu schaffen.
Es wird nicht ausreichen, eine große internationale Konferenz zu veranstalten, auf der wieder einmal eine neue Beratungsinstitution ins Leben gerufen wird oder auf der bestehende Institutionen etwas anders aufgestellt werden, so die Wirtschaftsweisen. Bei dem erschreckenden Ausmaß der momentanen Krise kommt man um grundlegende Reformen nicht umhin, so die Forderung. Es bedarf weitreichender Änderungen in den aufsichtrechtlichen Regelwerken ebenso wie bei der Bereitschaft der nationalen Politik, wichtige Kompetenzen an eine internationale Institution abzutreten.
Ansatzpunkte für eine stabilere globale Finanzmarktarchitektur
Die aktuelle Krise hat vielfältige Defizite im Finanzsystem offengelegt, deren Beseitigung zur Vermeidung künftiger Turbulenzen dieses Ausmaßes geboten ist. Der Sachverständigenrat hat bereits in seinem Jahresgutachten 2007/08 sowie in seiner Expertise zum deutschen Finanzsystem (Expertise 2008) Maßnahmen diskutiert und vorgeschlagen, die vor allem zu einer erhöhten Transparenz und zu verbesserten Anreizen im Verbriefungsprozess beitragen sollen. In ihrem aktuellen Jahresgutachten skizzieren die Wirtschaftsweisen eine Reihe von Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, eine stabilere Finanzarchitektur und eine effektivere Krisenprävention zu entwickeln. Dabei sind Notenbanken, private Marktteilnehmer, Rating-Agenturen und nationale sowie internationale Aufsichtsbehörden gleichermaßen gefordert.
Die Herausforderung für die Notenbanken besteht darin, in ihrer Geldpolitik nicht nur die Geldwertstabilität, sondern mehr als bisher die Stabilität des Finanzsystems zu berücksichtigen. Unter dem Druck der Globalisierung schlagen sich konjunkturelle Überhitzungen nicht notwendigerweise in einer starken Erhöhung der Inflation nieder, sodass eine allein am Preisniveau ausgerichtete Notenbank nicht in der Lage ist, die von ihrer Zinspolitik auf Vermögensmärkten ausgelösten Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Der Sachverständigenrat hat sich deshalb in seinem Jahresgutachten 2007/08 für eine geldpolitische Strategie ausgesprochen, die der Preisstabilität wie der Stabilität der Finanzmärkte verpflichtet ist. Eine wichtige Indikatorfunktion kommt dabei Regeln zu, die sich wie die Taylor-Regel an einem neutralen Realzins orientieren. Die stärkere Verantwortung der Notenbank für die Finanzmarktstabilität sollte institutionell durch eine enge Verzahnung von Bankenaufsicht und Geldpolitik unterstützt werden.
Banken und andere Finanzinstitutionen müssen erkennen, dass es in ihrem Eigeninteresse liegt, die Anreizsysteme für Manager so zu gestalten, dass nicht mehr das "schnelle Geld", sondern eine nachhaltig stabile Entwicklung des Unternehmens im Mittelpunkt des Interesses steht, so die Forderungen der Wirtschaftsweisen. Der Staat kann ein solches Verhalten nicht erzwingen, hier sind vielmehr die Marktteilnehmer selbst gefordert. Das von Banken finanzierte Institute for International Finance hat im Juli 2008 bereits einen Verhaltenskodex vorgelegt, der zu nachhaltiger angelegten Vergütungsmechanismen beitragen soll.
Bessere Anreizstrukturen im Verbriefungsprozess können vor allem dadurch erzielt werden, dass der Originator, das heißt die Bank, die eine Verbriefung vornimmt, verpflichtet wird, die besonders riskanten Tranchen der Forderungen zu einem gewissen Anteil in ihrem Portfolio zu behalten. Ein solcher Selbstbehalt soll dazu beitragen, dass die Kreditnehmer sorgfältiger ausgewählt und nach der Kreditvergabe intensiver überwacht werden. Zumindest wären die Erwerber strukturierter Produkte darüber zu informieren, ob eine solche Risiko-Beteiligung des Originators noch gegeben ist.
Die Wirtschaftsweisen fordern außerdem grundlegende Reformen bei den Rating-Agenturen. Durch ihre zu unkritische und insgesamt viel zu positive Beurteilung riskanter Finanzprodukte haben sie wesentlich zum Zustandekommen der aktuellen Krise beigetragen. Gleichzeitig haben sich die Aufsichtsbehörden zu sehr auf die Einschätzungen dieser Institutionen verlassen und damit für den Verbriefungsbereich eine de facto Privatisierung der Bankenaufsicht zugelassen. Eine radikale Lösung des Problems könnte darin bestehen, die Agenturen zu verstaatlichen. Konzeptionell verfügen sie über keine erkennbaren Informationsvorteile gegenüber einer staatlichen Einrichtung, so die Einschätzung der Wirtschaftsweisen. Hinzu kommt, dass die Bewertungen mit keinerlei Haftungsverpflichtungen verbunden sind, was mit dem marktwirtschaftlichen Grundprinzip von Kompetenz und Haftung nur schwer zu vereinbaren ist. Bei einer staatlichen Rating-Agentur besteht allerdings das Problem, dass es die Akteure an den Finanzmärkten dann nicht mehr für notwendig erachten könnten, eine eigenständige Bewertung von Kreditrisiken vorzunehmen, was ebenfalls zu negativen Anreizeffekten führen würde. Zudem sollte berücksichtigt werden, dass privatwirtschaftliche Agenturen unter den gegebenen Umständen Vorteile bei der Rekrutierung und leistungsorientierten Entlohnung von Mitarbeitern haben.
Denkbar wäre deshalb eine Zwischenlösung, bei der die Agenturen weiterhin in privatwirtschaftlicher Regie betrieben werden, gleichzeitig jedoch – über freiwillige Verhaltenskodizes hinaus – einer intensiveren Überwachung durch staatliche Institutionen unterliegen. In diese Richtung gehen Bestrebungen der EU-Kommission, die mit einer neuen Verordnung dafür sorgen will, dass Interessenkonflikte der Agenturen vermieden werden, ein hoher Standard der Rating-Methoden gewährleistet und die Transparenz bezüglich der Vorgehensweise der Agenturen erhöht wird. Für die Zulassung und Überwachung in der Europäischen Union soll entweder eine nationale Behörde oder aber eine neu einzurichtende EU-Institution zuständig sein.
In einem Punkt sind sich die Wirtschaftsweisen jedoch einig: Der größte Handlungsbedarf besteht jedoch bei der Überwachung des globalen Finanzsystems durch die Finanzmarktaufsicht und andere staatliche oder supranationale Organisationen.
In diesem Kontext werden im Jahresgutachten 2008 zentrale Problemkomplexe augeführt:
- Die Perspektive der Finanzmarktaufsicht erweist sich in mehrfacher Hinsicht als zu eng. Sie wird trotz der zunehmenden Globalisierung der Finanzmärkte nach wie vor weitgehend in nationaler Regie betrieben. Die Kompetenzen liegen dabei selbst auf dieser Ebene nicht in einer Hand. Zudem fehlt es an einer systematischen Einbettung der mikro-prudenziellen Analyse in einen makroökonomischen Rahmen. Es ist so zu einer Art Tunnelblick der Regulatoren gekommen, der sie offensichtlich daran gehindert hat, gravierende Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen.
- Zugleich sind in den letzten Jahren die Risikopuffer des Systems deutlich reduziert worden. Hierfür sind vor allem Prozesse der Deregulierung verantwortlich, sowie das Bestreben bei der Bilanzierung wie bei der Risikogewichtung von Aktiva möglichst maßgeschneiderte und marktnahe Lösungen zu entwickeln. Insgesamt hat dies zu einer deutlich gestiegenen Prozyklizität der Finanzmärkte geführt.
Blinde Flecken bei der Aufsicht des Finanzsystems
Das massive Versagen der staatlichen Überwachung der Finanzmärkte wird verständlich, wenn man ihre Defizite im Einzelnen betrachtet:
- Insbesondere hat die Krise gezeigt, dass die nationale Bankenaufsicht nur unzureichend über die Entwicklungen auf den globalen Märkten im Bilde ist. Dies hat viel damit zu tun, dass die Regulatoren nach wie vor national organisiert sind, während sich die Märkte immer mehr über die Landesgrenzen hinaus entwickelt haben. Für eine nationale Aufsichtsbehörde ist es trotz bestehender Kooperationsbemühungen auf der europäischen wie der internationalen Ebene nach wie vor schwierig, sich ein umfassendes Bild über die gesamte Risikoposition eines global agierenden Finanzinstituts zu verschaffen.
- Zunehmende Grenzen für das Blickfeld der staatlichen Aufsicht wurden auch dadurch gesetzt, dass Finanzgeschäfte in verstärktem Maß in Offshore-Zentren verlagert wurden. Die Banken in diesen Ländern verfügten im Juni 2008 über Auslandsverbindlichkeiten in Höhe von rund 1.555 Mrd. US-Dollar.
- Erschwerend kommt hinzu, dass auch innerhalb eines Landes oft mehrere Behörden für einzelne Segmente des Finanzsystems zuständig sind, obwohl klassische Trennungslinien wie zum Beispiel zwischen Versicherungen und Banken immer schwerer zu ziehen sind. So unterlagen die US-Investment-Banken der Wertpapieraufsicht (Securities Exchange Commission; SEC), die nicht über ein umfangreiches System von Überwachungsinstrumenten verfügt. Der Versicherer AIG, der im großem Umfang Kreditversicherungen verkaufte, unterstand im Wesentlichen der Aufsicht durch das für Sparkassen zuständige Office of Thrift Supervision, das damit offensichtlich überfordert war.
- Weitgehend außerhalb des Blickfelds der Bankenaufsicht vollzog sich auch das starke Wachstum weitgehend unregulierter oder unzureichend regulierter Institutionen, das heißt insbesondere der Hedgefonds und Zweckgesellschaften.
- Aufgrund der primär mikro-prudenziellen Sichtweise der Bankenaufsicht werden makroökonomische Risiken bei der Analyse von Finanzinstituten nicht angemessen berücksichtigt. Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen jedoch, dass sich die gesamtwirtschaftliche Situation sehr rasch ändern kann, sodass ein an sich scheinbar sicheres Aktivum, wie ein durch eine Immobilie abgesicherter Kredit, plötzlich stark an Wert verliert. Wenn man die Stabilität des Finanzsystems besser als bisher gewährleisten will, muss es also darum gehen, die primär mikroprudenziell ausgerichtete Bankenaufsicht mit einer effizienten makroökonomischen Früherkennung zu verzahnen.
- Schließlich gerieten für die Regulierung des Bankensystems ehemals zentrale Problemfelder wie die Kontrolle von Art und Ausmaß der Fristentransformation aus dem Blickfeld öffentlicher Instanzen. Zum einen vertraute man zunehmend auf bankinterne Modelle zum Management von Risiken. Zum anderen wurde es weitgehend unterlassen, explizite Mindestvorschriften und eine adäquate Eigenkapitalunterlegung von Liquiditätsrisiken zu fordern. In der Folge kam es zu einer zunehmenden Verlagerung der Fristentransformation in nicht oder nur schwach regulierte Zweckgesellschaften, einem Anstieg der Bedeutung von Großhandelsfinanzierungsmodellen und einer relativen Reduktion von originär liquiden Vermögenswerten wie festverzinslichen Staatspapieren in den Bankbilanzen. Das Vertrauen, Zentralbanken würden in einer Situation mit Liquiditätsengpässen Rettungsmaßnahmen ergreifen, untermauerte entsprechende Anreize.
Download des gesamten Gutachtens 2008:
[Text: Eigener Text basierend auf: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Statistisches Bundesamt: Die Finanzkrise meistern - Wachstumskräfte stärken, November 2008]
Kommentare zu diesem Beitrag
Nach den Plänen der Kommission sollen die Ratingagenturen offenlegen, wie sie ihre Bewertungen von Unternehmen vornehmen. Verfügen sie nicht über genügend fundierte Informationen als Grundlage, dürften sie keine Ratings veröffentlichen, fordert die Kommission. Zudem fordert sie mindestens drei unabhängige Mitglieder im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan, deren Bezahlung nicht von der Ergebnis der Agentur abhängig sein dürfe. Interne Prüfberichte und ein jährlicher Transparenzbericht sollen die Kontrolle über die Ratingagenturen weiter verbessern. Auch forderte die Kommission ein europäisches Registrierungsverfahren.
Eine europäische Aufsichtsbehörde für Ratingagenturen ist dagegen vorerst vom Tisch. "Das ist nicht der richtige Weg", sagte der irische Kommissar McCreevy. "Der Markt ändert sich selbst." Die EU setzt sich auch für strengere Regeln für Ratingagenturen auf internationaler Ebene ein. "Ich will, dass Europa auf diesem Gebiet eine führende Rolle einnimmt", sagte der EU-Kommissar. Der Vorschlag der Kommission gehe "weit über die Vorschriften anderer Länder hinaus". "Diese außerordentlich strengen Regeln sind unumgänglich, will man das Vertrauen des Marktes in die Tätigkeit der Ratingagenturen in der EU wieder herstellen", sagte der irische Kommissar.
Eine weitere Forderung besteht darin, die einzelnen Kontrollorgane wie den Internationalen Wirtschaftsfonds und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zu einer stärkeren Zusammenarbeit zu bewegen, um eine bessere Ausgangsbasis für Kontrollen zu haben. Es wird außerdem ein zentrales Kredit-Register vorgeschlagen, in dem alle Kredite eingetragen werden, die eine bestimmte Höhe übersteigen. Ein echtes Novum stellt die Risiko-Weltkarte da, auf der alle wichtigen Finanzunternehmen und deren Produkte eingetragen werden, damit man auf einen Blick sehen kann, wo das größte Risikopotenzial liegt.
Fakt: Alle möglichen Expertengruppen erarbeiten tolle Vorschläge, die nur wenig koordiniert sind. Fakt ist auch, dass die Finanzwelt auch in der Vergangenheit in vielen Bereich stark reguliert war - aber vor allem an einem Umsetzungsdefizit leidet.
War man schon anhand früherer Serien von falsch erteilten Testaten Kummer bei Wirtschaftsprüfern gewohnt, haben nun auch die Aufsichtsräte ihre absolute Unkenntnis betriebswirtschaftlichen Grundlagenwissens und weitreichendes Desinteresse am Unternehmensgeschehen beeindruckend unter Beweis gestellt.
Hier könnte die unbegrenzte Haftung mit dem Privatvermögen eine heilende Wirkung erzielen. Interessant wäre es doch allemal wie viele dieser Versager dann freiwillig ihr Mandat als Aufsichtsrat niederlegen.
Die Ratingagenturen stärker zu regulieren und zu überwachen ist ein weiterer, wichtiger Schritt zur Vermeidung solcher Krisen in der Zukunft!
Zitat: "In der schweren Bankenkrise zeigt sich jetzt, was passiert, wenn nicht wirtschaftspolitische Vernunft, sondern fiskalischer Aktionismus herrscht. Die Fehlsteuerungen dieser kurzatmigen Politik haben eine 35 Jahre alte Wurzel. 1972 übertrug der damalige Finanzminister Helmut Schmidt die Abteilung „Geld und Kredit (heute Abteilung VII „Finanzmarktpolitik“)“ vom Wirtschaftsministerium ins Finanzministerium. Ihm waren die ordnungspolitischen Bedenkenträger im Wirtschaftsministerium ein Dorn im Auge. Wohin dies führt, zeigt sich heute. Von ordnungspolitschen Überlegungen unbeeinflusst, trifft der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück erhebliche Fehlentscheidungen etwa bei der „Rettung“ der IKB.
Die ebenfalls unter der Aufsicht des Finanzministers stehende Staatsbank KfW macht Verluste. Anfang dieses Monats bemängelte der Bundesrechnungshof, dass es „nicht auszuschließen ist, dass die Organisation der Abteilung VII (Finanzmarktpolitik) des BMF, insbesondere die Konzentration aufsichtlicher und lenkender Aufgaben hinsichtlich KfW, IKB, BaFin sowie der Kontakt zur Bundesbank, zu Interessenkollisionen führen kann.“ Der Bundesrechnungshof hat daher eine Reorganisation der Zuständigkeiten im Kontext der Abteilung VII eingefordert, um zukünftig die Entstehung von Interessenskonflikten effektiver zu vermeiden. Wenn ein Finanzminister seine Aufgabe ernst nimmt, hat er schon mit der Wahrnehmung seiner Kernaufgaben genug zu tun. Er muss nämlich die Ausgaben und die Einnahmen (Steuern) in Einklang bringen.
Die Geld- und Kreditpolitik ist Teil der Wirtschaftspolitik. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie ist nur weitgehend in Vergessenheit geraten. Die ersten Ministerpräsidenten der damals noch jungen Bundesrepublik haben Ordnungspolitik noch sehr ernst genommen. Im sogenannten Organisationsausschuss, der den Aufbau der Bundesministerien mitbestimmte, plädierten sie erfolgreich für ein Wirtschaftsministerium, das für die gesamte Wirtschaft, also auch für den Finanzsektor, zuständig ist. Ihr schlagendes Argument damals: Zur Macht des Finanzministeriums, Steuern zu erheben, dürfe nicht noch die Macht kommen, über das Wohl und Wehe der nicht-staatlichen Finanzinteressen zu entscheiden. Die Verkoppelung des öffentlichen Haushalts mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik sei nicht zu rechtfertigen. Dieser Sicht ist auch mehr als ein halbes Jahrhundert später nichts hinzuzufügen.
Das Wirtschaftsministerium muss wieder alle Zuständigkeiten und Kompetenzen der Wirtschaftspolitik bekommen. Nur so kann es wirksam seine Wächterfunktion als ordnungspolitisches Gewissen wahrnehmen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) solle daher zukünftig für das Setzen und Einhalten eines effektiven und effizienten finanzpolitischen Ordnungsrahmens verantwortlich sein.