Martin Götz, Professor für Regulierung und Stabilität von Finanzinstituten an der Goethe-Universität Frankfurt und dem Forschungszentrum SAFE, fordert, den Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) wie bislang vorgesehen zum Jahresende auslaufen zu lassen. Die Absicht der Bundesregierung, den Fonds um ein weiteres Jahr zu verlängern, hält er für problematisch. "Die Aussicht auf staatliche Garantien oder Finanzhilfen durch den SoFFin wirkt sich negativ auf die Marktdisziplin aus.
Eine Verlängerung steht damit den Bemühungen der letzten Jahre entgegen, die Selbstregulierungskräfte des Marktes wieder in Gang zu setzen." Die Bundesregierung plant derzeit, den SoFFin im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/59/EU ("BRRD Umsetzungsgesetz") erneut zu verlängern. "Gerade die Umsetzung der BRRD-Richtlinie liefert einen Beitrag zu einer Stärkung der Marktdisziplin durch zusätzliche Maßnahmen. Diesen Mechanismen sollte nicht entgegengewirkt werden, indem eine zusätzliche Finanzierung von Banken durch den SoFFin in Aussicht gestellt wird."
Laut Martin Götz hat sich die Finanzmarktregulierung in den letzten zwei Jahren wesentlich weiterentwickelt, sodass die Notwendigkeit eines Finanzmarktstabilisierungsfonds heute neu zu beurteilen ist. Neben neuen Aufsichtsstrukturen haben insbesondere die mehrmalige Durchführung von Stresstests sowie die Veröffentlichung von detaillierten Bilanzpositionen die Informationslage der Marktteilnehmer wesentlich verbessert. "Die Märkte sind heute transparenter. Die Marktteilnehmer können neue Informationen besser einordnen, weil sie die Risikopositionen einzelner Institute besser einschätzen und somit differenzierter reagieren können. Dies war vor zwei Jahren noch nicht der Fall." Mit der Veröffentlichung der Asset Quality Review-Ergebnisse durch die Europäische Zentralbank am kommenden Sonntag werde die Transparenz im europäischen Bankenmarkt noch einmal deutlich erhöht.
Hinzu kommen die neuen Maßnahmen durch die BRRD-Richtlinie. Sie verpflichtet Kreditinstitute zum Beispiel, Sanierungs- und Abwicklungspläne zu erstellen, und sieht zudem die Möglichkeit vor, im Fall der Abwicklung einer Bank die Gläubiger verpflichtend zu beteiligen und so Kapital bereitzustellen. "Diese Maßnahmen schaffen Vertrauen. Vor allem die Möglichkeit eines Bail-in gibt richtige Anreize zur regelmäßigen Selbstregulierung von Kreditinstituten durch ihre Gläubiger", so Götz. "Hätte es diese Art der Gläubigerbeteiligung bereits 2008 gegeben, hätte man die Mittel des SoFFin gar nicht gebraucht."
Vor dem Hintergrund dieser neuen Entwicklungen ist ein Festhalten am SoFFin, der im Oktober 2008 im Eilverfahren als Reaktion auf die Finanzkrise geschaffen wurde, nicht mehr erforderlich und darüber hinaus kontraproduktiv, so Martin Götz. "Man sollte entweder auf Rekapitalisierung durch den Staat oder auf eine marktkonforme Abwicklung, wie im BRRD-Umsetzungsgesetz vorgesehen, setzen. Beides parallel ist nicht sinnvoll. Solange im Krisenfall ein Eingreifen des Staates rechtlich möglich ist, haben die Marktteilnehmer keinen Anreiz, sich für den Ernstfall zu wappnen und entsprechende Risikovorsorge zu betreiben." So führe diese "implizite Staatsgarantie" beispielsweise weiterhin dazu, dass systemrelevante Banken geringere Zinsen auf Fremdkapital zahlen müssen. "In den USA ist dieser Zinsvorteil inzwischen zurückgegangen, in Europa geht der Markt bei systemisch relevanten Banken aber nach wie vor davon aus, dass im Zweifel der Staat aushilft", so Götz. Dazu trage auch die Existenz des SoFFin in Deutschland bei.
Mit Blick auf den kommenden Sonntag sagt Götz: "Die Absicht, die hinter Asset Quality Review und Stresstest steht, wird in Deutschland durch ein weiteres Festhalten am SoFFin konterkariert. Es sollte die Chance genutzt werden, sich nun aus der staatlichen Bankenfinanzierung zu verabschieden."