G-20 zur Staatsschuldenkrise

Optimistische Stimmen zur Lösung der Schuldenkrise


Optimistische Stimmen zur Lösung der Schuldenkrise News

Die Finanzminister und Notenbankgouverneure der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) haben bei ihren Gesprächen am Freitag und Samstag in Paris den Eindruck gewonnen, dass die Europäer ihre Staatsschuldenkrise unter Kontrolle bekommen. In der am Samstagnachmittag veröffentlichten Abschlusserklärung begrüßten die G-20 Fortschritte Europas bei der wirtschaftspolitischen Aufsicht und der Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF. Sie äußerten zudem die Erwartung, dass Europa beim Gipfel am 23. Oktober 2011 auch die "Maximierung" der Schlagkraft des EFSF und die Verabschiedung eines umfassenden Krisenlösungsplans gelingen werde. "Wir hören in Paris ermutigende Dinge von unseren europäischen Kollegen über einen neuen umfassenden Plan zur Lösung der Krise des Kontinents", sagte US-Finanzminister Timothy Geithner am Samstag nach dem Treffen. Der brasilianische Finanzminister Guido Mantega sagte, es gebe wichtige Fortschritte.

Der Plan der Europäer zur Lösung der Staatsschuldenkrise hat drei wichtige Elemente: Erstens braucht Griechenland ein neues Rettungspaket, das den Banken voraussichtlich größere Opfer als bisher geplant abverlangen wird; zweitens eine Stärkung der Banken, die voraussichtlich höhere Verluste auf ihr Engagement in Griechenland und möglicherweise auf das in anderen Ländern verkraften müssen; drittens eine Erhöhung der Schlagkraft des EFSF, um die notwendigen Maßnahmen finanziell abzusichern. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nikolas Sarkozy hatten nach einem Treffen in der vergangenen Woche zugesichert, dass bis zum G-20-Gipfel am 3. und 4. November 2011 in Cannes ein umfassender Plan ausgearbeitet werden solle, der Lösungen für die drängendsten Probleme enthält.

Im Hinblick auf die Frage, wie die Wirksamkeit des gerade erst auf 440 Mrd EUR aufgestockten EFSF erhöht werden kann, dreht sich die Diskussionen dem Vernehmen nach gegenwärtig um das Modell einer Versicherung, die Investoren gegen Verluste aus ihrem Engagement in Staatsanleihen absichern könnte. Nach Angaben mehrerer Offizieller könnte der EFSF bis zu 25% des Nennwerts von Anleihen versichern, die von Ländern mit Refinanzierungsproblemen begeben wurden. Damit, so die Hoffnung, würden sich mehr Käufer wir diese Papiere finden, was die Renditen und damit die Refinanzierungskosten der Länder sinken ließe. US-Finanzminister Geithner sagte, er wolle die Ideen der Europäer erst bewerten, wenn sie auf dem Tisch lägen, denn hier hänge viel von Details ab.

Nach Angaben zweier Offizieller sind die Europäer außerdem einer beschleunigten Einführung des ständigen Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM, der den EFSF eigentlich erst ab Mitte 2013 ablösen soll, ein Stück näher gerückt. "Die Eurozone ist sich einig, die Einführung des ESM um ein Jahr vorzuziehen", sagte ein G-20-Offizieller. Ein anderer Offizieller bestätigte, das hierüber ein breiter Konsens bestehe.

Bezüglich der stärkeren Beteiligung privater Gläubiger an einem Schuldenschnitt für Griechenland sagte der französische Finanzminister Francois Baroin, Merkel und Sarkozy würden ihre Vorstellungen hierzu beim Gipfel am 23. Oktober darlegen. Aus EU-Kreisen hieß es, gegenwärtig werde ein Forderungsverzicht auf den Barwert von 40% bis 60% diskutiert. Griechenland selbst nimmt an diesen Gesprächen nicht teil, wird aber unterrichtet. Griechische Offizielle sagten, es sei ihnen versichert worden, dass bei diesen Diskussionen mögliche Auswirkungen auf Banken und soziale Sicherungssysteme berücksichtigt würden.

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn sagte, bei dem Gipfel am 23. Oktober werde es voraussichtlich eine Einigung über die Eckpunkte eines zweiten Rettungsplans für Griechenland geben, technische Details dürften erst in der Woche darauf ausgearbeitet werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, Griechenlands Probleme könnten nicht in einem Schritte gelöst werden, es brauche mehrere Schritte. Er sei aber zuversichtlich, dass die Probleme lösbar seien.

Dem Kommunique zufolge haben sich die G-20 darauf geeinigt, dass die Industrieländer den nationalen Umständen entsprechend eine vertrauens- und wachstumsstärkende Politik betreiben, zugleich aber glaubwürdige Pläne für eine fiskalische Konsolidierung ausarbeiten wollen. Dabei sollten Länder mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen eine Politik betreiben, die die Binnennachfrage stütze. Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten sollten dagegen die Ersparnis erhöhen. Zugesagt wird eine Politik, die der Bewahrung der Stabilität von Banken und Finanzmärkten dient, darunter eine ausreichende Kapitalisierung der Banken.

Die G-20 einigten sich der Erklärung zufolge außerdem darauf, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) Wege prüfen soll, wie er künftig Länder kurzfristig Liquiditätshilfe leisten könnte, die exogene und systemische Schocks erleiden. Der IWF solle hierzu bereits verfügbare Instrumente und Ressourcen nutzen und beim Gipfel in Cannes entsprechende Vorschläge vorlegen. Die Geschäftsführende IWF-Direktorin Christine Lagarde sagte nach dem Treffen, der IWF werde in Cannes die Schaffung eines speziellen Instruments vorschlagen, mit dem fundamental gesunde Volkswirtschaften von ökonomischen Schocks abgeschirmt werden könnten. Mitglieder des IWF wollte, dass dieses neue Instrument kurzfristig einsetzbar und flexibel sei, sagte Lagarde, nannte aber ansonsten keine Einzelheiten.

Der Vorschlag, eine vorübergehend eingerichtete Fazilität von 590 Mrd USD zu einer dauerhaften zu machen, wurde bei dem Treffen abgelehnt. Das so genannte "New Arrangements to Borrow" war 2008 in Reaktion auf die Finanzkrise eingerichtet worden. Derzeit verfügt der IWF noch über freie Mittel von 400 Mrd USD. Bundesbankpräsident Jens Weidmann sagte, der IWF solle sich auf seine Kernaktivitäten konzentrieren. Auch ein Vorschlag, die geplante Verdopplung der IWF-Quoten vorzuziehen, fand keine Mehrheit.

Der Financial Stability Board (FSB) soll den Staats- und Regierungschefs der G-20 in Cannes eine Liste von 50 Banken vorlegen, die er in globaler Hinsicht als systemisch wichtig betrachtet. Wer zur Gruppe dieser so genannten G-SIFIs gehören soll, verlautete am Samstag nicht. Diese Banken müssen laut SFB Pläne zu Selbstabwicklung vorlegen und Eigenkapitalquoten erreichen, die um bis zu 2,5 Prozentpunkte höher als die kleinerer Institute sind.


[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /18.10.2011 18:30
+++ Frankreichs Finanzminister sieht Top-Bonität nicht in Gefahr +++

Der französische Finanzminister Francois Baroin hat Befürchtungen über einen möglichen Verlust der Top-Bonitätsnote seines Landes zurückgewiesen. "Es besteht keine Besorgnis", sagte Baroin am Dienstag im französischen Fernsehsender France 2. Frankreichs Rating von "AAA" werde verteidigt. Es gebe ausreichend Spielraum, um die Staatsausgaben zu senken, sagte der Minister.

Gleichzeitig räumte er ein, dass die Prognose zum Wirtschaftswachstum 2012 voraussichtlich gesenkt werden müsse. Die Prognose eines Wachstums des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,75% im kommenden Jahr sei angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen wahrscheinlich zu hoch.

Moody's Investors Service hatte am Montag angekündigt, der auf stabil lautende Ausblick des französischen Top-Ratings sei gefährdet. Der Ausblick werde in den kommenden drei Monaten mit Blick auf die Fortschritte bei der Umsetzung der wirtschaftlichen und fiskalischen Reformen geprüft, wobei auch möglicherweise ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen und negativen Entwicklungen an den Finanzmärkten berücksichtigt würden.
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