Roland Vaubel, Professor für politische Ökonomie an der Universität Mannheim, wirbt dafür, eine oder mehrere Parallelwährungen neben dem Euro einzuführen. Dadurch könnten seiner Ansicht nach die Probleme, die während der Finanzkrise entstanden sind, weitgehend gelöst werden. Vaubel stellte diesen Vorschlag am 22. Januar in der CFS Vorlesungsreihe "Die Ordnung des Geldes" vor.
Bei einer Parallelwährung handelt es sich um eine Währung, die neben dem gesetzlichen Zahlungsmittel existiert und einen flexiblen Wechselkurs hat. Sie muss jedoch nicht als Zahlungsmittel akzeptiert werden. In der Vergangenheit gab es schon mehrfach solche Währungen: Zum Beispiel waren im Mittelalter in ganz Europa Münzen mit einem variablen Wechselkurs als Parallelwährungen im Umlauf.
Einführung einer Neuen Drachme
In der aktuellen Krise könne eine Parallelwährung dazu beitragen die anstehenden Probleme zu lösen, so Vaubel (Foto). Er schlägt vor, dass Griechenland als eigene Währung die "Neue Drachme" einführen sollte. In diesem Fall würde der Euro in Griechenland zur Parallelwährung. Die Neue Drachme müsste von allen Griechen als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Mit der neuen Währung erhält Griechenland die Möglichkeit, im Vergleich zum Euro abzuwerten. Die Abwertung sei notwendig, da im Zuge der Einführung des Euro die Lohnkosten in Griechenland stark gestiegen seien. Dieser Anstieg habe zum einen dazu geführt, dass Griechenland an Wettbewerbsfähigkeit verloren habe, zum anderen sei die Arbeitslosigkeit stark gestiegen. Durch eine Währungsabwertung würden die Reallöhne sinken, was innerhalb der Währungsunion mit einem stabilen Euro nicht möglich sei.
Nach Einführung der Neuen Drachme durch die griechische Zentralbank, sollten alle nach griechischem Recht abgeschlossenen Verträge auf die neue Währung umgestellt werden, so Vaubel. Ein positiver Nebeneffekt sei, dass sich damit auch die nach griechischem Recht eingegangenen Staatsschulden verringern würden, sobald die Währung abwerte. Sichteinlagen bei Banken oder andere kurzfristige Verbindlichkeiten müssten dagegen nicht zwangsweise in Neue Drachme umgetauscht werden, erklärte Vaubel. Dadurch könne verhindert werden, dass es zu einer Kapitalflucht kommt oder ein Run auf griechische Banken stattfindet. Durch die unterschiedliche Behandlung entstehe allerdings ein Ungleichgewicht in den Bilanzen der Banken, wenn die Neue Drachme abwertet: Einerseits würden die nach griechischem Recht erworbenen Forderungen der Banken abwerten, Verbindlichkeiten, wie kurzfristige Einlagen, aber stabil bleiben. Nach Vaubels Schätzung würden den griechischen Banken Verluste in Höhe von etwa 4 Mrd. Euro entstehen, wenn die Währung um 20 Prozent abwerte. Die Banken sollten dafür, da der griechische Staat bankrott ist, von den anderen Euroländern entschädigt werden, so Vaubel, wobei etwa eine Milliarde Euro von Deutschland aufgebracht werden müsse. Dieser Betrag sei, verglichen mit den Summen, für die Deutschland bereits jetzt bürge, verschwindend gering.
Den Euro als Parallelwährung zu behalten, hält Vaubel für sinnvoll, da Griechenland der vollständige Austritt aus der Währungsunion damit erspart bliebe, was vor allem ein politischer Vorteil sei. Außerdem könnten Griechen den stabilen Euro, anstelle der inflationären Neuen Drachme, weiterhin als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel verwenden.
Schweizer Franken als Zahlungsmittel in Deutschland
Vaubel hält aber auch andere Formen von Parallelwährungen in der Eurozone für denkbar. Es könnte sich zum Beispiel eine homogene Gruppe von Euroländern zusammenschließen und gemeinsam eine neue Währung einführen. Die Slowakei, Slowenien und Estland, die im Durchschnitt der letzten Jahre ähnliche Inflationsraten hatten, könnten von ihren Notenbanken zum Beispiel einen Ost-Euro ausgeben lassen. Länder, in denen Bedarf zur Aufwertung der Währung besteht, hätten auch die Möglichkeit eine stabile Währung eines anderen Nicht-Euro-Landes als Parallelwährung einzuführen. Deutschland würde beispielsweise davon profitieren, neben dem Euro, der zwischen 2001 und 2012 eine Inflationsrate von durchschnittlich 2,15 Prozent hatte, den stabileren Schweizer Franken als Zahlungsmittel zu akzeptieren, dessen durchschnittliche Inflationsrate bei nur 0,68 Prozent lag.
Die Vorteile von Parallelwährungen liegen für Vaubel auf der Hand: Sie könnten ohne eine Änderung der europäischen Verträge eingeführt werden und böten Konsumenten die Möglichkeit, sich besser vor Inflation zu schützen. Außerdem entstünde mehr Wettbewerb zwischen den Notenbanken, wodurch eine inflationäre Geldpolitik unwahrscheinlicher werde.
[Quelle: Center for Financial Studies, Goethe-Universität Frankfurt am Main / Bildquelle: © chones - Fotolia.com / Foto Vaubel: Universität Mannheim]