Analyse

Pessimistischer Blick auf die EU-Risikolandkarte aus China


Pessimistischer Blick auf die EU-Risikolandkarte aus China News

Die Staatsschuldenkrise in Europa sorgt auch im fernen Peking zunehmend für Beunruhigung. Der Leiter des chinesischen Staatsfonds China Investment Corp (CIC) macht steigende Risiken eines Auseinanderbrechens der Eurozone aus. Sein Fonds habe sein Engagement in europäischen Aktien und Anleihen zurückgefahren, sagte Lou Jiwei dem Wall Street Journal.

Es sind die bislang pessimistischsten Aussagen eines hochrangigen chinesischen Vertreters. Sie spiegeln die wachsende Bestürzung in Peking darüber, wie Europas Führer sich der eskalierenden Krise in Chinas größtem Exportmarkt annehmen. "Es besteht das Risiko, dass die Eurozone auseinanderbrechen könnte und dieses Risiko steigt", sagte Lou in seinem ersten Interview mit einem westlichen Medium seit fünf Jahren.

Investoren weltweit hatten die Investmentstrategie von CIC zuletzt genau beobachtet. Am Markt war spekuliert worden, dass China der taumelnden Eurozone zu Hilfe kommen und europäische Schulden aufkaufen könnte. Vertreter des Staatsfonds betonten jedoch, der Fonds sei ein kommerzieller Investor und werde sich nicht an einer koordinierten Investitionsoffensive Chinas beteiligen.

CIC habe das Engagement in den europäischen Randstaaten schon vor längerer Zeit beendet, ehe Verluste anfielen und habe das Portfolio an europäischen Aktien und Anleihen insgesamt zurückgefahren, sagte Lou weiter. "Zur Zeit finden wir, dass es in Europas öffentlichen Märkten zu viel Risiko gibt". Um welche Randstaaten es sich handelt, wolle der Manager nicht sagen, üblicherweise werden dazu Griechenland, Portugal und Irland - jene Länder, die von der Gemeinschaft gerettet werden müssen - sowie Spanien und Italien gezählt.

Sollten in Europa gemeinsame Eurozonen-Anleihen eingeführt werden, über die die Politik derzeit diskutiert, würde CIC darin wohl nicht investieren. Europa habe für einen solchen Schritt noch nicht die nötige Haushaltsdisziplin und die richtige Politik. "Das Risiko ist zu hoch und die Rendite zu niedrig", sagte Lou.

Schuldenkrise lässt Chinas Exporte einbrechen

Investieren wolle der Fonds aber weiterhin auf dem Kontinent, allerdings mit Fokus auf Private Equity und direkte Investitionen, beispielsweise in Infrastruktur. Mit einem verwalteten Vermögen von rund 410 Milliarden US-Dollar ist CIC der fünftgrößte Staatsfonds der Welt. Er war 2007 von China gegründet worden, um bessere Renditen für die riesigen Währungsreserven des Landes zu erzielen. Sie waren zuvor unter anderem in renditeschwachen amerikanischen Staatsanleihen angelegt. Chinas Reserven an ausländischen Währungen belaufen sich auf etwa 3,3 Billionen US-Dollar.

Die europäische Schuldenkrise werde Folgen für Rest der Welt haben, die Auswirkungen in Asien dürften aber relativ gering sein, sagte Lou. Dennoch seien Chinas Exporte, eine tragende Säule der Volkswirtschaft, deutlich eingebrochen. "Niemand kann sein Pulver trocken halten, wenn das aller anderen naß ist", sagte der CIC-Chef.

Der Computerspezialist, der später zum Ökonom wurde, forderte von China aber auch die Freigabe des Yuan-Wechselkurses. Dies sei eine der dringend notwendigen Reformen, um die Kaufkraft der Chinesen zu stärken. Noch könnte die Zeit dafür wegen der Krise nicht reif sein. "Nach der Krise, könnte es Zeit sein", sagte er.

Auch Norwegen fordert Europa zum Handeln auf

Auch Norwegen, dass seine aus Öl und Gas stammenden Reichtümer in einem Fonds verwaltet, ist besorgt über die Euro-Krise. Der norwegische Finanzminister Sigbjorn Johnsen forderte die Eurozonen-Ländern auf, zu tun, was sie können, um das Wachstum wieder anzukurbeln. Zwar ist das Land kein Mitglied der Eurozone und hat sich relativ schnell von einer flachen Rezession während der Finanzkrise 2008 und 2009 erholt. Allerdings gehen etwa zwei Drittel der norwegischen Exporte nach Europa - das belastet auch den Zugang der nordischen Banken zur Finanzierung und die Renditen der Pensionskasse.


[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /08.06.2012 13:28
+++ Spanien weist Bericht über baldiges Hilfsgesuch für Banken zurück +++

Die spanische Regierung hat indirekt einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zurückgewiesen, dass sie am Wochenende bei der EU ein Hilfspaket für den strauchelnden Bankensektor des Landes beantragen werde. Ein Plan zur Sanierung der Institute werde erst dann vorgelegt, wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) und die zwei beauftragten Beratungsfirmen ihren Bericht zur Lage der Geldhäuser vorgelegt hätten, sagte eine Regierungssprecherin. "Die spanische Regierung kommentiert keine Gerüchte", ergänzte die Sprecherin.

Der Bericht der beiden Beratungsunternehmen Roland Berger und Oliver Wymann wird für den 17. und 18. Juni erwartet. Am kommenden Montag wird der IWF seinen Bericht zur Situation im Lande vorstellen. Die Bundesregierung wollte die Gerüchte um ein mögliches EU-Hilfspaket für die spanischen Banken nicht kommentieren.
RiskNET Redaktion /08.06.2012 13:31
+++ Fitch senkt Spanien um 3. Stufen auf "BBB" +++

Erneut muss Spanien einen Tiefschlag verkraften. Die Ratingagentur Fitch hat am Abend das Langfristrating des Landes gleich um drei Stufen auf "BBB" von "A" nach unten genommen. Zudem wurde der Ausblick auf "negativ" gesetzt. Das heisst, es droht eine weitere Herabstufung. Erst Ende Mai hatte die Ratingagentur die Kreditbewertung von acht Regionen des angeschlagenen Eurolandes gesenkt. Zudem musste die spanische Regierung das Haushaltsdefizit für das vergangene Jahr mehrmals nach oben revidieren auf zuletzt 8,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Die jüngste Abstufung wird mit den zu erwartenden hohen Kosten für die Restrukturierung sowie Rekapitalisierung der spanischen Banken begründet. Die Experten gehen hier jetzt von einem Volumen zwischen 60 und 100 Milliarden Euro aus. Zuvor hatte Fitch lediglich mit einem Volumen von 30 Milliarden Euro gerechnet.

Zudem dürfte das Land in diesem und im kommenden Jahr in der Rezession verharren, während die Experten zuvor für 2013 mit einer leichten Erholung gerechnet hatten. Auch verfüge Spanien über eine recht begrenzte finanzielle Flexibilität in Bezug auf die notwendige Rekapitalisierung der Banken, was die Möglichkeit der Inanspruchnahme eventueller Hilfen von außen erhöhe.

Erst am Vormittag hatten die Märkte, die derzeit besonders sensibel auf Nachrichten aus Spanien reagieren, etwas Hoffnung geschöpft. Das Land musste bei einer Auktion zwei-, vier- und zehnjähriger Staatsanleihen zwar höhere Zinsen bieten, traf aber auf eine rege Nachfrage und platzierte ein etwas höheres Volumen als geplant. Die Auktion zerstreute zunächst die Bedenken, die Spaniens Finanzminister vor wenigen Tagen mit seiner Aussage geweckt hatte, das Land könne am Kapitalmarkt praktisch kein Geld mehr aufnehmen.

Die Abstufung Spaniens erfolge zu einem "überraschenden Zeitpunkt", so Marc Chandler von Brown Brothers Harriman. Zwar warne die Ratingagentur vor einer weiteren Abstufung, doch bleibe dafür nicht mehr viel Raum, da man dann unter das "Investment Grade" fallen würde. "Und das wäre ein Schlag für die Märkte", sagte er weiter. Die Reaktion an den Aktienmärkten in den USA und beim Euro fiel moderat aus. Der Dow-Jones-Index verzeichnete lediglich einen leichten Rücksetzer und auch der Euro kam nur kurzzeitig etwas unter Druck. "Das löst keinen Schock mehr aus", so ein Devisenhändler. Die Gemeinschaftswährung setzt ihre Erholung von den zwischenzeitlichen Verlusten fort und klettert wieder über die Marke von 1,26 Dollar. Abzuwarten bleibt aber noch die Reaktion der europäischen Akienmärkte am Freitag.
RiskNET Redaktion /10.06.2012 20:53
+++ Griechen-Exit würde Euro-Existenz und Ratings gefährden +++

Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone könnte laut Moody's Investors Service zu einer schlechteren Kreditwürdigkeit auch anderer Euro-Staaten führen. "Ein Exit könnte zu einer Bedrohung für die Existenz der Gemeinschaftswährung werden", warnt die Ratingagentur. Die Parlamentswahl in Griechenland am 17. Juni sei de facto ein Referendum über den Verbleib in der Euro-Zone. Sollte das Land die Zone verlassen, wird Moody's alle anderen Euro-Staaten überprüfen, und zwar auch die verbliebenen Länder mit der Bestnote Triple-A. Besonders gefährdet von dem Exit-Risiko seien allerdings die Ratings für Zypern, Portugal, Irland, Italien und Spanien.
Risk Academy

Die Intensiv-Seminare der RiskAcademy® konzentrieren sich auf Methoden und Instrumente für evolutionäre und revolutionäre Wege im Risikomanagement.

Seminare ansehen
Newsletter

Der Newsletter RiskNEWS informiert über Entwicklungen im Risikomanagement, aktuelle Buchveröffentlichungen sowie Kongresse und Veranstaltungen.

jetzt anmelden
Lösungsanbieter

Sie suchen eine Softwarelösung oder einen Dienstleister rund um die Themen Risikomanagement, GRC, IKS oder ISMS?

Partner finden
Ihre Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.