Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in den EU-Staaten plus Norwegen und der Schweiz ist das zweite Mal in Folge rückläufig, so das Ergebnis einer aktuellen Analyse der Creditreform. Um 8,5 Prozent sank das Insolvenzaufkommen auf aktuell 141.448 betroffene Unternehmen (Vorjahr. 154.510). Nur noch drei der betrachteten 17 Länder weisen noch Zuwächse bei den Insolvenzen auf: Den größten Anstieg meldet Finnland mit einem Plus von 3,2 Prozent auf 2.350 betroffene Betriebe. Portugal verzeichnet eine Zunahme von 3,0 Prozent auf 3.400 Insolvenzen und Großbritannien folgt auf Platz drei mit einem Plus von 2,3 Prozent auf 13.777 Unternehmenskonkurse (Vorjahr: 13.462). Der deutlichste Rückgang der Unternehmensinsolvenzen kommt aus Dänemark. Um 20,4 Prozent reduzierte das kleine Königreich sein Insolvenzaufkommen auf jetzt knapp 2.000 Fälle (Vorjahr: 2.497). Das entspricht in etwa dem Insolvenzaufkommen der Stadt Köln insgesamt (1.800 Fälle im Jahr 2006). Sodann folgt bereits Deutschland mit einem Rückgang der Unternehmenspleiten um 15,1 Prozent. Insgesamt 31.300 Unternehmen mussten im vergangenen Jahr den Gang zum Insolvenzgericht antreten – in 2005 waren es noch 36.850. Einen deutlichen Rückgang der Konkurse verzeichnet ebenfalls Norwegen: Um 12,0 Prozent sank der Anteil der von einer Insolvenz betroffenen Unternehmen im Jahresverlauf auf 1.913 Betriebe ab (Vorjahr: 2.175).
Relative Insolvenzbetroffenheit
Setzt man die Zahl der Unternehmen eines Landes ins Verhältnis zur Zahl der Insolvenzen, erhält man die Insolvenzquote. Die höchste relative Insolvenzbetroffenheit weisen die Länder Luxemburg (239 Insolvenzen pro 10.000 existente Unternehmen), Österreich (190) und Frankreich (149) auf. Traditionell die geringste Insolvenzquote hat Spanien mit aktuell 3 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen, was aber weniger an der florierenden Wirtschaft als vielmehr am Versagen der Insolvenzgesetzgebung für kleine und mittlere Unternehmen liegt. Dasselbe gilt im Prinzip für die Mittelmeeranrainer Griechenland (7), Italien (26) und Portugal (27), die allesamt mit einer extrem niedrigen relativen Insolvenzbetroffenheit aufwarten. Die Insolvenzquote der EU-17 Staaten insgesamt sank im Jahresverlauf von ehemals 77 auf 65 ab.
Woge von Privatinsolvenzen
Während sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2006 rückläufig entwickelte, nahmen die Privatpersoneninsolvenzen in den betrachteten Ländern Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Schweden und der Schweiz insgesamt um deutliche 30,7 Prozent auf 256.841 betroffene Personen zu. Großbritannien liegt mit einem Anstieg um 47,2 Prozent auf 116.929 Verbraucherinsolvenzen an der Spitze. Auf Platz zwei folgt wiederum Deutschland mit einer Zunahme von 22,1 Prozent auf 121.800 betroffene Verbraucher, gefolgt von Österreich mit einem Plus von 17,3 Prozent auf 7.583 Privatpersoneninsolvenzen. Gegen diesen Trend stemmen sich nur Norwegen mit einer deutlich rückläufigen Verbraucherinsolvenzentwicklung von minus 24,7 Prozent auf 1.077 Betroffene, Schweden mit einem Rückgang um 15,4 Prozent auf 385 Personen und die Niederlande mit einem Minus von 2,5 Prozent auf 3.227. Auch bei der relativen Insolvenzbetroffenheit (Einwohnerzahl im Verhältnis zu den Privatpersoneninsolvenzen) befindet sich Deutschland mit einer Quote von 15 Insolvenzen pro 10.000 Einwohner im EU-Vergleich auf dem zweithöchsten Platz – getoppt nur von Großbritannien mit einer Insolvenzquote von 20. Die geringste relative Insolvenzbetroffenheit weisen die Länder Schweden (0,4), die Niederlande (2) und Norwegen (2) auf.
Liquidität gestärkt
Das Zahlungsverhalten hat sich in den meisten betrachteten Ländern leicht verbessert. Nach wie vor warten die italienischen Unternehmer am längsten auf ihr Geld. Zahlungseingänge erreichen hier nach durchschnittlich 90 Tagen (Vorjahr: 89) ihren Empfänger. In Schweden zahlt man am schnellsten – innerhalb von 37 Tagen (Vorjahr: 37) ist die Forderung beglichen. Die Zahl der insolvenzbedingten Arbeitsplatzverluste nahm parallel zur Zahl der Unternehmensinsolvenzen ab. Verloren im Jahr 2005 noch 1,5 Millionen Arbeiter und Angestellte ihren Job, weil ihr Arbeitgeber Insolvenz anmelden musste, sind es aktuell nur noch 1,4 Millionen. Den größten Anteil am Insolvenzgeschehen hat mit 35,3 Prozent (Vorjahr: 36,1 Prozent) das Dienstleistungsgewerbe, gefolgt vom Handel mit 33,4 Prozent (Vorjahr: 33,2 Prozent). Gut jede fünfte Insolvenz kommt aus dem Bau (22,2 Prozent; Vorjahr: 20,2 Prozent) und noch nicht einmal jede zehnte aus dem Verarbeitenden Gewerbe (9,1 Prozent; Vorjahr: 10,5 Prozent).
Turbulenzen in Osteuropa
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Osteuropa ist im Jahresverlauf um 8,1 Prozent auf 19.682 betroffene Betriebe angestiegen (Vorjahr: 18.215). Den deutlichsten Zuwachs verzeichnete Ungarn mit einem Plus von 18,3 Prozent auf 9.447 Insolvenzen (Vorjahr: 7.983). Den größten Rückgang meldet Slowenien – hier sanken die Insolvenzen um 9,9 Prozent auf 1.246 Betriebe (Vorjahr: 1.383). Polen nimmt in Sachen Insolvenzquote die Rolle des „Spaniens des Ostens“ ein. Lediglich 2 Insolvenzen pro 10.000 aktive Unternehmen sind eine völlig unglaubwürdige Quote und sprechen für ein nicht funktionierendes Insolvenzrecht. Die größte relative Insolvenzbetroffenheit weisen Slowenien und Estland mit jeweils 136 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen auf.
Härtere Vorschriften in den USA
In Japan nahm die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Verlauf des Jahres 2006 von ehemals 9.498 Fällen auf aktuell 7.905 Fälle ab. Die USA verzeichnen sowohl bei Unternehmens- als auch bei den Privatpersoneninsolvenzen deutliche Rückgänge, was an der Einführung der strengeren Konkursregelungen zum 17. Oktober 2005 liegt. Zuvor war es zu einem wahren Ansturm auf die Gerichte gekommen. Im Jahr 2006 meldeten 18.971 Unternehmen den Gerichten ihren wirtschaftlichen Exitus, was einem Rückgang von 51,6 Prozent entspricht (Vorjahr: 39.201). Bei den Privatpersonen beantragten im Jahr 2006 572.696 die Restschuldbefreiung. 2005 waren es noch 2.039.214 – das entspricht einem enormen Rückgang von 71,9 Prozent.
Vorzeichen ändern sich zu Jahresbeginn
Auch die Kölner WBDat Wirtschafts- und Branchendaten GmbH verzeichnet für den ersten Monat des Jahres 2007 mit 0,43 Prozent im Vergleich zum Januar 2006 ein leichtes Plus der Unternehmensinsolvenzen (Juristische Personen: Vereine, Limited, GmbH, GmbH & Co. KG, AG, KG, OHG, Genossenschaften, GbR). Vom 1.1.2007 bis 31.1.2007 meldeten 708 Unternehmen Insolvenz an. In der ermittelten Gesamtstatistik 2006 wurde schon deutlich, dass sich der im zurückliegenden Jahr verzeichnete bisweilen stärkere Rückgang der Unternehmensinsolvenzen von Monat zu Monat abschwächte. Die stärkste Zunahme der Unternehmensinsolvenzen verzeichnet derzeit Sachsen, den höchsten Rückgang das Bundesland Bremen (siehe dazu detaillierte Länderstatistik Unternehmensinsolvenzen nur Juristische Personen). Betrachtet man deutschlandweit bei den Unternehmensinsolvenzen Juristische und Natürliche Personen (Kleinunternehmer und ehemalige Selbstständige) zusammen, ergibt sich im Januar-Vergleich sogar ein deutlicher Zuwachs von 19,08 Prozent. Bei den Verbraucherinsolvenzen setzt sich der Trend des Vorjahres fort. Sie weisen zu Jahresbeginn (1.1.-31.1.2007) mit einem Plus von 71,45 Prozent einen deutlichen Zuwachs auf. Am stärksten nehmen die Verbraucherinsolvenzen in den Bundesländern Sachsen und Brandenburg mit jeweils über 100 Prozent zu. Als einziges Bundesland verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern derzeit einen Rückgang der Verbraucherinsolvenzen im Vergleich zum Januar 2006.
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